Die Rumplhanni
muaßt mi geh lassen.« Die Hauserin will nichts davon wissen. »Geh! Schaugst aus, wia 's Lebn! Wia werst denn du krank sei! Bei mir hättst di ja aa haltn kinna!« Aber die Hanni deutet an, daß sie was angestellt hätt und daß sie fürchte, es möchte an der Zeit sein. Da muß sie freilich nachgeben, die Hauserin. Aber sie ist gar nicht erzürnt über die Hanni; es mangelt die Kollerin zum Schüren. »Ja, mei Herrgott!« sagt sie. »A so a Unglück! Is 's do a Richtiger?« – »Ja. A Bauerssohn.« Sie sagts dreist, die Dirn. Die Hauserin wär gern neugierig. Aber die Hanni läßt nichts verlauten. Und so wundert sich die Bäuerin bloß, daß sie es so geheim halten konnte, die Hanni. Und freut sich drüber; denn dann kommt es doch nicht so unter die Leut.
»Aber darnach kimmst wieder!« sagt sie zur Dirn beim Abschied. »Der Bauer werd schaugn! Der is in aller Fruah scho auf Tuntenhausen zum Markt. Ja no. Werdn mir scho firti werdn, derweil, bis d' wieder kimmst. I wünsch dir Glück!« Das ist ein anderer Ton gegen früher!
Die Hanni geht schmunzelnd dem Häusl ihrer Wabn zu. Dort legt sie ihren Sonntagsstaat an, sagt ihrer Großmutter, daß sie einen freien Tag hätt, und geht summend fort, nach Tuntenhausen. Dort kauft sie einen Bogen Schreibpapier und geht auf die Post, wo sie lange herumdrückt, die Feder immer wieder eintaucht und endlich anfängt zu schreiben:
Ich, Lorenz Hauser von Öd bestättige hiermit, daß mein Sohn Simon Hauser und die lödige Johanna Rumpl von Öd als ein effentliches, hochzeitlich versprochenes Prautbaar von mir angekent sind und daß ich bei Heimkommen meines Sohnes sogleich in die Hohzeit wihligen und den Hauserhof dem jungen Ehepaar übergeben wihl mit alles was dazu gehört an lebendigem und toten Infenthar. Öd, am Liechmeßtag 1915...
Langsam vollendet und überliest sie das Schriftstück. Vorsichtig steckt sie es in die Tasche des Unterrockes. Danach mischt sie sich fröhlich und zufrieden unter die Besucher des Jahrmarkts, besieht sich dies und jenes und geht zu guter Letzt am Abend hinein zum alten Postwirt, wo schon männiglich beieinanderhockt, ißt und trinkt und politisiert. Sie setzt sich ins Nebenzimmer; doch sucht sie den Platz so aus, daß sie die Tür der Gaststube im Auge hat und keinen übersieht, der durch sie aus- oder eingeht. Da bleibt sie, läßt sich eine Suppe geben, ein Stück Braten, trinkt auch ein Krüglein Bier dazu und hat mittendrin einen ersehen, auf den sie schon lang wartet – den Hauser. Er ist schon gutding voll, wie es bei einem Bauern am Abend des Markttags halt so Brauch ist. »Alsdann, guate Nacht beinand!« hört sie ihn sagen. »Guate Nacht, Hauser! Guat Nacht!« tönt's zurück, hell oder brummend, wie es die Freundschaft grad erleidet. Die Hanni steht eilends auf und geht in die Kuchel, wo sie der Kellnerin ihre Schuldigkeit bezahlt. Dann läuft sie durch die Hintertür hinaus auf die Gasse und dahin, dem Hauser nach.
Der stapft tiefsinnig durch den Schnee. Ein beißender Sturm fegt über die Felder, jagt große Flocken in wildem Wirbel durcheinander und pfeift hohl herüber vom Wald. Die Hanni zieht erschauernd den Rock über den Kopf, versteckt den feinen schwarzen Seidenfilz mit den goldenen Borten und Quasten unter der Schürze und trabt hastig aus dem Ort. Immer dichter fallen die Flocken, immer undurchdringlicher wird das Gestöber. Die Hanni hört den Hauser brummen und murmeln. Sie blickt um sich; aber weit und breit ist nichts zu erkennen als dies graue Tanzen und Wirbeln; kein Horcher ist zu fürchten. Da eilt sie entschlossen dem Bauern nach, tritt neben ihn und hält mit ihm Schritt: »Grüaß di Good, Hauser!« Der Alt fährt schier erschrocken herum. »Du!? Hab glei gmoant, dei Gspenst waars! Grad hab i an di denkt.« – »Und bal ma an Esel denkt, kimmt er grennt, hoaßts, gell?« – »Ja, bal man 'hn nennt, hoaßts. Daß du da bist?« – »Weil i heunt ausgstanden bin.« – »Was!? Ausgstanden?!« – »Ja, auf a Wocha a zwee.« – »Zwegn was denn?« – »No ... mei,... weil i net recht guat beinand bin.« – »Net guat beinand bist?« Der Hauser schaut sie trotz der Dunkelheit forschend an. Sie hält ihr Gesicht ganz nahe an das seine. »Gell, schlecht schaug i aus!« lacht sie lustig. »I siechs net«, meint er ehrlich. Aber die Dirn faßt seine Hand. »Muaßt halt greifa, balst net siechst!« sagt sie lachend und führt seine Hand an ihre eiskalte Wange. »Gell, i bin scho ganz kalt!« scherzt sie;
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