Die Rückkehr nach Atlantis ("Alantis"-Trilogie) (German Edition)
Wasser im Mund zusammen. Sie hatte großen Hunger.
Auch Brom schaute immer wieder verlangend zum Ofen. Der Junge hatte die Muschelbärte geduldig mit einem feinen Kamm entwirrt. Sheila fand, dass er seine Arbeit ganz großartig machte. Mit seinen schmalen Fingern gelang es ihm, sogar die schwierigsten Verfilzungen zu lösen.
Es klopfte an der Tür.
Anjala zog die Pfanne vom Feuer, ging durch den Raum und schob vorsichtig den Riegel zurück.
Sheila war enttäuscht. Vor der Tür standen nicht Mario und Sheila, sondern ein Fremder in einem dunklen Mantel.
»Ich hoffe, ich komme nicht ungelegen«, sagte er zu Anjala. »Aber ich muss dich unbedingt sehen.«
Ein Lächeln huschte über Anjalas Gesicht. Einen Moment lang sah sie aus wie ein junges Mädchen. Sie umarmte den Fremden kurz.
»Wir haben Besuch«, sagte sie dann, wandte sich um und deutete auf Sheila. »Meine Tochter hat beim Muschelnsuchen Sheila und Mario getroffen. Die beiden haben ihr geholfen und ich habe sie zum Essen eingeladen. Wir warten noch auf Mario und Talita, sie müssen gleich zurück sein.«
Sheila hatte den Eindruck, dass der Fremde nicht sonderlich begeistert über ihren Besuch war. Wahrscheinlich hätte er Anjala lieber allein getroffen. Unauffällig beobachtete Sheila ihn. Ob er der Freund aus der Oberstadt war, von dem Talita gesprochen hatte?
Anjala nahm den Fremden zur Seite, und sie unterhielten sich im Flüsterton.
Sheila, die gute Ohren hatte, verstand trotzdem jedes Wort.
»Hat dich auch niemand gesehen?«, fragte Anjala. »Ich will nicht, dass du meinetwegen Schwierigkeiten bekommst.«
»Ich habe aufgepasst«, antwortete der Mann. Er drückte sie an sich. »Ach, ich wünschte, ich könnte mehr für dich tun.«
»Du hast mir den Auftrag verschafft. Und dafür gesorgt, dass wir sauberes Wasser haben. Das ist ein großer Fortschritt. Schau dir Brom an. Er sieht richtig gut aus, findest du nicht?« Anjala lächelte stolz.
Der Fremde nickte. »Und – was macht deine Arbeit?«, fragte er dann. »Schaffst du es bis zur Hochzeit?«
»Muss ich wohl«, sagte Anjala. »Die Seide ist von guter Qualität, aber Talita meint, dass es immer schwieriger wird, genügend Muscheln zu finden.«
»Ich hole euch hier raus.«
»Du weißt, dass es verboten ist. Du bekommst riesigen Ärger.«
Er legte seine Hand an ihre Wange. »Eines Tages wirst du meine Frau sein, Anjala.«
Anjala schob seine Hand weg und warf einen vorsichtigen Seitenblick zu Sheila. Dann flüsterte sie: »Du musst jemanden aus deinen Kreisen heiraten, nicht eine Mutter aus der Unterstadt, die zwei uneheliche Kinder hat.«
»Ich werde keine andere Frau heiraten, nie im Leben!« Die Stimme des Fremden wurde unwillkürlich lauter.
»Schsch«, machte Anjala. »Darüber reden wir ein anderes Mal, ja?«
Es klopfte wieder an der Tür, und diesmal waren es Talita und Mario, die zurückkamen. Sheila erschrak, als sie Mario erblickte. Sie wusste sofort, dass unterwegs etwas geschehen sein musste. Marios Augen glänzten vor Aufregung, und an der Art, wie er mit Talita umging, erkannte Sheila, dass sie ein Geheimnis teilten. Ohne es zu wollen, spürte sie einen Stich Eifersucht. Was war passiert, dass die beiden auf einmal so vertraut miteinander waren? Man konnte meinen, Mario und Talita würden sich schon eine Ewigkeit kennen.
»Ihr kommt gerade rechtzeitig«, sagte Anjala fröhlich. »Das Essen ist fertig.«
»Dann will ich nicht länger stören«, sagte der Fremde und wandte sich zum Gehen. Doch Anjala hielt ihn zurück.
»Du bleibst natürlich«, sagte sie. »Es reicht für uns alle.«
Der Fremde zog seinen Mantel aus und hängte ihn an einen Haken. Sheila betrachtete ihn verstohlen von der Seite. Der Mann war etwa vierzig Jahre alt und wirkte vornehm, sowohl was seine Kleidung aus feinem Stoff anging als auch sein Benehmen. An den Fingern trug er mehrere goldene Ringe. Man merkte sofort, dass er einer anderen Gesellschaftsschicht angehörte. Sein hageres Gesicht war gut geschnitten. Sein schwarzes Haar wurde an den Schläfen bereits grau. Die braunen Augen leuchteten voller Wärme auf, wenn sein Blick Anjala streifte.
Sheila wickelte sich fester in die Decke und achtete darauf, dass sie nicht verrutschte. Sie hatte Angst, dass der Fremde ihnen Fragen zu ihrer Herkunft stellen würde, aber zum Glück nahm Brom ihn sofort in Beschlag.
Er schleppte ein Sitzkissen herbei, auf das sich der Mann setzensollte. Dann brachte er ihm einen Teller mit gebratenen
Weitere Kostenlose Bücher