Die Ruhe Des Staerkeren
Paket betrachtete, es anhob, wendete und wieder ablegte.
»Wo war es?«
»In der Jauchegrube.«
»Glück gehabt.«
»Das kann man wohl sagen. Die Bullen waren zwar dort und haben sogar Kameras installiert, aber in die Scheiße greifen sie nicht einmal, wenn man sie dazu zwingt. Ich hab sie ausgetrickst.« Dean grinste überlegen.
»Nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn nicht.«
»Hast du die Sachen mitgebracht?«
Mario griff in die Jackentasche und legte eine in einen Lappen gewickelte Automatik und drei Magazine auf den Tisch.
»Ist sie sauber?« fragte Dean.
»Fabrikneu, ohne Seriennummer. Fünfundvierzig Schuß. Damit kannst du in den Krieg ziehen.« Dann zog er aus der Innentasche einen augenfälligen Briefumschlag. »Und hier ist deine Eintrittskarte.«
Dean öffnete ihn und zog ein amtliches Schreiben heraus. Es war die offizielle Einladung für Prominente anläßlich des großen Staatsaktes am Übergang Rabuiese. Er nickte zufrieden und las den beigelegten blauen Coupon, der ihm einen bevorzugten Parkplatz in nächster Nähe des Festzelts zuwies.
Alles war glattgegangen. Doch wenig später mußte er erfahren, daß Manfredi ihn gelinkt hatte. Der Anruf riß ihn aus dem Tiefschlaf, in den er, erleichtert über den Ausgang des Tages, gesunken war. Er war mit sich zufrieden gewesen und froh, wenigstens eines seiner Probleme bereinigt zu haben. Nun konnte er auch dem Befehl Mervec’ nachkommen. Während er nach dem Telefon tastete, sah er die Zeiger des Weckers. Seit seinem Besuch waren keine drei Stunden vergangen. Was wollte Mario jetzt schon wieder?
»Du hast ein Problem, Dean, und ich möchte nicht in deiner Haut stecken.« Sein Verbindungsmann aus Izola sprach mit einer Stimme, wie sie selbst der pathetischste Pfaffe nicht zur Beerdigung des Teufels schaffte. »Die Ware ist getürkt.«
»Was?« rief Dean mit heiserer Stimme. »Erzähl keinen Mist. Ich habe das Paket aus der Kloake gefischt, genauso wie Manfredi es dort versenkt hatte.«
»Du weißt, wie mit Verrätern verfahren wird – und mit denen, die auf eigene Rechnung arbeiten und die Familie linken wollen.«
»Es ist nicht meine Schuld.« Dean räusperte sich mehrfach und fingerte nervös eine Zigarette aus der Packung. »Was ist drin in dem Paket?«
»Nur Material, mit dem man Stoff verschneidet. Backpulver und E421, Mannit, Babyabführmittel aus der Apotheke. Junge, Junge, daß das ausgerechnet dir passiert. Du hast Zeit bis morgen abend.«
»Aber …« Er wurde sofort unterbrochen. Die Glut seiner Zigarette fiel auf seinen Wanst und sengte ein weiteres Loch in den Pullover.
»Manfredi war dein Mann«, sagte Mario kurz angebunden. »Unsere Freunde aus Mailand sind ziemlich unbeherrscht. Denk dran. Morgen abend. Entweder die Ware oder das Geld. Sie dulden keine Verspätung.«
»Wir arbeiten seit Jahren zusammen, und du unterstellst mir …« Doch Deans Worte verklangen im Nichts. Er hörte nur noch das Tuten im Telefon. Kalter Schweiß stand auf seiner Stirn. Aufgebracht fegte er die Asche vom Pullover und ging nervös durch das Zimmer. Er war entsetzlich in der Klemme. Zum einen drohte Mervec damit, ihn auffliegen zu lassen, und hatte dazu alle Möglichkeiten. Trotz seines Unbehagens mußte er deshalb für Manfredi einspringen. Warum bloß hatte das Schwein sich umbringen lassen? Und dann auch noch betrogen, wie Mario behauptete? Zum anderenkonnte selbst er nicht eine so große Menge Kokain in der Kürze der Zeit auftreiben. Er wußte genau, was ihm drohte, wenn er nicht für den Schaden geradestand. Dean schaute auf die Uhr, dann setzte er Kaffee auf. So sehr es ihn schmerzte, blieb ihm in dieser vertrackten Situation nichts anderes übrig, als sich in den Wagen zu setzen und nach Klagenfurt zu fahren. Er wäre an diesem Morgen einer der ersten Kunden der Bank und würde von seiner eisernen Reserve noch heute zweihundertfünfzigtausend Euro abheben.
*
»Man weiß nie, also rechnen Sie auf alle Fälle damit, daß die übergeordnete Dienststelle in Koper den Fall an sich zieht«, sagte Kommandant Mirko Rožman. »Ich hab den ganzen Morgen kaum etwas anderes getan, als Berichte zu schreiben.«
Sie saßen beim Mittagessen auf der slowenischen Seite des Karsts in der »Gostilna Ravbar« in der Ortschaft Dutovlje, die er vorgeschlagen hatte. Zum ersten Mal durchfuhr Laurenti die Grenze ohne Stop, dabei hatte er bereits einen halben Kilometer vorher nach seinem Ausweis getastet.
»Man hat mich seit längerem auf
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