Die Runde der Rächer
etwas hinzog. Ethan suchte nach Worten. Er fuhr über sein Gesicht hinweg, eine Geste der Verlegenheit. Dann deutete er sogar eine Verbeugung an, um dem König zu zeigen, wie sehr er ihn verehrte.
Aber Justin übernahm das Wort. Und wieder hallte die Stimme nach, als käme sie aus einer Gruft. »Es ist viel Zeit vergangen, und ich habe lange suchen müssen, um einen Nachfolger zu finden. Du bist aus meinem Stamm hervorgegangen. Er ist nicht ausgestorben. Viele sind geboren und gestorben. Ich habe immer wieder gesucht, aber in der langen Zeit keinen gefunden, der mein Nachfolger werden könnte, um auf meinem Thron Platz zu nehmen. Jetzt aber ist mir das Schicksal günstig entgegengekommen, und ich fand dich. Du wirst der neue König von Cumbria sein...«
Ethan wusste es, wir hatten es gehört, und wir waren gespannt, wie er mit der neuen Situation umgehen würde. Es war ein Wahnsinn, was Justin vorhatte. Er wollte einen jungen gesunden Mann an seine Stelle setzen, um über die Kreaturen herrschen zu können. Das würde Ethan nicht schaffen. So etwas schaffte niemand. Wenn er einwilligte, dann war er lebendig begraben wie auch Justin.
Ethan hatte zugehört, die Worte verarbeitet, und schüttelte jetzt den Kopf. »Aber ich kenne keinen König vom Cumbria. So etwas gibt es nicht bei...«
»Das stimmt«, unterbrach Justin ihn. »Das kann es auch nicht mehr geben, denn ich war der Erste und zugleich der Letzte. Ich lebte in anderen Zeiten, die längst vergessen sind. Ich habe mich immer als einen besonderen Herrscher betrachtet, weil ich nicht so sein wollte wie die anderen. Ich habe hinter die Dinge geschaut. Ich bin mit Druiden zusammen gewesen. Ich habe bei den Eichenkundigen gelernt. Ich habe ihnen eine Wohnstatt gegeben. In meinem Reich fühlten sie sich wohl. Wir sind zu Freunden geworden, und sie versprachen mir, mich in ihrem Reich aufzunehmen. Ich wollte leben. Ich wollte bei ihnen sein. Ich wollte von ihnen lernen, und ich habe von ihnen gelernt, das kannst du mir glauben. Ich war immer ein Freund für sie. Als Menschen stellten sie mich an die gleiche Stelle, und als ich merkte, dass mein Ende nahte, da habe ich mich an sie gewandt und sie gefragt, was ich machen soll.« Er hob seine Schultern mit einer schwerfälligen Bewegung an und ließ sie wieder sinken. »Sie gaben mir einen Rat, den nur Freunde geben können. Ich starb nicht in meiner Welt, sondern in der ihren. Ja, ich wurde vor meinem Tod in ihr Totenreich geschafft. Man begrub mich in diesem magischen Berg, damit ich hier so lange weiterleben kann, bis ich aus meinem Geschlecht einen Nachfolger gefunden hatte. Jetzt ist es so weit. Du bist mein Nachfolger, und ich stehe dicht vor meiner Rückkehr...«
Zumindest Ethan, Suko und ich hatten jedes Wort verstanden. Wir waren auch schlauer geworden, aber das mit dem Nachfolger hatte sich nicht eben gut angehört. Da hatten nicht nur Suko und ich unsere Probleme, sondern auch Ethan.
Zum ersten Mal seit wir ihn in dieser Totenwelt gesehen hatten, benahm er sich unsicher. Er sagte nichts, doch er hatte über das Gehörte nachgedacht, und das erschien ihm nicht eben positiv zu sein. Er wirkte wie jemand, der allmählich erwacht. Er stellte endlich eine Frage.
»Ich soll dein Nachfolger werden?«
»Das habe ich vorgesehen.«
»Aber ich bin kein König.«
»Du entstammst meinem Geschlecht. Das habe ich gespürt, und ich habe dich auch endlich gefunden.«
Ethan Haycock war durcheinander. Plötzlich stürmte alles auf ihn ein. Er bewegte seinen Kopf. Er schaute dabei in die Runde. Er sah auch uns, er musste uns einfach sehen, doch er tat so, als wären wir nicht vorhanden.
»Du solltest dich freuen, Ethan, und daran denken, dass meine Untertanen dich gerettet haben. Seit ich wusste, wer du bist, habe ich dich beschützen lassen. Du hast es nur nicht richtig bemerkt, und das war auch gut so. Aber du hast dich auf deine neue Aufgabe vorbereiten können, denn du wirst meinen Platz hier einnehmen.«
Es war Ethan Haycock noch immer nicht geheuer, was ich leicht nachvollziehen konnte. Plötzlich ein König zu werden ist die eine Sache und schon außergewöhnlich genug. Aber einer zu sein, der in einer fremden Dimension lebt und dort seine Zeit verbringen soll, ist schon etwas anderes. Außerdem stellte ich mir die Frage, was mit King Justin passierte, wenn Ethan ihn abgelöst hatte.
Ein Spaß war das sicherlich nicht. Für mich war Ethan noch längst nicht aus der Klemme.
»Ich bin ja deinem Ruf gefolgt«,
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