Die Rueckkehr
auf.
"Xander!", rief ich, doch die Leitung blieb stumm.
"Er will, dass ich es bin." Sam starrte stur auf die Straße vor uns.
"Er hat keine Ahnung. Er weiß nicht, was er sagt. Er ist völlig außer sich", versuchte ich augenblicklich zu schlichten.
"Lily, er hasst mich. Tief in seinem Innern wünscht er sich genau das."
"Nein, er hat dich gern. Ihr seid Freunde, Cousins."
"Er will mit dir zusammen sein", sagte er tonlos.
Ich schüttelte den Kopf. "Das haben wir geklärt. Er weiß, was ich für dich empfinde."
Sam lachte freudlos. "Gefühle sind nichts Rationales, was man an- und wieder abstellen kann, Lily."
"Aber er weiß, dass du so etwas nie tun würdest", widersprach ich schwach.
"Zumindest wissen wir jetzt, dass Ashley noch in New York. Und sie weiß, wo wir nicht sind und dass wir mit dem Auto unterwegs sind."
"Wir haben einen Vorsprung." Mir war mit einem Schlag noch elender zumute, als nach unserer überstürzten Abreise.
"Die Sonne geht bald auf. Wir müssen eine Pause machen", wechselte er abrupt das Thema.
Ich beachtete ihn nicht weiter. "Hoffentlich tut sie ihm nichts. Bitte, bitte." Nervös starrte ich auf das Telefon in meiner Hand. Dann drückte ich kurzentschlossen die Kurzwahltaste.
"Lily."
"Xander, hör mir zu. Leg jetzt nicht auf und vor allem, sag jetzt nichts!" Ich redete so schnell ich konnte, um ihn nicht zu Wort kommen zu lassen. "Was ich dir gesagt habe, ist die Wahrheit. Ashley ist gefährlich. Joanne und Kylie sind gestorben, sie hat sie umgebracht. Ebenso wie Mr. O'Leary. Sie hat ihn verwandelt. Und nun ist sie hinter uns her. Xander, du bist in Gefahr. Verschwinde bitte!"
"Wieso sorgst du dich um mich?", fragte er kalt.
Ich atmete tief ein. "Weil ich dich brauche. Ich will dich nicht verlieren."
"Aber du hast Sam."
"Bitte, Xander! Sei vorsichtig."
"Ich hätte ihn nie verwandeln sollen", presste er hervor.
"Tust du das für mich?" Ich versuchte, seine Wut zu ignorieren. "Ist Ashley noch bei dir?"
"Ja", antwortete er einsilbig.
"Pass auf dich auf, ja?"
"Ich muss jetzt auflegen." Mit diesen Worten unterbrach er die Verbindung erneut.
Ich drückte noch einmal auf die Kurzwahltaste.
Es klingelte einmal, dann ging Vanessas Mailbox ran.
"Sie ist in Sicherheit. Ganz bestimmt", sagte Sam leise.
"Ich hoffe es."
Sam steuerte den Wagen auf den Parkplatz eines Motels und parkte neben einem großen Bus. Er zog den Autoschlüssel ab und sah mich lange an. "Xander ist erwachsen. Er muss seine eigenen Entscheidungen treffen. Du kannst ihn nicht vor allem bewahren."
"Lässt dich das so kalt?"
Er schüttelte den Kopf. "Ich… bin es nur so leid."
Wir stiegen aus und betraten das kleine Motel mit der schäbigen kleinen Theke, an der ein verschlafen aussehender Junge saß.
"Guten Morgen, wir würden gerne einchecken." Sam schenkte ihm sein unwiderstehliches Lächeln. Ich wusste, welche Wirkung er auf andere Menschen hatte. Sein Charme war eine seiner Waffen, die sich durch sein Dasein als Vampir nur noch verstärkt hatte.
"Gerne. Bitte, füllen Sie das aus. Wie viele Nächte, Mister?"
"Nur eine."
"Ist gut, Mister…" Der Junge warf einen Blick auf den Zettel. "Smith."
"Wir sind frisch verheiratet." Sam lächelte.
"Oh, da habe ich ein schönes Zimmer für Sie. Meinen Glückwunsch."
Mit verkrampften Händen umklammerte ich meine Tasche. Wieso sagte er das?
Meine Gedanken wanderten zurück zu Xander und Matt. Sie hatte Matt getötet. Dieses widerliche Miststück!
"Ist das Zimmer dunkel?", hörte ich Sam fragen.
"Ja, Mr. Smith. Sehr dunkel. Meine Mutter hat die Vorhänge alle selber genäht."
"Oh, wie nett." Wir folgten dem Jungen die Treppe hinauf durch einen schmuddeligen schmalen Flur.
Er öffnete die Tür zu einem furchtbar eingerichteten Raum mit einem Doppelbett und einem kleinen Fenster, das zur Straße führte. Die Vorhänge waren, ebenso wie der Rest des Alptraums, mit orangebraunen Blumen verziert. Die Mutter des Jungen schien voll auf den Retrolook abzufahren.
"Gefällt es Ihnen?", fragte der Junge schüchtern.
Sam nickte und gab ihm etwas Geld.
"Oh, vielen Dank. Sehr großzügig, Mr. Smith."
"Schlaf dich mal aus." Er lächelte dem Jungen freundlich zu, dann schloss er die Tür direkt vor seiner Nase. Erschöpft sank er auf das frischbezogene Bett. Das Lächeln war von seinem Gesicht verschwunden.
Schweigend setzte ich mich neben ihn.
"Man kriegt meist ein schöneres Zimmer, wenn man sagt, dass man frisch verheiratet ist."
Ich sagte nichts.
Die Sonne
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