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Die Runen der Erde - Covenant 07

Die Runen der Erde - Covenant 07

Titel: Die Runen der Erde - Covenant 07 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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durch zwei schwere Glastüren hintereinander gesichert. Nachts war die äußere Tür abgesperrt. Leute, die hier arbeiteten, nutzten den Personaleingang, für den sie eigene Schlüssel hatten. Besucher, die nach 20 Uhr kamen, mussten klingeln, damit die Nachtschwester oder ein Krankenpfleger kam; sie wurden erst eingelassen, wenn sie sich über die Gegensprechanlage neben der Tür identifiziert hatten.
    Offenbar hatte jemand sich geweigert, Roger einzulassen.
    Sara Clint war die Nachtschwester, wer waren die Pfleger gewesen? Durch Rogers Gewalttätigkeit verwirrt, konnte Linden sich nicht gleich an sie erinnern. Dann fielen ihr die Namen ein: Avis Cardaman und Harry Gund. Harry hätte keinen Eindringling abwehren können. Er war ein sommersprossiger junger Mann, immer sehr freundlich und ein wahres Genie, wenn es um Papierkram ging; aber er schreckte schon zurück, wenn er eine laute Stimme hörte. Im Gegensatz zu ihm war Avis ein Muskelmann, der sich geradezu danach drängte, Verantwortung zu übernehmen, und dessen sanfte Art seine ungeheuren Körperkräfte tarnte. Linden hatte schon oft vermutet, er könne sogar die Wandfarbe einschüchtern, wenn er sie für eine Gefahr für seine Patienten hielte.
    Hatte Roger es geschafft, Joan trotz Avis zu entführen? Wie viele weitere Opfer hatte er in seinem Kielwasser zurückgelassen?
    Sie holte rasch tief Luft, um neuen Mut zu fassen, zog die äußere Tür auf, öffnete dann auch die innere und betrat mit großen Schritten die Eingangshalle.
    Der verhältnismäßig kleine Raum war voller Polizeibeamte: Sheriff Lytton und mindestens sechs seiner Deputies. Alle sahen Linden entgegen, als sie hereinkam. Hinter ihnen bemannte Harry Gund die Empfangstheke. Er wirkte ängstlich und trotzig zugleich, als hätte er sich irgendwie blamiert und wollte diese Kluft jetzt durch demonstratives Pflichtbewusstsein auswetzen. In seiner Nähe standen eng umschlungen Maxine Dubroff und ihr Mann Ernie.
    Über die Schultern der Uniformierten hinweg suchte Linden hastig die Eingangshalle ab, ohne eine Spur von Sara Clint entdecken zu können. Hilflos fragte sich Linden, wie ihre Patienten auf Schüsse und nächtliches Durcheinander reagiert haben mochten.
    Gleich hinter der Tür, fast vor ihren Füßen, lag Bill Coty tot in einer Blutlache. Er trug die marineblaue Uniform des Sicherheitsdiensts und hatte sein Handfunkgerät und seinen Gummiknüppel am Gürtel. Blutspritzer trübten den Glanz seines wertlosen silbernen Abzeichens, aber das kleine Gürtelhalfter war leer. In einer schlaffen Hand hielt er eine Dose Pfefferspray – die einzige von der Versicherung des County Hospitals genehmigte ›Waffe‹. Roger hatte ihm offensichtlich keine Gelegenheit gegeben, sie einzusetzen. Aus den Trümmern des zerschmetterten Schädels ragten weiße Haarsträhnen. Rogers Kugel hatte die linke Schläfe durchschlagen; die Austrittswunde am Hinterkopf war eine Ungeheuerlichkeit aus Knochen und Gehirnmasse. Eine dunkle Blutspur, die sich über eine Wange zog, unterstrich das Entsetzen in Bills blicklosen Augen.
    Linden sank instinktiv neben ihm auf die Knie, wollte nach ihm greifen, als glaube sie, die Berührung ihrer Hände könne ihn irgendwie ins Leben zurückholen. Aber der Sheriff hinderte sie daran.
    »Nicht anfassen!«, blaffte Lytton. »Die Spurensicherer waren noch nicht da.«
    Als ob irgendein Zweifel an der Todesursache bestünde.
    Linden schlug kurz die Hände vor das Gesicht, als könnte sie den Anblick von Bills lebloser Gestalt nicht ertragen, ließ sie jedoch fast sofort wieder sinken; gleichzeitig hörte ihr Zittern auf, als sei ein Aspekt ihrer Sterblichkeit von ihr abgefallen. Nun war der Zeitpunkt gekommen, die Gefahr beim Namen genannt, und sie roch nach Kupfer und Asche. Linden erhob sich grimmig, um sich ihr zu stellen.
    Bills Blut begann bereits zu gerinnen. Wie viel Zeit war seit seinem Tod vergangen? Eine halbe Stunde? Eine Stunde?
    Wie viel Vorsprung hatte Roger?
    »Doktor Avery«, knurrte Barton Lytton, als sie sich ihm zuwandte. »Wird allmählich Zeit ...« Er war ein barscher, stämmiger Mann mit der Gabe, größer zu wirken, als er tatsächlich war. Obwohl er in Wirklichkeit nicht größer als Linden war, schien er sie zu überragen. Diese seine besondere Eigenschaft trug zweifellos dazu bei, dass er ständig wiedergewählt wurde; er erschien den Leuten dominierend, effektiv. Meistens trug er eine Pilotenbrille mit verspiegelten Gläsern, aber diesmal steckte diese gegenüber

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