Die Runen der Erde - Covenant 07
verrückte Idee im Kopf herumspukt, wir bräuchten nur den Meistern zu entkommen und alles wäre gut, solltest du gleich wieder heimreiten. Sie sind das kleinste unserer Probleme.« Das absolut kleinste. »Kommst du mit mir, kann ich dir nichts als Schmerzen und den Tod versprechen.«
An dieser Stelle machte sie von der Gefahr des Gesagten betroffen halt. Entschloss Liand sich jetzt zur Umkehr – was wirklich besser gewesen wäre –, musste sie allein mit Covenants Ring, ihrem nachlassenden Sinn für das Gesunde und Aneles bruchstückhaften Wegweisungen zurechtkommen.
Aber sie hatte aus dem jungen Mann einen Zornesfunken geschlagen. Er funkelte sie an, nahm die Schultern zurück und setzte sich im Sattel auf, bis er sie hell von der Sonne angestrahlt turmhoch zu überragen schien.
»Linden Avery«, erwiderte er streng, »hast du nicht gesagt, dass du vor längst vergangenen Jahren schon einmal in Steinhausen Mithil gewesen bist? Hattest du damals den Eindruck, dass die Steinhausener leichtsinnig mit ihrem Wort umgehen oder sich leicht vom Pfad ihrer Überzeugungen und Entscheidungen abbringen lassen?«
Sie schüttelte hilflos den Kopf, erinnerte sich mit Bedauern und Bewunderung an Sunder. Der Steinmeister, den sie gekannt hatte, hatte ungeachtet aller Konsequenzen zu seinen Entscheidungen gestanden. Ohne ihn hätten Covenant und sie nicht überleben können.
»Sollten sie es getan haben«, fuhr Liand fort, »dann haben wir uns seither gewaltig weiterentwickelt und bereuen nicht, was wir geworden sind. Mein Herz ist nicht so flatterhaft, dass ich meinen Wunsch, dir zu helfen, widerrufen würde, nur weil die Gefahr groß ist. Ich habe deine Zweifel nicht verdient. Und ich werde dich nicht im Stich lassen.«
Linden senkte den Kopf, um ihre plötzlichen Tränen zu verbergen. Seine unerwartet würdevolle Art duldete keinen Widerspruch. Und ohne Vorwarnung sah sie jetzt, dass er denselben Standpunkt einnahm, den sie vor zehn Jahren eingenommen hatte, als sie sich in die für Covenant qualvolle Betreuung Joans eingemischt hatte. Damals hatte Covenant sie mit einfachsten, aufrichtigsten Worten gewarnt. Sie wissen nicht einmal, was hier vorgeht. Sie würden es auch nicht begreifen. Und Sie sind nicht aus freiem Willen hier.
Aber auch sie hatte es abgelehnt, sich umstimmen zu lassen, und für ihre Unnachgiebigkeit hatte sie einen hohen Preis gezahlt. Trotzdem hatte sie gelernt, nichts davon zu bedauern. Sogar ihre Zeit in Schwelgenstein, wo der Wüterich Samadhi ihre Seele mit Bösem berührt hatte, war letztlich wert gewesen, was sie gekostet hatte. Und weil sie weder den Weitblick noch die Klugheit besaß, um Liand jetzt versichern zu können, er irre sich, blinzelte sie Tränen aus ihren Augen und sah dann wieder zu ihm auf. »Entschuldige. Ich habe es nicht so gemeint. Ich zweifle nicht an deiner Aufrichtigkeit – oder an deinem Wort, denn ich erkenne recht gut, was für eine Art Mann du bist. Alles, was ich versuche, ist, mir selbst gegenüber ehrlich zu sein. Ich war schon einmal in einer ähnlichen Lage, wie du es jetzt bist. Ich bin einem Mann begegnet, der Hilfe brauchte. Ich wollte ihm helfen.« Um meiner selbst willen helfen. »Und ich hätte mir nie vorstellen können, worauf ich mich damit eingelassen habe. Hätte ich vorher gewusst, wie schlimm es werden würde, hätte ich es wahrscheinlich nicht geschafft. Aber ich wäre nicht die Frau, die ich jetzt bin, wenn ich mich nicht geweigert hätte, ihn zu verlassen.«
Während sie sprach, legte Liands Empörung sich allmählich. Die Art, wie seine Schultern sich lockerten, zeigte ihr, dass er ihre Entschuldigung annahm. »Ich höre dich, Linden Avery«, sagte er nachdrücklich. »Ich helfe dir gern.«
»Gut«, antwortete sie überzeugter als zuvor. »Dann sollten wir gleich aufbrechen. Ich habe schon zu viel Zeit vertan.« Vielleicht, so dachte sie, kamen sie besser voran, solange Anele schlief. Sie konnte nicht vorhersagen, wie er reagieren würde, wenn er aufwachte.
Liand nickte zustimmend und trieb Somo mit den Hacken an, damit er sich in Bewegung setzte.
Jetzt werden sie dich zur Strecke bringen ...
Indem sie ihre letzten Reserven mobilisierte, trabte Linden neben Liand her, der schräg über die Hügel zu höher gelegenem Gelände hinaufritt.
8
Ins Gebirge hinein
Zunächst war der Aufstieg nicht allzu mühsam. Die Hügel waren noch keine richtigen Vorberge, und Liand ritt sie schräg hinauf, um zum Talschluss zu gelangen. Trotzdem
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