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Die Ruhelosen

Die Ruhelosen

Titel: Die Ruhelosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minelli Michele
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Kursaal, dann dirigierte er bis zum Neujahr 1922 das Orchester im Hotel Central. Daneben leitete er bereits seit dem 1. Mai 1920 eine kleine Fabrik für Sporthüte an der Rue de la Madeleine 9, was ihm in der Folge eine bessere Garantie für Stabilität zu bieten schien als seine erste Berufung, auf welche er demzufolge verzichtete, um seinem Handel neuen Schwung zu verleihen, der heute trotz der allgemeinen Krise auf einem guten Wege der Entwicklung sich zu befinden scheint. Er beschäftigt zurzeit vier Arbeiter.
    Um seinem Handelsgeschäft die Ausdehnung zu verschaffen, welche er glaubt, dass sie nehmen könnte, hat er sich mit Herrn Wassermann verassoziiert. Mit seinem Sozius, unter dem Namen Israël & Cie., nehmen sie in Aussicht, größere Räume an der Av. Fleurette (Eigentum von Herrn Wassermann) zu beziehen, um dort eine erweiterte Fabrik aufzubauen, die außerdem der Herstellung von Leder- und Gummimänteln dient.
    Wenn er auch erst begonnen hat, genießt Herr Israël das Vertrauen der Kaufleute, welche mit ihm zu tun haben. Andererseits lauten alle Auskünfte, die über ihn und seine Ehefrau erhältlich gewesen sind, günstig. Was als gut erstellt betrachtet werden kann, ist die vollständige Ehrenhaftigkeit dieser beiden, an welcher keinerlei Zweifel besteht. Sie werden wärmstens durch jene Personen empfohlen, bei welchen sie möbliert wohnhaft waren, bevor sie ihre gegenwärtige Wohnung bezogen haben. Sie haben auch im Kursaal sowie im Hotel Central den besten Eindruck hinterlassen.
    Herr Janet, Eigentümer der Nr. 80 an der Av. D’Echallens, Angestellter der Bank Crédit Suisse, der sich mit mir in
Kenntnis der Tatsachen unterhalten hat, gibt über sie die beruhigendsten Auskünfte sowohl was ihr Privatleben als auch ihre kommerzielle Situation anbelangt, und spricht sich voller Vertrauen in die Zukunft des Handelsunternehmens aus.
    Herr Israël erscheint insbesondere als ein solider und arbeitsamer Mann, dem jegliche moralische Garantie eignet. Er betätigt sich in keinen Vereinen und bindet sich nur sehr wenig in seinen besonderen Beziehungen. Er ist insbesondere als Musiker bekannt. Politik scheint nicht seine Rolle zu sein.
    Seine finanzielle Situation ist gut. Zu Zeiten, als er Orchesterchef war, wobei er zusammen mit seiner Ehefrau spielte, verdiente er im Mittel 800 bis 900 Fr. im Monat, was ihm erlaubt hat, die erforderlichen Ersparnisse im Hinblick auf die Ausübung seines Handelsgeschäftes zu machen, in welchem er erklärt, 20‘000 Fr. eingelegt zu haben. (Dies wird durch Herrn Wassermann bestätigt.) Im Steuerregister hat er jedoch kein Vermögen deklariert, woraus geschlossen werden kann, dass seine Steuererklärung nicht sehr konform ist. Er bewohnt eine Vierzimmerwohung und bezahlt eine Miete von 1600 Fr. im Jahr.
    Der Gesuchsteller befindet sich in einem ordentlichen Verhältnis zu seinem Land. Er ist im Besitz einer regulären Aufenthaltserlaubnis, Nr. 40400.
    Die Familie Israël ist israelitisch. Deren Gebrauchssprache ist das Italienische. Der Ehemann spricht fließend das Französische, jedoch mit einem deutlichen italienischen Akzent. Was sein Einbürgerungsgesuch anbelangt, erklärt er, die Schweiz sei das einzige Land, für welches er eine wirkliche Sympathie haben könne; er möchte vor allem seinen Kindern eine Heimat verschaffen, und diese Heimat könne nur deren Geburtsland sein.
    Das Strafregister von Herrn Israël ist weiß, und die Polizei
hat keinerlei Kenntnisse darüber, dass ihm irgendetwas zum Nachteil gereichen würde.
    sig. Fawer
     
    Dokument Nr. 4:
    Auszug aus dem Protokoll des Generalrates der Gemeinde Préverenges
    Sitzung vom 21. Januar 1922
    Vorsitz durch Herrn Fazan, Louis, Präsident
     
    Der Generalrat von Préverenges,
    angesichts des von Herrn Elia Costantino Italo Israël, italienischer Herkunft, wohnhaft in Lausanne, vorgebrachten Ersuchens, in die Zahl der Bürger der Gemeinde Préverenges mit seiner Ehefrau und den beiden minderjährigen Kindern aufgenommen zu werden, angesichts der Meinungsäußerung der Gemeindeverwaltung,
    gewährt Herrn Israël die Erfüllung seines Antrages und ermächtigt die Gemeindeverwaltung, Vormerk zu nehmen von seiner Aufnahme in die Zahl der Bürger von Préverenges, vermittels der Überweisung der Summe von drei Tausend Franken seitens des Interessierten an das Kapital der Armenkasse der genannten Gemeinde, und unter Vorbehalt, dass ein Einbürgerungsdekret durch den Großen Rat des Kantons Waadt zugunsten der Familie

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