Die Runen der Erde - Covenant 07
im Kamin Feuer machte, indem sie Kienholz mit einer der Öllampen anzündete und größere Scheite nachlegte, bis es hell brannte. Dann ging sie wieder ins Bad.
Den Stab beiseite zu legen kostete sie bewusste Überwindung, aber sie brauchte ein Bad. Nachdem sie den Stab an eine Wand gelehnt hatte, ließ sie Wasser in die Badewanne laufen und zog sich aus.
Als sie in die Wanne stieg, brannte das kalte Wasser wie Feuer auf ihrer Haut. Es musste aus einer Bergquelle stammen und wurde durch ein System aus Rohren und Leitungen nach Schwelgenstein hinuntergeführt, dessen Felsen es kühl hielten. Aber sie ertrug die Kälte. Sie rieb Arme und Beine, Kopf und Körper mit dem feinen Sand ein und scheuerte sich sauber, bis ihre Haut gerötet war; dann holte sie ihre Kleidungsstücke in die Badewanne und wusch sie ebenfalls. Nur die Grasflecken in ihren Jeans ließen sich nicht wegscheuern, so sehr sie sich auch abmühte. Sie waren ein unauslöschlicher Bestandteil des Gewebes geworden, kryptisch wie Runen.
Bald trieb ihr Zähneklappern sie aus der Wanne. Sie wickelte sich in eines der rauen Badetücher und hastete an das wärmende Kaminfeuer zurück. Dort begann die knisternde Hitze allmählich in ihren Körper einzudringen, lockerte ihre verkrampften Muskeln und vertrieb das tief sitzende Frösteln, bis sie anfing, sich zu entspannen.
Sobald ihr warm war, ging sie ins Bad zurück, wrang ihre Kleidungsstücke aus, nahm sie mit an das Feuer und hängte sie zum Trocknen über die Lehnen zweier Sessel, die sie an den Kamin rückte.
Jetzt wünschte sie sich, sie hätte einen Kamm. Ihr Haar würde schrecklich aussehen, wenn es so trocknete. Aber sie kämmte es am behaglichen Feuer wenigstens mit den Fingern, brachte es so gut wie möglich in Ordnung. Das würde genügen müssen. Für Eitelkeit konnte sie keine Energie erübrigen.
Mit der Entspannung kam der Hunger. Wie Linden die Haruchai kannte, würde einer von ihnen – vermutlich Galt – vor ihrer Tür Wache halten, um sie zu beschützen – oder um Schwelgenstein vor ihr zu schützen. Öffnete sie die Tür, konnte sie ihn um Essen bitten.
Aber das tat sie nicht. Stattdessen blieb sie am Kamin sitzen und starrte in den rätselhaften Tanz der Flammen, während sie sich dazu zwang, über ihre Umstände nachzudenken.
Und über Anele.
Sie überlegte sich, dass sie sich auf den Morgen, auf die angekündigte Konfrontation vorbereiten musste. Natürlich immer vorausgesetzt, dass die Dämondim so lange abgewehrt werden konnten. Noch dringender musste sie sich jedoch irgendeine Kriegslist einfallen lassen, die ihr ermöglichen würde, die Horde zu umgehen und den Donnerberg zu erreichen. Ihren Wunsch, Andelain zu besuchen, hatte sie nicht vergessen. Falls irgendwo im Land noch Rat zu finden war, würde sie ihn dort erhalten. Aber mit jedem Tag, der ihr durch die Finger glitt, vervielfältigten Jeremiahs Leiden sich nur. Da sie jetzt wusste, wo sie ihn suchen musste, beschloss sie, alle anderen Erwägungen hintanzustellen.
Aber sie konnte sich nicht konzentrieren: Ihre müden Gedanken schienen zu zerfließen. Statt Pläne zu schmieden, erinnerte sie sich wieder an den Kampf und das Blutvergießen, die ihr die Flucht vor den Dämondim ermöglicht hatten. Schreckensbilder von gefallenen Haruchai und abgeschlachteten Pferden quälten sie. Schwalle von schimmernder Säure rafften rohe Brocken von Schmerz und Tod dahin, während verschwommene Gestalten mal deutlich, mal weniger deutlich erkennbar waren. Mit Fängen besetzte Dreschflegel aus Smaragdgrün rissen Fleisch in Fetzen und stellten doch nur einen winzigen Teil der potenziellen Bösartigkeit des Weltübel-Steins dar.
Trotz dieser Gefahren war Anele jedoch von Hramas Rücken geglitten, um sich in einen Avatar aus Feuer und Wut zu verwandeln. Sobald seine Füße die nackte Erde berührt hatten, hatte die Verbitterung irgendeines anderen Wesens von ihm Besitz ergriffen.
Er ist verwandelt worden ... genau wie auf dem Versammlungsplatz in der Grenze des Wanderns.
Linden mühte sich, die Bedeutung dieses Vorgangs zu erkennen.
Die Verwundbarkeit des Alten wurde offenbar zumindest in einer Phase seines Wahnsinns durch die Art des Bodens, auf dem er stand, definiert oder von ihr kontrolliert. In den wenigen Tagen, die sie in ihrer richtigen Zeit mit ihm verbracht hatte, hatten seine Füße nur zweimal nackte Erde berührt – und in beiden Fällen hatte er sofort angefangen, vor Hitze und Feuer zu toben. In der Vergangenheit des
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