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Die Ruhe Des Staerkeren

Die Ruhe Des Staerkeren

Titel: Die Ruhe Des Staerkeren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Heinichen
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fragte Laurenti und machte sich über die frisch gefangenenCanoce her, wie die Meeresheuschrecken aus dem Golf von Triest im Dialekt genannt wurden.
    »Mach dich ruhig über einen hilflosen alten Mann lustig, Laurenti.«
    »Also los, erzähl schon, sei nicht so empfindlich.«
    »Es hat mit Marzio Manfredi zu tun, dem Tierpräparator. Kokain und Rechtsextremismus haben bei uns eine lange Tradition. Vor allem, als die Grenzen noch undurchlässig waren, zu Zeiten des kalten Kriegs. Die Kommunistische Partei Italiens war damals die größte Westeuropas, und die Amerikaner haben kräftig vor einer sowjetischen Invasion Angst geschürt. Sie formten paramilitärische Gruppen, lieferten die Waffen und sorgten für die Finanzierung, indem sie unverschnittenes Kokain vom Typus ›Merck‹ zum Dumpingpreis von achthunderttausend Lire das Kilo lieferten. Die Neofaschisten sollten sich mit dem Erlös aus dem Weiterverkauf finanzieren. Sie arbeiteten mit Altnazis der Organisation Werwolf in Bayern und Österreich Hand in Hand. Auch der italienische Geheimdienst war involviert, genauso wie italoamerikanische Mafiabosse. Das Gebilde ging dann in Gladio auf, der ›Stay Behind-Organisation‹, die von CIA, MI6 und Nato in allen westeuropäischen Staaten hinter den Kulissen geführt wurde. Weißt du eigentlich, wie viele dieser Halunken bis heute in den Parlamenten sitzen?«
    »Dann kannst du ja endlich deine Lebenserinnerungen weiterschreiben«, nuschelte Laurenti, der genüßlich eine Schere der Meeresheuschrecken auszuzelte.
    »Bei meinen Recherchen bin ich darauf gestoßen, daß Dukes leiblicher Vater über Jahre einer der Köpfe in Washington war. Zuvor aber hat er den Tonking-Zwischenfall vor der nordvietnamesischen Küste mitgeplant. Das war eine bewußte Falschinformation, die von der amerikanischen Regierung unter Lyndon B. Johnson dann als Grund vorgegeben wurde, in den Vietnamkrieg einzutreten. Der Mann weigertesich sogar, aus dem Krieg auszusteigen, als klar war, daß er ihn verlieren würde. Und weißt du, mit welchem Satz er sich verteidigte? ›I will not be the first President to lose a war.‹ Seine Gegner hingegen skandierten auf Demonstrationen den Slogan: »Hey, hey, LBJ, how many kids did you kill today?«
    »Und was hat das mit meinem Fall zu tun?« fragte Laurenti.
    »Goran Newman war in Vietnam, hatte einen bombigen Vater, machte Karriere im Außenministerium und war bis zuletzt ein Berater der Regierung. Und er verdiente Milliarden an allen Schweinereien, die so begangen wurden. In Kambodscha können sich die Armen jetzt wegen der galoppierenden Inflation nicht einmal mehr Rattenfleisch leisten.« Galvano kratzte die Seespinne aus und schob den letzten Happen in den Mund. »Und die Art, wie Duke umgebracht wurde, läßt darauf schließen, daß es von Profis eingefädelt wurde. Ich würde meine Ermittlungen schleunigst ausdehnen oder sie an die höheren Stellen in Rom übergeben.« Galvano nahm einen großen Schluck von seinem Wein.
    »Wenn du wüßtest, wie tüchtig die Leute in der Hauptstadt sind, würdest du mir einen besseren Rat geben. Glaubst du wirklich, daß es heute noch solche Verschwörungen gibt?«
    »Warum nicht? Vor zwei Jahren hatten die Russen mit ihrem kleinen Atomangriff auf London ja auch Erfolg. Polonium 210, saubere Sache.«
    »Litwinienko war früher selbst russischer Geheimdienstler, das ist etwas anderes«, protestierte Laurenti. »Zugegeben, der Anschlag auf Duke war sorgfältig geplant. Aber du vergißt die Plakate! Istria libera, Dalmazia nostra. Dort müssen wir nachhaken, um herauszufinden, wer die Drahtzieher sind.« Er schaute auf die Uhr, es war Zeit, zu Rožman zu fahren. »Hast du inzwischen entschieden, ob du Heiligabend mit uns verbringst?«
    »Da du so hartnäckig darauf bestehst, werde ich wohl müssen«, seufzte Galvano.
    Laurenti gab dem Alten die Hand und ging, ohne zu bezahlen, hinaus. Sollte doch Galvano endlich einmal die Rechnung übernehmen. Kaum saß er im Auto, klingelte wie auf Bestellung sein Telefon.
    »Ich habe mit meinem Anruf gewartet, weil ich dachte, daß du alle Hände voll zu tun hast, Proteo. Wie läuft es? Bei euch ist ja wirklich die Hölle los, nach allem, was ich mitbekomme.« Živas Stimme war weich wie in den besten Zeiten ihres Verhältnisses.
    »Weißt du, was ich jetzt gerne täte?« fragte Laurenti. »Ein schönes Zimmer an der istrischen Küste, mit einem breiten Bett. Nur wir beide, Živa! Und draußen das Meer, aufgewühlt von der Bora, es

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