Die Rückkehr nach Atlantis ("Alantis"-Trilogie) (German Edition)
offene Tür erst heute Morgen entdeckt.«
»Ist die Tür aufgebrochen worden?«
»Nein, sie ist unbeschädigt.«
»Dann hat man einen Schlüssel benutzt.« Zaidon ging unruhig auf und ab, während der Wächter steif an seinem Platz stehen blieb und es kaum wagte, den Herrscher anzuschauen. »Und dass einer der Wächter verschwunden ist, kann kein Zufall sein. Die Sache stinkt zum Himmel!« Zaidon wusste nicht genau, um welchen Wächter es sich handelte, aber er würde es herausfinden. Er würde die anderen Gefangenenwärter gnadenlos verhören. Notfalls würde er mit Gewalt die Informationen aus ihnen herauspressen. Es konnte ja wohl nicht sein, dass keiner von ihnen etwas mitbekommen hatte!
»Es ist ein Skandal«, stieß Zaidon aus. »Vor zwei Jahren habe ich die Anzahl meiner Männer verdoppelt, um die Gefangenen besser zu bewachen. Und jetzt? Die eigenen Leute arbeiten gegen mich!« Er blieb vor dem Gefangenenwärter stehen und sah ihm ins Gesicht. Der Mann senkte die Augen.
»Ich dachte, ich könnte mich auf meine Männer verlassen«, sagte Zaidon streng.
»Das könnt Ihr auch, Herr«, erwiderte der Gefangenenwärter.
»Aber warum ist dann ein Verräter unter euch? Behandele ich euch schlecht?«
»Nein, Herr. Ihr sorgt natürlich sehr gut für uns.«
»Bekommt ihr etwa zu wenig Lohn?«
»Eure Bezahlung ist großzügig«, säuselte der Gefangenenwärter.
Es war genau das, was Zaidon hatte hören wollen. Trotzdem war er nicht zufrieden. Er konnte nicht verstehen, warum nicht alle seine Leute geschlossen hinter ihm standen. Gab es Fehler in seinem Führungsstil? Nichts war gefährlicher als Rebellion in den eigenen Reihen. Das hatte schon mehr als einem Herrscher das Genick gebrochen!
In Gedanken ging Zaidon den engsten Kreis seiner Mitarbeiter durch. Wem konnte er vertrauen? Wer würde ihm in den Rücken fallen, wenn sich die Gelegenheit ergab? Er presste seine Lippen aufeinander, als ihm klar wurde, wie wenig er seine Leute kannte. Sie führten seine Befehle aus und empfingen ihren Lohn. Sie speisten mit ihm an einer langen Tafel, und mit dem einen oder anderen Mann zechte er schon einmal die ganze Nacht durch. Aber in Wirklichkeit waren sie ihm alle fremd. Diese Erkenntnis ärgerte ihn und er ließ seinen Unmut an dem Gefangenenwärter aus, der noch immer mit gesenktem Blick vor ihm stand.
»Wachen! Peitscht ihn aus!«
»Aber – aber ich habe doch gar nichts getan«, stammelte der Mann. »Ich habe nur berichtet, was in den Verliesen vorgefallen ist.«
»Schweig!«, befahl Zaidon und sagte, zu den Wachen gewandt: »Bringt ihn weg und gebt ihm dreißig Peitschenhiebe!«
Nachdem die Wachen den Mann mitgenommen hatten, ließ sich Zaidon auf seinen Sessel fallen. Sein Kopf schmerzte, wie so oft in der letzten Zeit. Nicht einmal die Aussicht auf die kommende Hochzeit konnte ihn aufheitern. Er musste an die blinde Seherin denken und daran, was sie ihm prophezeit hatte. Keine Kinder mit Melusa, nicht einmal eine Hochzeit. Dieses alte, rechthaberische Weib! Grimmig ballte Zaidon die Fäuste. Es war richtig, dass sie für ihre respektlosen Bemerkungen im Kerker gelandet war. Niemand durfte so mit Zaidon umgehen.
Nur wer hatte Saskandra befreit? Zaidon grübelte. Vielleicht besaß die Alte ja zauberische Fähigkeiten und hatte den Wächter dazu gebracht, ihr die Tür aufzuschließen. Die alte Hexe! Und das Mädchen, diese schmutzige kleine Muschelsammlerin, war gleich mit geflohen.
Zaidon stand auf. Er musste wissen, ob Magie im Spiel gewesen war – und er konnte es nachweisen. Aus seinem prächtigen Mantel zog er einen goldenen Schlüssel hervor und ging damit zur Wand. Mit geübtem Griff steckte er ihn in eine der hölzernen Verzierungen. Es knarrte in der Wand und eine Geheimtür sprang auf. Zaidon sah sich um. Es war niemand in der Nähe. Er zwängte sich durch die Öffnung und schloss hinter sich die Tür. Eine schmale Wendeltreppe führte in die Tiefe. An den Wänden flammte rotes und blaues Licht auf – Tiefseequallen, die Zaidongefangen, magisch verändert und an der Wand befestigt hatte. Jetzt dienten sie als Beleuchtung.
Die flackernden Lichter schienen Zaidon zu folgen, während er die Stufen hinabstieg. Unten führte ein schmaler Gang in einen kreisrunden Raum. Die Wände waren mit funkelndem Gold bedeckt. In der Mitte aber stand ein Tisch, auf dem sich das Wertvollste befand, was es in Atlantis gab: der magische Weltenstein.
Der Zauberstein schimmerte in allen Regenbogenfarben, als
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