Die Runde der Rächer
Echsenmauls, und die Zähne darin waren auch nicht zu verachten. Eine sehr langgezogene, aber flache Stirn, die an ihrem Ende ansatzlos in den blanken Schädel überging. Starre Augen, eine Affennase, spitze Ohren und eben dieses Maul.
Hinzu kam noch etwas. In der rechten Pranke verschwand der Griff der Waffe. Es war ein langes und nicht blankes Messer. Was auf der Klinge die gewisse Stumpfheit weitergab, stammte vom Rost. Aber nicht nur davon, denn an einigen Stellen schimmerten Flecken wie Ölspuren. Nur dass Öl eben nicht unbedingt rot wie Blut ist, und das hier waren Blutflecken. Keiner von uns brauchte lange zu raten, von wem sie stammten. Wir wussten, dass einer der Mörder vor uns lag. Und zwar derjenige, der den blonden jungen Mann getötet hatte.
»Es sind zwei gewesen, John.«
»Ich habe keinen gesehen.«
»Dito.«
»Es kann sein, dass der andere verschwunden ist. Sonst wäre er seinem Artgenossen zu Hilfe gekommen.«
»Willst du dich wirklich darauf verlassen?«
Ich stöhnte leise auf. »Nein, das will ich nicht. Dann werden wir den Hof mal durchsuchen.«
Die Sache dauerte nicht lange. So gut wie möglich leuchteten wir in jede Ecke hinein. Wir ließen auch die beiden großen Müllcontainer nicht aus, aber dort hatten wir ebenfalls Pech. Es war kein zweites Monster zu finden.
»Soll ich dich jetzt fragen, John, wo es sein könnte?«
»Kannst du machen.« Wir waren vor den Containern stehen geblieben, denn von hier aus hatten wir den besten Überblick, aber auf dem Hinterhof bewegte sich außer uns niemand.
»Der ist weg, Suko!«
»Ja. Das denke ich auch. Und wohin?«
»Zurück in seine Welt.«
»Toll. Und warum schaffen wir das nicht?«
»Weil wir den Weg nicht kennen. Was sich allerdings bald ändern wird.« Ich warf einen letzten Blick auf die tote Kreatur. Das geweihte Silber hatte seine Pflicht getan und das Wesen getötet. Aber damit war es noch nicht beendet, denn es ging weiter. Es steckte kein Leben mehr in ihm. Uns kam es vor wie ein dicker Klumpen, dem allmählich die Flüssigkeit entzogen wird, sodass er austrocknet.
Als ich mit der rechten Fußspitze gegen ihn kickte, war das leise Knirschen nicht zu überhören.
Die zweite Kreatur würden wir hier nicht finden. Davon waren wir mittlerweile überzeugt. Deshalb hinderte uns auch nichts daran, den Rückweg anzutreten.
Wir waren nicht euphorisch, sondern verhielten uns ebenso wie auf dem Hinweg. Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste. Nur hielten wir jetzt die kleinen Lampen eingeschaltet, um nicht durch den Dreck und Abfall an den tiefsten und dichtesten Stellen zur stolpern.
Es ging alles glatt. Auf der Straße hatte sich einiges verändert. Die beiden Toten waren in der Zwischenzeit weggeschafft worden, und auch die Gaffer hatten sich um einen nicht geringen Prozentsatz vermindert. Die Hälfte von Tanner’s Leuten war abgezogen. Allerdings hatte Tanner selbst nicht den Rückzug angetreten. Er stand noch immer vor dem Wagen, in dem wir die beiden Zeugen verhört hatten. Er wirkte wie ein Feldherr, der ein leeres Schlachtfeld überblickt, weil ihm die Soldaten weggelaufen waren.
Suko blieb stehen und schüttelte leicht den Kopf. »Irgendwas stimmt mit ihm nicht.«
»Was stört dich denn?«
»Es ist seine Haltung. Tanner sieht aus wie jemand, der ein Verlierer ist.«
»Unsinn. Doch nicht er.«
»Warte es ab, John.«
Da war ich wirklich gespannt. Wir gingen näher und überquerten die Straße, die für mich nichts anderes war als ein Flickenteppich, der mal gestopft hätte werden müssen. Obwohl Tanner uns sehen musste und sicherlich auch hatte, reagierte er nicht. Er schaute zu Boden auf seine Schuhe und hob erst den Kopf, als wir vor ihm standen.
Sein Knittergesicht sah noch zerknitterter aus, als er uns anschaute.
»Ich habe einen Schuss gehört«, sagte er leise.
»Das waren wir.«
»Und?«
Ich wunderte mich über seine leise Stimme, fragte allerdings nicht nach den Gründen, sondern lieferte die Erklärung und erzählte ihm, dass wir es geschafft hatten, eine Kreatur zu erledigen.
Es war zu sehen, wie er tief Luft holte. »Wenigstens etwas«, stieß er hervor.
»Das hörte sich bei dir nicht gut an«, meinte Suko. »Überhaupt, du kommst mir so verändert vor.«
Er lachte schnarrend und schüttelte den Kopf. Sein Hut blieb dabei oben und verrutschte nicht mal. »Ihr kennt mich lange genug, und meine Frau kennt mich auch. Sie ist immer der Meinung, dass ich zu einer Maschine werde, wenn es um meine Arbeit
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