Die Rückkehr des Zweiflers - Covenant 08
Tonfall, als habe er ihre Frage schon längst für jedes Kind verständlich dargelegt: »Den Urbösen habe ich die Chance angeboten, die Erfüllung des großen Vorhabens zu sehen, das sie mit der Erschaffung Hohls begonnen haben. Den Wegwahrern habe ich die Vereinigung mit ihren wenigen Blutsverwandten angeboten, damit sie dem Land mit vereinter Kraft dienen können.« Dann ließ er seine Hand sinken, sodass Linden das stürmische Meer in seinen Augen sehen konnte. »Und beide Gruppen habe ich eine Übereinkunft, dass alle Kämpfe zwischen ihnen aufhören müssen, beschwören lassen.«
Wie um ihre Zustimmung zu signalisieren, verstummten die Wesen wieder, und noch ehe Linden eine weitere Frage stellen konnte, fuhr Esmer fort: »Weißgoldträgerin, du strapazierst meine Zurückhaltung über Gebühr. Du wolltest Antworten. Ich habe sie erteilt und zugleich versucht, meine dunkle Natur etwas aufzuhellen. Aber von dorther ...« Er zeigte in Richtung Schwelgenstein. »... kommt einer der Haruchai, und ich will mich seiner Gegenwart nicht aussetzen. Das kann ich nicht. Entferne ich mich nicht rechtzeitig, lasse ich meine Wut an ...« Er sprach nicht weiter, und fast schien es Linden, als würde etwas an ihm um Verzeihung bitten.
Doch Lindens Sorge und Schmerz um Jeremiah und Covenant war zu groß. Statt Esmers stumme Bitte zu erfüllen, knurrte sie: »Würdest du nicht darauf bestehen, Schaden zu stiften, müsstest du nicht um Vergebung bitten.«
Sekundenlang wirkte er so betroffen, dass sie fürchtete, er werde in Tränen ausbrechen. Aber dann kehrte wie durch eine bewusste Willensanstrengung seine sarkastische Art zurück. »Würde ich nicht darauf bestehen, dir zu helfen«, erklärte er ihr spöttisch, »müsste ich nicht immer wieder Schaden stiften.«
Die Geschichte der Gräuelinger und Dämondim hatte er ihr erzählt, um sich zu rechtfertigen – wenigstens glaubte Linden das, obwohl es vielleicht nur die halbe Wahrheit war. Er wollte, dass sie darauf vertraute, dass die von ihm aus der Vergangenheit mitgebrachten Geschöpfe ihr dienen würden. Zugleich versuchte er anscheinend, sie zu warnen ...
Aber sie konnte es sich nicht leisten, jetzt über solche Dinge nachzudenken. Esmer würde bald wieder verschwinden; sie würde ihn nicht aufhalten können. Und sie hatte noch immer nichts über Covenant und Jeremiah erfahren.
»Also gut«, sagte Linden nochmals. Sie versuchte jetzt, rascher zu sprechen. »Ich akzeptiere deine Erklärung. Ich akzeptiere ...« Ihre Handbewegung umfasste die um sie versammelten Urbösen und Wegwahrer. »... sie alle. Du versuchst mir zu helfen, obwohl ich deine Motive nicht verstehe. Aber ich brauche Antworten, Esmer. Vorhin hast du gesagt, auf den Herzen der Elohim liege ein Schatten. Was bedeutet das? Wieso haben sie nicht verhindert, dass Kasteness aus dem Gewahrsam ausbrechen konnte?«
Esmer stöhnte, als treibe sie ihn fast zum Wahnsinn. Zähneknirschend sagte er: »Die Elohim glauben, allen Dingen gewachsen zu sein. Das stimmt nicht. Wäre es wahr, würde die ganze Erde nach ihrem Vorbild existieren, und sie brauchten nicht zu fürchten, sie könnten die Schlange des Weltendes wecken. Trotzdem beharren sie auf ihrer Überzeugung. Das ist Schatten genug, um das Herz jedes Lebewesens zu verdüstern. Sie haben nichts unternommen, um Kasteness' Gewahrsam zu sichern, weil sie keine Notwendigkeit dafür gesehen haben. Bist du nicht die Weißgoldträgerin? Und bist du nicht ins Land zurückgekehrt? Die Skurj sind hirnlose, heißhungrige Bestien. Kasteness' Wille herrscht über sie, aber sie können den Elohim nicht schaden. Nur du bekommst es mit Kasteness und seinen Ungeheuern zu tun. Was kümmert das die Elohim? Sie haben getan, was ihrer Überzeugung nach für sie nützlich war. Sie haben die Bevölkerung des Landes gewarnt, sie vor der gefährlichen Halbhand gewarnt, während die Haruchai alles weitergehende Wissen, alle sonstigen Abwehrmöglichkeiten unterdrückt haben. Mehr verlangt ihr Wyrd nicht. Solange du hier bist, fürchten sie keine Gefahr.«
Linden fuhr zusammen. Auf diese Behauptung Esmers hätte sie gefasst sein müssen. Seit ihrer ersten Begegnung vor Jahrtausenden standen die Elohim Thomas Covenant misstrauisch und verächtlich gegenüber. Schon damals waren sie der Meinung gewesen, sie solle statt Covenant das Weißgold tragen und gebrauchen. Und später, erst vor wenigen Tagen, hatte Esmer ihr erklärt: Wie die Elohim gewusst und vorhergesagt haben, bist du die
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