Die Runde der Rächer
hatte.
»Jeder möchte zu seinem König.«
»Kann sein. Sie jedenfalls werden von ihnen nicht so begrüßt werden.«
»Trotzdem bin ich gespannt auf Ihre Retter.«
»Ach – tatsächlich? Wollen Sie sterben?«
»Bestimmt nicht.«
»Dann denken Sie mal an die beiden anderen Hundesöhne. Das kann Ihnen auch passieren. Denen ist es egal, ob Sie ein Bulle sind oder nicht.« Ethan schaute mich scharf an. »Deshalb gebe ich Ihnen nur den Rat, die Sache hier zu vergessen. Machen Sie einen Punkt, einen Schlussstrich. Gehen Sie in die Kneipe. Saufen Sie sich einen an, aber kümmern Sie sich nicht um mich.«
Auf seine emotionsgeladenen Ratschläge konnte ich gut und gerne verzichten, deshalb stellte ich ihm eine Frage mit sehr konkretem Hintergrund. »Wo wohnen Sie?«
»Was interessiert Sie daran?«
Ich will wissen, wo Sie wohnen, verdammt!«
»Schon gut, keine Aufregung, Bulle. Bei meinen Eltern im Haus. Sie sind im Moment verreist und geben mal wieder viel Kohle auf irgendeinem Kreuzfahrtschiff aus. Aber das Geld haben sie. Wollen Sie noch etwas wissen?«
»Sie leben jetzt allein in dem Haus?«
»Ja. Ich habe das Personal weggeschickt. Noch was?«
»Ja, denn wir werden gemeinsam zu Ihnen fahren.«
Hatte Haycock bisher auf jede Frage eine Antwort gewusst, so wurde er plötzlich sehr still und schüttelte nach einer Weile den Kopf. »He, was habe ich da gehört?«
»Jedenfalls haben Sie sich nicht verhört, Mr. Haycock. Ich werde Sie begleiten.«
»Was soll das?«
Jetzt wurde ich spöttisch. »Ein König ohne Personal? Wie soll das ablaufen? Man kann Sie nicht allein lassen. Sie sind es gewohnt, eine gewisse Dienerschaft um sich zu haben. Und ich kann mir vorstellen, dass ich dieses Personal sehr interessant finde. Vielleicht warten die anderen schon, um Sie zu beschützen.«
Ethan Haycock sagte nichts. Er blieb allerdings auch nicht still sitzen, sondern fing an, sich an bestimmten Stellen seines Körpers zu kratzen, wobei er das Gesicht ebenfalls nicht ausließ. Er sah aus, als wollte er lächeln, und den Mund hatte er bereits geöffnet, doch es wurde nicht mehr als ein verzerrtes Grinsen.
»Alles klar?«, erkundigte ich mich locker.
In seinen Augen flackerte es. Es war der reine Hass. »Nein, Bulle, nichts ist klar! Ich will nicht, dass Sie zu mir nach Hause kommen, haben Sie verstanden?«
»Ja. Nur werden Sie mich und meinen Kollegen nicht daran hindern können. Bisher hat es zwei Tote gegeben. Das sind zwei Tote zu viel. Ich will nicht, dass noch weitere hinzukommen. Das sollten Sie endlich mal einsehen.«
»Ich sehe nichts ein!«, flüsterte er mir zu. »Ich werde meinen Weg gehen, und zwar allein!«
»Irrtum!«
Haycock war aus dem Konzept geraten. Er stand dicht davor, Gewalt auszuüben, aber er wusste, dass er damit nicht durchkam.
Allerdings erlebte ich die Gewalt. Nur nicht hier im Polizeiwagen, denn draußen auf der Straße fielen plötzlich Schüsse...
***
Im Nu war alles anders!
Ethan Haycock wollte aufspringen. Er schaffte es nur halb, denn ich kam ihm dazwischen. Mit einer Hand drückte ich ihn zurück, mit der anderen holte ich die Beretta hervor.
Neben mir hatte sich Suko in die Höhe gestemmt. Wenn er nach draußen wollte, musste er an mir vorbei. Dieser Weg war verdammt eng, sodass er zunächst zurückblieb.
Auch ich sprang nicht aus dem Fahrzeug, sondern blieb geduckt in der Tür stehen.
Ein erster Blick in die Runde.
Es brannten noch Scheinwerfer, aber die leuchteten nicht die gesamte Umgebung aus. Im Hintergrund hörte ich die Rufe der Gaffer und die scharfen Stimmen der Kollegen, die dafür sorgten, dass sich die Menschen wieder in ihre Wohnungen verzogen. Für mich war wichtig, was sich in Sichtweite des Fahrzeugs abspielte, und ich bekam nicht zu sehen, auf wen oder was geschossen worden war.
Allerdings prägte sich ein Bild sehr deutlich bei mir ein, weil es für mich absolut neu war. Chief Inspector Tanner kannte ich schon lange, aber hatte ihn noch nie zuvor mit der Waffe in der Hand und in einer Clint-Eastwood-Haltung stehen sehen. Er hielt sich zwischen dem Polizeiwagen und dem Jaguar auf, den rechten Arme mit der Waffe nach vorn gestreckt und sein Handgelenk dabei mit der Linken abstützend. Ein Dirty Harry, der sich zudem leicht bewegte und ein Ziel suchte.
Einige seiner Leute waren ebenfalls bewaffnet und hielten ihre Schießeisen in den Händen. Aber es fiel kein Schuss mehr. Die beiden ersten hatten ausgereicht.
Da auch für uns keine unmittelbare Gefahr
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