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Die Ruhe Des Staerkeren

Die Ruhe Des Staerkeren

Titel: Die Ruhe Des Staerkeren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Heinichen
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viel unterwegs. Niemand kann hundertprozentig geschützt werden. Wenn es nicht in Rabuiese stattfindet, dann woanders. Und ich ziehe die Zeremonie vor, während der es vor Sicherheitskräften wimmelt. Wenn dort etwas passiert, schnappt man jeden. Aber sagen Sie, warum sind eigentlich Sie hier und nicht ihre slowenischen Kollegen?«
    »Die sind informiert, Signor Newman …«
    »Duke! Nennen Sie mich Duke, wie alle anderen. Das ist einfacher. Ihr Italiener könnt sowieso kein Englisch.«
    »Gut, Signor Duke.«
    »Duke, ohne Signor!«
    »Die Kollegen wissen Bescheid. Ich war soeben auf dem Polizeiposten in Sežana, und was die Zeremonie betrifft, läuft der Austausch auf höchster Ebene. Der Mann, bei dem wir die Unterlagen gefunden haben, wurde umgebracht. Vor zwei Tagen. Im letzten Zug von Venedig nach Triest. Er hatte einen riesigen Koffer dabei, der fünfundsechzig Kilogramm russischen Kaviar enthielt. Der Mann wurde aus dem Waggon gestoßen, erdrosselt und von einer Brücke geworfen. Der Koffer war weg. Ich bearbeite den Fall. Und ich bin ein Freund der direkten Wege.«
    »Das haben wir gemeinsam«, sagte Duke. »Aber ermitteln dürfen Sie auf dieser Seite der Grenze sicher nicht.«
    »Plaudern hingegen schon«, sagte Laurenti. Er wußte, daß er nur weiterkäme, wenn er Einblick in die Geschäfte dieses Mannes erhielt. Doch ein Blick auf die Bildschirme genügte: Man würde es ihm ganz gewiß verweigern. »Es geht ausschließlich um Ihre Sicherheit.« Er erhob sich. »Sagt Ihnen diese Bewegung ›Istria libera, Dalmazia nostra‹ wirklich nichts, Duke? Sie operiert in Kroatien und sorgt für Aufsehen, weil sie fordert, die Drahtzieher riesiger Grundstücksdeals entlang der Küste aus dem Weg zu räumen.«
    Diesmal antwortete Vera, die dem Gespräch bislang schweigend gefolgt war. »Wir haben den Stempel ja gesehen, Commissario. Das sagt uns wirklich nichts. Wir machen mit Kroatien keine Geschäfte, das lohnt nicht.« Dann zeigte sie auf die vier Bildschirme, auf denen die Zahlenreihen permanent aktualisiert wurden. »Unser Interesse gilt den Börsen in Singapur, London, Tokio, Frankfurt, New York, Mailand und so weiter. Deswegen sehen wir keinen Zusammenhang. Aber Sie werden ihn sicher herausfinden, Commissario.«
    »Ich weiß Ihre Sorge zu schätzen, Laurenti.« Duke erhob sich und reichte ihm seine behandschuhte Hand. »Wissen Sie, ich habe viel erreicht in meinem Leben, und deshalb werde ich von manchen Menschen beneidet, von anderen auch gehaßt. Das beste aber, was mir gelang, ist, hier oben zu sitzen, weit ab vom Schuß, und mich nur selten in der Öffentlichkeit sehen lassen zu müssen. Die Zeremonie ist wichtig, ich werde auf jeden Fall hingehen. Ein Symbol für das Zusammenleben, ein Strich unter die Vergangenheit, aber auch ein Wegweiser in die Zukunft. Die Wirtschaft wird es zu danken wissen, selbst wenn im Moment die Zeichen weltweit nicht rosig stehen. Ich habe in diesen Dingen Erfahrung. Schauen Sie nur ihre junge Kollegin an, sie und die noch jüngeren werden am meisten davon profitieren.«
    »Pina«, sagte er dann und wandte sich der Inspektorin zu. »Sedem würde Sie gerne sehen. Ich hoffe, Sie sind nicht in Eile. Krankgeschrieben sind Sie doch ohnehin. Schlagen Sie ihm den Wunsch bitte nicht ab. Der Junge ist so oft alleine, und ich habe den Eindruck, er hat Sie ins Herz geschlossen. Sein Chauffeur fährt Sie nachher gerne wieder nach Hause.«
    Mit hochrotem Kopf rappelte Pina sich auf und suchte nach einer Ausrede. Damit hatte sie nicht gerechnet, und als Laurenti ihr aufmunternd zuzwinkerte, versagte ihr die Stimme.
    »Der Tag heute ist eh gelaufen, Inspektorin«, sagte ihr Chef. »Das Volksfest am Übergang Fernetti wird die Leute ausreichend in Atem halten. Also, lassen Sie sich ein gutes Abendessen servieren, Sie können es brauchen.«
    Er klopfte ihr sanft auf die Schulter und ließ sich von Edvard hinausführen.
     
    *
     
    »Morgen kommt eine Lieferung aus London, Edvard. Ich möchte nicht, daß Sedem davon erfährt. Es ist ein Bild, hinter dem ich schon lange her war. Laß den Spediteur auf keinen Fall abziehen, bevor wir nicht sicher sind, daß es unbeschädigt ist. Ruf mich gleich, wenn ihr es ausgepackt habt.«
    Der Sekretär schaute ihn fragend an.
    »Mario Schifano: ›New York City 65‹«, sagte Duke zufrieden. Er hatte das Bild in London für dreihunderttausend Pfund ersteigert und wollte es seinem Sohn zu Weihnachten schenken. All die Gemälde in diesem Haus würden eines Tages

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