Die Rueckkehr
von Sam.
Matts Worte gingen mir nicht aus dem Kopf. Immer wieder musste ich dabei an seinen traurigen Gesichtsausdruck denken. Er hatte Recht, so ein Leben bedeutete auch ein ständiges Abschiednehmen.
Es war leicht, die Unsterblichkeit von Vampiren zu verklären, doch letztendlich war man am Ende nicht irgendwie auch immer ein bisschen allein?
Er hatte seine Familie verloren und so viele andere Menschen, die ihm etwas bedeutet hatten. Ich hatte nie zuvor über das ganze Ausmaß einer solchen Verwandlung nachgedacht.
Die kühle Nachtluft prickelte in meinem Gesicht, als ich die schwere Tür aufstieß und auf den Hof hinaustrat. Es war spät. Mein letztes Seminar ging bis kurz nach acht und der Campus lag in einer fast friedlichen Stille vor mir.
Sicher war Vanessa nicht Zuhause. Sie hatte nach der Rückkehr in unser Zimmer kein Wort gesagt, sondern einfach nur ihre Sachen genommen und war verschwunden.
Es wurmte mich, dass ich nicht wusste, was in ihr vorging. Wir waren doch Freundinnen! Ich musste für sie da sein, jetzt, wo sie ganz offensichtlich in einer Krise steckte. War es meine Schuld? Hatte ich sie vernachlässigt?
Ich blickte in den sternenklaren Himmel hinauf. Es war Ende Oktober. Bald würde es schon wieder anfangen zu schneien. Wahnsinn, wie schnell die Zeit verging!
'Die Menschen werden älter und man selbst bleibt wie man ist', hörte ich Matts Stimme in meinem Kopf.
Ich schlang fröstelnd die Arme um mich. Es war nicht fair! Es war…
Ein kräftiger Schlag warf mich zu Boden.
Taumelnd richtete ich mich auf.
Was war das?
Verärgert sah ich mich um, doch ich konnte niemanden entdecken.
Ein leises Lachen drang an mein Ohr.
Unwillkürlich bekam ich eine Gänsehaut.
"Wer ist da?", fragte ich in die Stille hinein, doch ich bekam keine Antwort. Was hatte ich auch erwartet?
Doch noch ehe ich mich versah, schoss etwas Helles an mir vorbei und riss mich erneut zu Boden.
Wieder ein Lachen.
Ich tastete nach meiner Tasche und stand auf, lauernd, mit klopfendem Herzen. Irgendetwas war hier überhaupt nicht in Ordnung! Doch noch bevor ich mir weiter darüber den Kopf zerbrechen konnte, sammelte ich meine Sachen zusammen und rannte los. Nur in welche Richtung? Wer auch immer seine Spielchen mit mir spielte, er hatte definitiv keine guten Absichten, sonst hätte er sich längst gezeigt.
Ich spürte ein leichtes Gefühl von Panik in mir aufsteigen. Was sollte ich tun? Wo sollte ich hin? Zurück in die Fakultät? Richtung Wohnheim?
Keuchend hielt ich mir die Seite, während ich vorwärts stolperte, immer weiter, nur weg. Doch hatte ich überhaupt eine Chance?
"Lily!" Meine Knie wurden weich, als ich Sams Stimme hörte. "Hierher! Komm zu mir!"
Er stand im Schein einer Laterne. Sein Haar war zerzaust, kleine Äste hingen in seinen Spitzen. Er hatte etwas Glänzendes in der Hand. Ein Messer?
Ich zitterte unwillkürlich und stolperte hastig auf ihn zu. Das laute schrille Lachen hallte noch immer in meinen Ohren.
"Was war das?" Entsetzt starrte ich ihn an.
Sams Gesicht verzog sich zu einem freudlosen Grinsen. "Das war Ashley."
"Ashley? Aber… ist sie… was ist passiert?" Ich fröstelte und schlang die Arme um meine Schultern. Mir war mit einem Mal furchtbar kalt. Was war mit Ashley geschehen?!
"Benjamin hat sie verwandelt", antwortete Sam im nüchternen Tonfall.
"Wann?" Mir wurde schlecht. Ashley war ein Vampir! Die Carters hatten ihre beiden Kinder verloren. Es war schrecklich! Wusste Xander davon? Hatte Sam es ihm erzählt und vor allem, was machte sie hier auf dem Campus? Was wollte sie in New York? Und was noch interessanter war, was wollte sie von mir?
"In der Nacht, in der Greg und sie sich aus Parkerville davonmachen wollten." Es war beruhigend, Sams Stimme so nah an meinem Ohr zu hören. Ich war nicht mehr allein, mein Herzschlag beruhigte sich allmählich wieder, als er seine Hand in meine legte und sie fest drückte.
"Das ist schrecklich. Doch wieso… hat sie mich angegriffen?" Ich musste mich räuspern, als mir mit einem Mal bewusst wurde, dass es tatsächlich so gewesen war. Ashley Carter hatte mich angefallen! Nur warum? Was hatte ich ihr getan?
"Sie will dich bestrafen." Sam strich mir beruhigend durch die Haare.
Verwirrt hob ich den Kopf und sah ihn an. Der Mond spiegelte sich in seinen dunklen Augen wieder. Er sah besorgt aus, sein Blick war ernst. "Ich beobachte sie nun schon seit Monaten. Ashley ist nicht zu halten. Sie verhält sich wie in einem Rausch, zieht von Stadt
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