Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Ruhe Des Staerkeren

Die Ruhe Des Staerkeren

Titel: Die Ruhe Des Staerkeren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Heinichen
Vom Netzwerk:
Endlich kam er wieder, die Erleichterung stand ihm ins Gesicht geschrieben. Er sagte, daß ein gewisser Dean einspringen würde, da Marzio nicht aufzutreiben war. Spurlos verschwunden, was sonst gar nicht seine Art sei. Er kenne ihn seit langem, und falls er die Stirn hätte, ihm noch einmal unter die Augen zu treten, dann könne er etwas erleben. Um Dean zu treffen, müßten wir aber zu ihm fahren, denn er könne auf keinen Fall über die Grenze kommen, weil er in Italien gesucht würde.
    Am zweiten Tag steckten sie mich in den Kofferraum, doch schon nach zwanzig Minuten holten sie mich wieder raus. Wir standen vor einem Bauernhof, vor dem sich in einem Tal weite welke Wiesenflächen erstreckten und sich im Norden ein langgezogener kahler Bergrücken erhob, dessen Gipfel schneebedeckt war. Karol klopfte mehrfach an die Haustür, doch niemand machte auf. Dann holte er einen Teleskopstock aus dem Kofferraum und band mit einem Seil ein Katzenfell daran. Er sagte, er wolle die Zeit wenigstens zum Flirtpole-Training nutzen, solange wir auf Dean warteten. Gut eine halbe Stunde jagte ich hinter dem Katzenfell her. Ich war schnell und wendig, und Karol sagte immer wieder zu Domenico, daß ich der beste Kämpfer seiner Laufbahn sei. Nicht in Kiel, Schleswig, Rostock und Fürstenwalde sei ihm ein solcher Kerl anvertraut worden, und nicht einmal damals in S´wiebodzin, zwischen Posen und Berlin, wo er einen phantastischen Hund hatte. Und nur wegen seines Rufs als Trainer habe man ihn in die Hamburger Gegend geholt, in der Szene sei er schon damals einer der besten gewesen.
    Als ich mich endlich in den Balg verbissen hatte und ihn so wütend durchschüttelte, als wäre er ein lebendiger Gegner, gab mir Karol plötzlich den Befehl, ihn aufzugeben und mich hinzusetzen. Mit dem Breaking Stick hebelte er mir das Maul auf, denn meine Beute wollte ich nicht loslassen. Dann zeigte er in der Ferne auf die kleine Straße. Ich sah sofort, was er meinte, und schaute erwartungsvoll zu ihm auf. Als auch Domenico das Ziel ausgemacht hatte, ließ Karol mich endlich frei. Domenico klatschte vor Freude in die Hände.
    Das ist mein wahres Können. Ich bin stark und schnell und kenne alle Tricks, die man zum Überleben braucht. Ich bin ein Kämpfer und ein Jäger. Mir entkommt keiner. Meter für Meter näherte ich mich der Radfahrerin.
     
    *
     
    Dean war ein unsympathischer, kräftiger Mann um die Fünfzig mit kahlgeschorenem Kopf und einem Kugelbauch, über dem der Pullover spannte. Er begutachtete mich, ging um mich herum und sagte zu Karol, daß sie die Wirkung des Zeugs auch gleich überprüfen könnten. Er habe einen Stier im Stall, an den sich keiner rantraute. Sie sollten mir eine Spritze geben und mich dann zu dem Vieh sperren. Dann würde man schnell sehen, wie gut ich wirklich sei. Aber es gäbe auch einen Braunbär in der Gegend. Für Domenico war die Gefahr zu groß, daß ich verletzt werden würde, doch Dean könne ruhig seinen Kettenhund freilassen, wenn er etwas sehen wolle. Der Wetteinsatz seien die Medikamente, oder ihr Gegenwert in Euro. Dean winkte barsch ab und bat uns hinein, damit der Handel besiegelt würde.
    Am Küchentisch goß er Wein aus einer Korbflasche in eine Karaffe und dann in die Gläser. Die drei Männer prosteten sich zu. Dann holte Dean eine Menge bedruckter Schachteln aus einer Sporttasche und baute einen Stapel vor sich auf. »Als Schockbehandler habe ich Solu-Delta-Cortef und Dexametazon, dann Lidocain als Schmerzmittel. Zur Blutgerinnung VitaminK, injizierbar. Ampicillin oder Penizillin braucht ihr ebenso wie Epinephrin, injizierbares Adrenalin fürs Herz. Und natürlich Speed, flüssig oder zum Spritzen. Und Vitamin B15, das den Blutsauerstoff um fünfundzwanzig Prozent erhöht. Erstklassige Ware. Alles direkt aus den USA. Noch was? Wasserstoffperoxyd und den anderen Kram habt ihr ja selbst. Und Koks wohl auch.«
    Sie verhandelten nicht lange. Domenico zog ein Bündel Geldscheine aus der Tasche und zählte die vereinbarte Summe unter den gierigen Blicken Deans ab. Dann steckten sie die Schachteln ein.
    »Wo hast du den Job gelernt?« fragte Domenico.
    »In Italien, in den USA, in Slowenien, in Deutschland, wo immer es dir beliebt.«
    »Stehst du deshalb in Italien auf der Fahndungsliste?«
    »Und wann ist die Convention?« fragte Dean und tat, als hätte er die Frage nicht gehört. Er begleitete uns zum Wagen.
    »Was für eine Convention?« fragte Karol zurück und zuckte mit den Schultern. Er hatte

Weitere Kostenlose Bücher