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Die Runen der Erde - Covenant 07

Die Runen der Erde - Covenant 07

Titel: Die Runen der Erde - Covenant 07 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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von Schwelgenstein ein Nachhutgefecht zu liefern.
    Aber Linden merkte von alledem nichts. Da sie bewusst alle Ablenkungen ausgeblendet hatte, sah sie nicht, dass die Horde ihr Tempo verringert hatte und ihren Feinden gestattete, sich vor ihr zurückzuziehen. Die Dämondim legten es anscheinend nicht darauf an, ihre letzten Abkömmlinge und die überlebenden Krieger abzuschlachten, sondern zogen es vor, ihre Gegner vor sich her in die illusionäre Sicherheit von Schwelgenstein zu treiben. So ließen sie sich die Gelegenheit für ein Massaker entgehen.
    Während Hyns Hufschläge auf dem harten Boden klapperten, zählte Linden Aneles Puls, bis sie zu glauben begann, sein Herz werde durchhalten; seine angeborene Stärke habe ihn irgendwie gerettet. Dann vergrößerte sie ihren Wahrnehmungsbereich allmählich, bis er auch Staves Verletzungen und Hynyns schwerfälligen Gang umfasste.
    Sie würden überleben, weil Linden entschlossen war, sie nicht sterben zu lassen. Sie hatte schon zu viele Menschen verloren, die ihr vertraut hatten, und war der Rettung ihres Sohns dabei keinen Schritt näher gekommen. Jetzt war sie erleichtert, als sie erkannte, dass die beiden nicht in unmittelbarer Gefahr schwebten.
    Hynyn hatte zu viel Blut verloren; der Hengst litt akute Schmerzen. Trotzdem waren seine Verletzungen weniger schwer als die Staves. Der Puls des Meisters war schwach und unregelmäßig, durch Schmerzen gehemmt, und seine Verbrennungen, die durch Spuren von Vitriol der Dämondim verschlimmert wurden, brannten wie Feuer. Ein gewöhnlicher Mensch wäre daran längst gestorben, aber selbst Staves übernatürliche Zähigkeit konnte irgendwann versagen, wenn seine Wunden nicht bald behandelt wurden. Das linke Auge war bereits verloren, und die anderen Verletzungen waren noch schlimmer. Linden war sich nicht einmal sicher, ob die Theurgie des Stabes ausreichen würde, um ihn zu retten – und die Überlieferungen der Meister verboten wahrscheinlich den Gebrauch von Heilerde. Linden fluchte leise. Der Preis, den andere ihretwegen zahlen mussten, weil sie tat, was sie für richtig hielt, begann unerträglich hoch zu werden.
    Sie achtete auf nichts außer die Leiden ihrer Gefährten, während die Ranyhyn aus hellem Sonnenschein ins Dunkel des Tunnels unter dem Wachtturm jagten. Für einen langen Augenblick erzeugten ihre Hufe einen Tumult aus Steingeklapper und Echos, sodass sie durch Rückstände des Kampfes, den sie soeben hinter sich gelassen hatten, zu galoppieren schienen. Dann brachen sie in dem von Wällen umgebenen Innenhof, der die Verbindung zwischen Turm und Feste herstellte, wieder in warmen Sonnenschein hervor; und dort machten die Ranyhyn schnaubend halt, kamen erschöpft und steifbeinig zum Stehen.
    Vor ihnen lagen die massiven inneren Tore von Schwelgenstein; sie standen offen, als hießen sie die Verfolgten willkommen. Aber die Vorhalle dahinter wurde nicht von Lampen oder Fackeln erhellt, und aus dem weiten Rachen von Schwelgenstein gähnte nur Finsternis.

10

Gefährdete Zuflucht
     
     
    Als Linden Avery zum dritten Mal in ihrem Leben Schwelgenstein betrat, sehnte sie sich nach Licht.
    Eigentlich kannte sie die hohe Vorhalle gut. Hier hatte sie gegen die Sonnengefolgschaft und na-Mhorams Zorn gekämpft und schließlich gesiegt. Aber jetzt war es finster hier, und Linden konnte nichts sehen, was ihr die Gewissheit gegeben hätte, sich in vertrauter Umgebung zu befinden.
    Die Meister kamen anscheinend ohne Beleuchtung aus. Ihr Sehvermögen war scharf, und ihre Sinne wurden nicht von Kevins Schmutz beeinträchtigt. Linden hingegen konnte bereits spüren, wie ihre Wahrnehmungsgabe nachließ, wie der über dem Land liegende giftige Dunst sie erodierte. Bald würde sie ihre gesamte Umgebung nur noch oberflächlich, nicht in die Tiefe gehend wahrnehmen können, würde allem gegenüber, das nicht offenkundig war, blind sein. Doch noch war es nicht so weit. Der Stab des Gesetzes in ihren Händen hielt sie aufrecht, auch wenn sie sich zu ermattet fühlte, um den Kopf hochzuhalten.
    Sobald Linden und die anderen sich in das einem Schiffsbug gleichende Vorwerk von Schwelgenstein gerettet hatten – ihre Gefährten auf ihren Ranyhyn, die abgekämpfte und erschöpfte Dämondim-Brut, die Haruchai, die der Horde entkommen waren, und die meisten ihrer Pferde –, wurden die schweren Tore geschlossen, die unter dem Wachtturm ebenso wie die auf den Innenhof führenden. Die Dämondim waren zu langsam vorgerückt, um weitere

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