Die Rückkehr nach Atlantis ("Alantis"-Trilogie) (German Edition)
Saskandra im Stich, wenn es um ihr eigenes Leben ging. Das war schon immer so gewesen. Bei anderen Menschen fiel es ihr leicht, die Schicksalsfäden zu erkennen und die Möglichkeiten und Gefahren zu erspüren, die sie betrafen.
Manchmal sah sie auch Bilder, die sie zunächst nicht zuordnen konnte. Ihre Träume waren oft so grell und schrill, dass sie schreiend und zitternd aufwachte – überwältigt von der Flut von Eindrücken, denen sie im Schlaf schutzlos ausgeliefert war. Ihr Verstand versuchte, die klaren Informationen herauszufiltern und von ihren eigenen Ängsten zu trennen. In der letzten Zeit träumte Saskandra immer wieder von Feuer und Wasser, und sie war sicher, dass die Tage von Atlantis gezählt waren.
Hier im Kerker hatte sie viel Zeit zum Nachdenken. Hätte sie Zaidon anlügen und ihm prophezeien sollen, dass es ein rauschendes Hochzeitsfest geben würde? Vielleicht wäre es klüger gewesen – zu ihrer eigenen Sicherheit.
Doch jetzt war es zu spät, etwas zu ändern. Außerdem hätte Saskandra es nicht über sich gebracht, sich bei dem Herrscher einzuschmeicheln und ihm nach dem Mund zu reden. Sie sagte den Leuten stets, was sie in ihren Visionen gesehen hatte, verdrehte nichts.
Noch immer war Saskandra voller Zorn auf Zaidon, der sein Volk in den Untergang führte. Manchmal war ihr Hass auf ihn so groß, dass sie überzeugt war, doch nicht im Kerker zu sterben, sondern noch zu erleben, wie Zaidon Gerechtigkeit widerfuhr und der selbstherrliche Herrscher gestürzt wurde. In anderen Momenten fühlte sie sich nur noch krank und niedergeschlagen und glaubte zu spüren, wie die Kraft aus ihrem Körper wich, Stunde um Stunde.
Sie wusste, dass es Nacht war. Die Wellen des Meeres klatschten an die Außenwand des Kerkers. Es herrschte Flut. Manchmal drang Wasser durch die Mauer ein und eine Ecke ihres Kerkers wurde nass. Dann faulte das Stroh und es roch noch modriger als sonst. Saskandra konnte nur hoffen, dass kein Sturm aufzog und die Flut nicht höher als gewöhnlich stieg. Dann würde sie in ihrem Gefängnis elendig ertrinken.
Ihr Lebenswille regte sich. Trotz der Schmerzen in ihrem Kreuz richtete sie sich auf und lehnte sich an die Wand. Sie war hellwach. Irgendwo tropfte es, ein hypnotisch wirkendes Geräusch, das sie in Trance versetzte. Schwindel erfasste sie und schien sie wirbelnd in die Tiefe zu ziehen.
Die Vision überkam sie plötzlich und völlig überraschend.
Da waren zwei Kinder … Sie kamen von weit her, weiter, als Saskandra es sich vorstellen konnte. Und obwohl sie nicht in dieseWelt gehörten, war ihr Schicksal eng mit Atlantis verbunden. Ein Junge … vielleicht dreizehn Jahre … ein Mädchen, ebenso alt … Sie schienen eine wichtige Rolle zu spielen. Sie waren auf der Suche nach einem gestohlenen Gegenstand … Zaidon …
Dann ging alles in einem Flammenmeer unter. Der Vulkangott gehorchte Zaidon nicht länger. Eine ungeheure Kraft schoss aus der Tiefe der Erde und brachte das Meer zum Brodeln. Feuer und Wasser vereinten sich. Alles bebte. Saskandra sah, wie die Mauern von Atlantis einstürzten. Zaidons Palast versank in einem Flammenmeer.
Das Feuer brannte in Saskandras Kopf, es breitete sich in ihrem Körper aus, ihre Glieder schienen zu lodern …
Schließlich war alles vorbei. Die Vision verblasste.
Saskandras Atem ging heftig. Ihr Körper war schweißnass. Sie zitterte vor Kälte und Erschöpfung. Ihre gekrümmten Finger glitten am Mauerwerk entlang.
Noch war es nicht so weit.
Noch konnte Zaidon den Vulkangott in Schach halten.
Noch standen die Mauern von Atlantis.
Aber Saskandra wusste, sie würden bald kommen – der Junge und das Mädchen …
8. Kapitel
Eine heimtückische Falle
Als Sheila erwachte, war sie ganz steif. Zuerst wusste sie nicht, wo sie sich befand. Verwirrt setzte sie sich auf und starrte auf das Öllämpchen, das in einer Nische brannte. Die Decke rutschte von ihren Schultern und sie fröstelte.
Neben ihr atmete Mario. Er hatte ihr den Rücken zugewandt und im Schlaf die Beine angezogen.
Langsam kam Sheilas Erinnerung zurück. Sie befanden sich bei Anjala, der Muschelweberin. Die Glut im Kamin war erloschen, es war kalt und Sheila hatte von der dumpfen Luft Kopfweh. Sie hätte gern gewusst, wie spät es war. Ob es draußen schon dämmerte? Hier in dieser Wohnung hatte man überhaupt keinen Anhaltspunkt, ob es Tag war oder Nacht. Sheilas Gefühl sagte ihr aber, dass es gegen Morgen sein musste. Sie wuselte sich aus der Decke
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