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Die Runen der Erde - Covenant 07

Die Runen der Erde - Covenant 07

Titel: Die Runen der Erde - Covenant 07 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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geblieben, was sie waren: Haruchai, unversehrt. Sie hätten gewusst, dass sie Verderbnissen wie dem Weltübel-Stein und den Wüterichen nicht gewachsen waren.«
    Das verstand Linden. Auch sie war sich der eigenen Unzulänglichkeit bewusst. Und sie hatte von Thomas Covenant gelernt, dass solches Wissen ein Kraftquell sein konnte.
    »Trotzdem bewirkte der fortgesetzte Gebrauch von Erdkraft weitere Übel«, fuhr Stave fort. »Dreißig und mehr Jahrhunderte lang blieben die Haruchai in ihren Bergen und bei ihren Frauen, bis aus Erinnerungen endlich der Wunsch entstand, mit eigenen Augen zu sehen, was aus dem Land geworden war. Wieder zogen einige von ihnen gen Osten. So entdeckten sie die Sonnengefolgschaft und das Sonnenübel. Diesen Teil ihrer Geschichte kennst du aus eigener Erfahrung. Die Haruchai wurden von der Sonnengefolgschaft eingekerkert. Ihr wildes Blut wurde vergossen, um das Sonnenfeuer zu nähren. Als der Zweifler sie – und dich – befreite, nahmen sie aus Zorn und Widerwillen erneut den Kampf gegen den Verderber auf. Aber sie verfielen nicht wieder in die Schande ihres früheren Hochmuts. Stattdessen begnügten sie sich damit, Thomas Covenant zu dienen, was oftmals schwierig war, dir zu Diensten zu sein und die Bewohner des Landes zu verteidigen. So konnten sie nicht wieder gegeneinander aufgehetzt werden.
    Und der Ur-Lord triumphierte nochmals über seinen Feind. Diese Geschichte hörten die Haruchai von den Riesen der Suche. Und sie hörten auch, Linden Avery die Auserwählte habe einen neuen Stab des Gesetzes erschaffen. Damit hast du über das Sonnenübel triumphiert, um die Wunden des Landes wieder heilen zu lassen.«
    Linden merkte, dass sie nickte, obwohl ihr Genick bei jeder Kopfbewegung schmerzte. Fast unbewusst hob sie den Kopf, um in Staves undurchdringliches Gesicht zu blicken.
    »Die Haruchai wollten einen Dienst, in dem sie ebenfalls triumphieren könnten«, sagte er, »deshalb blieben sie, als du in deine Welt zurückgekehrt warst. Der neue Stab wurde den Bewohnern des Landes übergeben; er ging aber bald verloren, und es gab keine Lords mehr, die die Erdkraft gegen die Mächte der Finsternis hätten verteidigen können. Das Land brauchte unsere Fürsorge.«
    Anele wimmerte, als hätte er einen Albtraum, blieb jedoch der Mauer zugekehrt liegen.
    »Verstehst du mich, Linden Avery? Wir hatten erfahren, dass das Ritual der Schändung und das Sonnenübel Manifestationen der Erdkraft waren. Wir hatten gelernt, dass Erdkraft keinen Dienst vor Schande bewahren konnte – weder unseren noch den der Lords. Wir hatten erkannt, dass die Herzen von Sterblichen schwach sind und der Verderber sich darauf versteht, diese Schwäche auszunutzen. Und wir hatten gelernt, das Land zu lieben, wie es die Lords vor uns geliebt hatten.
    Letztlich erkannten wir, dass das Land und alles, was in ihm lebte, nicht unter ständig wiederholten Grausamkeiten zu leiden gehabt hätten, wenn Erdkraft nicht ...« Wieder machte er eine Pause, während er den richtigen Ausdruck suchte. »... frei zugänglich wäre. Natürlich ist sie keine Verderbnis. Aber in Abwesenheit eines Stabes des Gesetzes dient es nur dem Verderber, wenn sterbliche Herzen Erdkraft gebrauchen. Selbst in Anwesenheit des Stabes kann damit großes Übel bewirkt werden. Deshalb haben wir es auf uns genommen, die Vormundschaft über das Land zu übernehmen. Wir herrschen hier nicht. Wir befehlen nichts. Wir fordern nichts. Alles Leben kann sich frei entwickeln. Aber wir gestatten keinerlei Anwendung von Erdkraft.«
    Linden starrte ihn an, aber sie konnte ihn nicht mehr sehen. Tränen nahmen ihr die Sicht. Erdkraft dient nur dem Verderber ... Wie war es möglich, so viel gelernt zu haben und so wenig zu wissen? Erdkraft war Leben: Daran konnte kein bloßer Beschluss, keine Überzeugung der Haruchai etwas ändern. Alles, was hier Form und Körperlichkeit besaß, war in gewisser Hinsicht die Folge einer ›Anwendung von Erdkraft‹. Die wirkliche Gefahr lag nicht in ihrem Gebrauch, sondern in den Herzen jener, die ihre eigene Verwundbarkeit durch Verzweiflung nicht erkannten. Gegen diese Gefahr gefeit war Linden Avery – wie schon Thomas Covenant vor ihr – durch das Wissen um die eigene Unzulänglichkeit. Sie konnte nicht durch Verzweiflung irregeführt werden, weil sie sich nicht für größer hielt, als sie tatsächlich war.
    Kevins Schmutz erstickte alles, und Zäsuren zogen durchs Land, weil der Stab des Gesetzes verloren gegangen war – und die

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