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Die Ruinen von Gorlan

Die Ruinen von Gorlan

Titel: Die Ruinen von Gorlan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Flanagan
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aneinander. Nun, da er die Gründe für das Zaudern des Jungen kannte, ärgerte er sich beinahe über sich selbst, weil er das nicht gleich begriffen hatte. Schließlich wusste er selbst viel besser über den Bund der Waldläufer Bescheid, als man es von einem Jungen erwarten konnte, der gerade fünfzehn geworden war und ständig das abergläubische Gerede des Gesindes zu hören bekam.
    »Die Waldläufer sind ein geheimnisvoller Bund«, sagte er. »Aber es gibt keinen Grund, weshalb man vor ihnen Angst haben müsste – außer man ist ein Feind des Königreichs.«
    Er konnte sehen, dass der Junge ihm atemlos zuhörte, und fügte scherzend hinzu: »Du bist doch kein Feind des Königreiches, oder, Will?«
    »Nein, Mylord!«, rief Will erschrocken aus. Der Baron seufzte wieder. Er hasste es, wenn die Leute nicht merkten, dass er einen Scherz machte. Unglücklicherweise wurden die Worte eines Lehnsherrn von den meisten Leuten immer mit großem Ernst aufgenommen.
    »Schon gut, schon gut«, sagte er beruhigend. »Ich weiß, dass du das nicht bist. Aber glaub mir, ich dachte, du würdest dich über diese Wahl freuen. Ein abenteuerlustiger Kerl wie du sollte die Möglichkeit, Waldläufer zu werden, als Glücksfall betrachten. Es ist eine große Chance für dich, Will.« Er machte eine Pause, betrachtete den Jungen und bemerkte dessen Zweifel. »Nur wenige werden dazu auserwählt, Waldläufer zu werden, weißt du.«
    Will nickte. Aber er war immer noch nicht restlos überzeugt. Er dachte, er schulde seinem Traum, in die Heeresschule zu kommen, wenigstens einen letzten Versuch. Zumal der Baron in ungewöhnlich guter Laune zu sein schien.
    »Ich wollte immer Ritter werden, Sir«, sagte er vorsichtig, aber der Baron schüttelte sofort den Kopf.
    »Deine Talente liegen auf einem anderen Gebiet, Will. Walt weiß das schon lange. Deshalb will er dich ausbilden.«
    »Oh«, stieß Will hervor. Viel mehr konnte er nicht sagen. Er wusste, dass er sich von den Worten des Barons beruhigt fühlen sollte, und bis zu einem gewissen Grad war das auch so. Trotzdem war das Ganze für ihn immer noch schwer zu begreifen.
    »Es ist nur, weil Walt immer so grimmig aussieht«, stieß er hervor.
    »Er hat ganz sicher nicht meinen umwerfenden Sinn für Humor«, stimmte der Baron ihm zu, und als Will ihn verständnislos ansah, murrte er etwas vor sich hin.
    Will wusste nicht, was er getan hatte, um ihn zu verärgern, und hielt es für das Beste, das Thema zu wechseln. »Aber… was tut ein Waldläufer denn eigentlich, Mylord?«, fragte er.
    Erneut schüttelte der Baron den Kopf. »Das soll Walt dir selbst erklären. Die Waldläufer sind eine sonderbare Truppe und mögen es nicht, wenn man zu viel über sie redet. Und jetzt solltest du vielleicht zurück in deine Unterkunft gehen und versuchen, noch etwas zu schlafen. Um sechs musst du dich bei Walt in seiner Hütte melden und das ist schon in wenigen Stunden.«
    »Sehr wohl, Mylord.« Will stand auf. Er war sich nicht sicher, ob ihm das Leben als Lehrjunge eines Waldläufers gefiele, aber anscheinend hatte er keine andere Wahl. Er verbeugte sich vor dem Baron, der ihn mit einem Kopfnicken entließ, und drehte sich um. Der Baron rief ihn noch einmal an. »Will? Diesmal benutze die Treppe!«
    »Sehr wohl, Mylord«, erwiderte er ernst und verbeugte sich erneut. Zu seiner Verblüffung verdrehte der Baron die Augen und murmelte etwas vor sich hin. Und diesmal meinte Will die Worte »Witze machen« und »keiner versteht mich« gehört zu haben.
    Will ging hinaus. Die Wachen standen immer noch vor der Tür auf ihrem Posten, aber Walt war verschwunden.
    Oder zumindest schien es so. Bei dem Waldläufer konnte man nie ganz sicher sein.



E s war eigenartig, die Burg nach all den Jahren zu verlassen. Sein kleines Bündel mit Habseligkeiten über die Schulter geschwungen, drehte Will sich am Fuß des Hügels um und betrachtete die trutzigen Mauern.
    Burg Redmont war das eindrucksvolle Wahrzeichen dieser Gegend. Sie war auf einer Anhöhe erbaut und hatte drei Ecktürme. In der Mitte, geschützt von der Ringmauer, befand sich der Burghof und darin der Bergfried  – ein vierter Turm, der die anderen überragte und in dem sich die Empfangsräume und Wohngemächer des Barons befanden, sowie die seiner engsten Vertrauten. Die Burg war aus Eisenstein gebaut – ein Felsgestein, das beinahe unzerstörbar war und bei niedrig stehender Sonne, zum Beispiel am frühen Morgen oder am späten Nachmittag, mit einem roten

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