Die Rückkehr nach Atlantis ("Alantis"-Trilogie) (German Edition)
Zaidon sich ihm näherte. Die Luft schien förmlich zu knistern, so aufgeladen war sie von der Kraft des Zaubersteins. Unzählige Male war Zaidon schon hier unten gewesen und hatte mit dem Weltenstein experimentiert. Er hatte die Mondfische und andere Geschöpfe zu seinen Zwecken verändert; er hatte dafür gesorgt, dass physikalische Gesetze außer Kraft gesetzt wurden, damit beispielsweise Wasser bergauf fließen konnte – ohne komplizierte Pump- und Umwälzanlagen. Seine Ingenieure hatten sich lange daran versucht, fließendes Wasser in die Häuser der Oberstadt zu leiten, doch die technische Umsetzung war jämmerlich gescheitert. Mit Magie hatte Zaidon das Gewünschte schließlich zustande gebracht – und so floss nicht nur in seinem Palast sauberes Wasser aus den Leitungsrohren.
Der Weltenstein konnte aber noch viel mehr. Er konnte Leute und Dinge verwandeln, Kräfte verstärken, heilen und töten – und er zeigte auch an, wenn andere Magie in der Nähe war.
Zaidon trat auf den Stein zu und legte behutsam seine Hand darauf. Der Stein, der eben noch geleuchtet hatte, wurde augenblicklich schwarz. Auch im Raum wurde es dunkel. Die wenigen Wandleuchten glommen nur noch zaghaft. Schatten wuchsenvom Boden bis zur Decke. Doch Zaidon achtete nicht darauf. Er schaute auf seinen Arm und spürte, wie die Kraft des Weltensteins in ihn eindrang. Bunte Lichtpunkte schoben sich in seinem Arm aufwärts, erreichten seine Schulter und verteilten sich in seinem Körper. Zaidon empfand Wärme und zugleich ein Gefühl unendlicher Macht. Sein Kopf wurde leicht und frei … und dann hatte Zaidon plötzlich den Eindruck, zu schweben. Sein Geist konnte sich in sämtliche Richtungen ausdehnen und die Wände des Palastes durchdringen. Er sah alle Räume auf einmal, nebeneinander und übereinander, als wären sie zu Puppenhausgröße zusammengeschrumpft: die Prunksäle, die Wohnräume und die Kerker ganz unten. Er erblickte Licht und Dunkelheit und nahm die Bewohner und ihre Bewegungen wie kleines Ungeziefer wahr. Dann entdeckte er, wonach er suchte: einen kleinen blauen Leuchtfaden, der sich fein wie Spinnenseide durch das Labyrinth zog – zickzackartig, dann wieder geradlinig … Er führte von dem Verlies, aus dem Saskandra geflohen war, durch den Gang zu den Abwasserkanälen – eine feine Spur fremder Magie, die sich im Meer verlor.
»Aha!« Zaidon hatte genug gesehen. Sein Geist zog sich zusammen und kehrte in seinen Kopf zurück; er spürte wieder seinen eigenen Körper und seine Füße. Noch immer ruhte seine Hand auf dem Weltenstein. Er befahl der Zauberkraft, in den magischen Stein zurückzuwandern, und sofort glitten die Lichtpunkte wieder durch seinen Arm, diesmal in Richtung Hand. Es kribbelte unerträglich – so als liefen Tausende von Ameisen auf seiner Haut umher. Dann war alle Magie wieder im Weltenstein. Zaidon löste seine Hand und der Raum wurde hell.
»Ich wusste es«, murmelte er. »Sie ist tatsächlich eine Hexe!«
Als er zur Wendeltreppe zurückging, dachte er darüber nach, dass es ein Fehler gewesen war, Saskandra in seinem Palast unterzubringen. Wahrscheinlich hatte sie aufgrund ihrer magischen Fähigkeiten wirklich eine hellseherische Begabung – was aber nicht bedeuten musste, dass sie ihm immer die Wahrheit gesagt hatte. Vermutlich hatte sie sich im Palast eingenistet, um Zaidon auszuspionieren. Dann wollte sie ihn eines Tages stürzen und seinen Platz einnehmen.
Er musste sie unschädlich machen. Gleich nachher würde er seine Häscher losschicken. Sie sollten die Ober- und Unterstadt nach Saskandra durchsuchen. Derjenige, der ihm ihre Leiche brachte, würde eine hohe Belohnung bekommen.
Zaidon atmete tief, als er die Geheimtür aufstieß und in seinen Thronsaal zurückkehrte. Saskandras Magie war nur schwach. Es würde ein Leichtes sein, sie zu vernichten. Von diesem Weib würde er sich jedenfalls nicht mehr einschüchtern lassen.
Seine Hochzeit würde stattfinden – egal was Saskandra gesagt hatte! Und er würde mit Melusa auch Kinder bekommen – sieben wunderschöne Töchter, die ihrer Mutter wie aus dem Gesicht geschnitten waren.
»Ausgebrochen?«, fragte Fenolf und bemühte sich, seine Stimme überrascht klingen zu lassen.
»Ja«, antwortete Zaidon. »Saskandra ist eine Hexe, sie benutzt Magie. Wusstest du das? Wahrscheinlich hat sie den Wärter mit ihrer Zauberei dazu gebracht, die Gefängnistür aufzusperren. Und dann ist sie mit dem Mädchen durch die Kanäle
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