Die Rückkehr (German Edition)
musst davon überzeugt sein, dass du Recht hast, und du willst, dass andere Menschen wissen, dass sie Unrecht haben.«
Ann überprüfte ihren Laptop und vergewisserte sich, dass die anderen Köder bereit waren. Sie hatte ein paar digitale Abspielgeräte über das Hotel verteilt, die ferngesteuert werden konnten. Wiedergegeben wurden kryptische, kurze Sätze wie der, mit dem sie Digger im Dachboden konfrontiert hatte. »Du blendest mich« war einer der naheliegendsten, wenn man bedachte, dass Geisterjäger in der Regel im Dunkeln arbeiteten und Taschenlampen einsetzten.
»Das Problem ist, dass sie nicht wissen, dass sie Unrecht haben«, sagte sie. »Sie versuchen, etwas nicht Existierendes zu beweisen.«
»Nun, deine wissenschaftliche Methode ist aber auch nicht gerade unvoreingenommen«, sagte Duncan mit dieser wütend machenden Selbstgefälligkeit. Oder vielleicht wurde Ann auch nur wütend, weil er nicht ganz Unrecht hatte. »Du kannst dein Vorgehen nicht gerade als methodisch und objektiv betrachten, weil du fest davon überzeugt bist, dass Geister nicht existieren. Deshalb versuchst du nur, eine von vorneherein feststehende Schlussfolgerung zu stützen, anstatt auf vorurteilsfreie Art und Weise Daten zu sammeln.«
»Worauf willst du hinaus?« Das war die übliche Reaktion derjenigen, die sich in einer schwachen Position befanden. Aber zumindest hatte sie Macht, den gemeinsamen Vergnügungen ein Ende zu bereiten, wenn es nötig war.
»Du nimmst es zu persönlich.«
»Ich hab keine Ahnung, was du damit sagen willst.«
»Ich auch nicht wirklich, aber es ist so.«
Sie klickte sich durch mehrere Programme auf dem Laptop. Sie war nicht in der Stimmung zu diskutieren oder zu necken, was bei Duncan in der Regel auf das Gleiche hinauslief. Sie hatte die Hälfte ihrer männlichen und eine ihrer weiblichen Assistentinnen verführt, seit sie ihren Doktor gemacht hatte, und Duncan war der erste, für den sie fast schon Gefühle empfand. »Weißt du, was paradox ist?«
»Du als Fan bei einem NASCAR-Rennen?«, sagte er, während seine Hand sich in Richtung seines Gürtels bewegte.
Sie trug Jeans und ein Sweatshirt, das dem Fahrer Dale Earnhardt huldigte. Ihr Haar war zu einem Pferdeschwanz zurückgebunden, anstatt wie sonst in ungebändigten und aufsässigen Locken zu wallen. Die größte Beleidigung war eine Carolina Panthers Baseballmütze, die sie sich ins Gesicht gezogen hatte. Aber die Verkleidung hatte funktioniert, als sie während einer ersten Erkundungstour in einem beengten Hinterzimmer gelandet war, in dem die Hotelangestellten missmutig im Zigarettenqualm herumsaßen. Sie hatte zwar nicht das faltige, gezeichnete Aussehen der geborenen Unterschicht, aber sie war als Arbeiterin durchgegangen, weil sie eine konspiratorische Handbewegung gemacht hatte, die die Meinung »Was soll man an so einem Ort auch anderes machen?« zum Ausdruck gebracht hatte. Eines der Zimmermädchen hatte sie sogar zur Personaltreppe geschickt, die nur selten benutzt wurde.
»Halt die Klappe und hör zur Abwechslung mal zu«, sagte sie. »Ich versuche, objektiv zu sein.«
»Schieß los.«
»Wenn wir annehmen, dass hier 50 Leute gleichzeitig ihre Energien auf Geister konzentrieren, was ist, wenn die gemeinsame elektromagnetische Kraft der neuronalen Vernetzung ihrer Gehirne zu einer leichten Veränderung des normalen elektromagnetischen Felds des Hotels führt? Und dann diese Veränderung zu Halluzinationen, Bewusstseinstrübungen und einem Gefühl des Beobachtet- oder Berührtwerdens führt?«
»Du denkst an die Kraft des Wunschdenkens?«
»Oder vielleicht nur Projektionen oder selbsterfüllende Prophezeiungen.«
»Das ist das Dumme mit dem Übernatürlichen«, sagte Duncan. »Es steht über den Naturgesetzen und kann folglich weder gemessen, quantifiziert oder verglichen werden. Es ist so, wie über Religion zu diskutieren. Nehmen wir an, ein Kind wird von einer Flutwelle davongeschwemmt, bleibt aber in einem Ast hängen und überlebt. Seine Rettung wird als wunderbarer Beweis für die Gnade Gottes bezeichnet, aber was ist mit denen, die ertrunken sind?«
»Sie werden als wasserdurchtränkte Geister zurückkommen?«
»Ist dir aufgefallen«, fragte er, »dass die meisten unserer Unterhaltungen in der Gestalt von Fragen ablaufen?«
»Und ist das schlecht?«
»Du liebst es, schlecht zu sein.« Duncan wälzte sich vom Bett und stand hinter ihr. Er küsste ihren Nacken und blickte über ihre Schulter auf den Bildschirm. »Hey,
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