Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Runen der Macht - Der verfluchte Prinz (German Edition)

Die Runen der Macht - Der verfluchte Prinz (German Edition)

Titel: Die Runen der Macht - Der verfluchte Prinz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Ballantine
Vom Netzwerk:
zu nächtlichen Wanderungen, wie?« Raed konnte nichts gegen seinen scharfen Ton tun. Die Diakone waren sich so sicher gewesen, dass sich alles regeln würde, wenn sie herkamen.
    »Ganz und gar nicht«, flüsterte Merrick und lehnte sich mit einem rauen Seufzer an den kühlen Stein. »Der Erzabt hat immer erreichbar zu sein, falls das Reich ihn benötigen sollte.«
    »Jemand hat den Sekretär mit einem Zauber belegt«, zischte Sorcha zurück. »Ich glaube, Hastler wurde entführt.«
    Raed wollte wissen, wer mächtig genug war, so etwas zu tun, aber dann dachte er an das, was sie in Ulrich erlebt hatten – und schluckte die Frage hinunter.
    »Was ist das?« Merrick stieß sich mit den Ellbogen von der Wand ab und wies mit dem Kinn zur Decke empor. Raed trat neben ihn, entschlossen, bei weiteren Entdeckungen nicht außen vor zu bleiben – er hatte nun echten Anteil an der ganzen Sache. Sorcha und Merrick stiegen auf das Bett des Erzabts, um die seltsamen Formen besser zu sehen.
    An die Decke der Nische waren nicht zu entziffernde Buchstaben gekritzelt. Raed war kein Experte, aber sie kamen ihm bekannt vor. Er hatte als Kind viele Jahre im Exil verbracht, war von den Aristokraten unterrichtet worden, die sich entschieden hatten, mit ihrem König zu gehen, und hatte viele Sprachen und Geschichten gelernt. Diese Worte konnte er jedoch nicht gleich einordnen. In der Konstruktion ähnelten sie der Sprache des Brytsling-Stamms aus dem hohen Norden, aber auch den Buchstaben der Edgic aus den warmen Sümpfen im Süden. Er begann gerade die Aussprache zu verstehen, als Merrick, der seine Ausbildung eben abgeschlossen hatte, die Laute flüsterte, die sich im Mund des Prätendenten erst bildeten.
    »Taouilt.« Er kniff die Augen zusammen und sah angestrengt hin. »Ist das nicht das Wort für …«
    Das Knirschen von Stein auf Stein ließ ihn stocken. Das erhöhte Podest des Betts begann sich zu bewegen, und die beiden Diakone sprangen hastig herunter.
    »… versteckt«, beendete Merrick leise seinen Satz, während die abwärts führenden Stufen präzise an ihren Platz glitten.
    Sorcha lächelte strahlend. »Erzabt Hastler versucht, uns zu helfen – er muss das noch hingekritzelt haben können, bevor sie ihn weggeschafft haben.«
    Raed strich sich mit den Fingern über den Bart und dachte nach. Ihm missfiel die Vorstellung, blindlings diese Treppe hinunterzusteigen. Für seinen Geschmack wirkte sie etwas zu praktisch. Aber sie waren bis hierher gekommen und konnten ohnehin nicht einfach auf gleichem Weg zurückkehren. Er wollte etwas sagen, wusste aber, dass es kaum von Belang wäre; wenn Sorcha Faris an einen Menschen glaubte, dann an Erzabt Hastler. Also schluckte der Prätendent seinen Argwohn hinunter und beschloss, auf der Hut zu sein, selbst wenn seine Gefährten es nicht waren.
    Er trat auf die oberste Stufe und drehte sich zu den Diakonen um. »Dann lasst uns den alten Mann suchen.«
    Er wollte die Hand nach Sorcha ausstrecken und hob sie auch halb in ihre Richtung, erinnerte sich dann aber seines Zorns und schob sie so ruhig wie möglich in seinen Gürtel, um die Lage nicht noch schwieriger zu machen. Alles an dieser Situation war falsch. Er sollte nicht an Land sein. Er sollte sich nicht in eine Diakonin verlieben, die ihn verraten hatte. Vermillion hätte seine Stadt sein sollen.
    Raed stieß einen kleinen Seufzer aus. Das hatte man ihm seit seiner Geburt ins Ohr geflüstert, aber er hatte nie wirklich daran geglaubt – anders als andere, für die und deren Hoffnungen er sich verantwortlich fühlte. Doch was würde geschehen, falls er hier starb? Das Bild seiner grünäugigen, so zerbrechlichen und glücklichen Schwester blitzte in seinem Gedächtnis auf. Er kannte die Antwort: Sie würde die Erbin sein, und der Fluch würde auf sie fallen.
    Raed gefiel die Atmosphäre nicht. Während sie hinabstiegen, füllte sie seine Lungen wie Eis. Je tiefer sie kamen, desto nasser waren die Stufen, und in Vermillion würden sie bestimmt nicht sehr weit hinuntergehen können. Die Lagune musste recht nah unter ihnen liegen. Er wischte sich den feuchten Nacken. Die Laterne, die Merrick von oben mitgenommen hatte, tauchte sie in orangefarbenes Licht, als sie unten ankamen.
    War die Abtei über ihnen gewaltig, so war sie unten genauso riesig; es war eine Kathedrale der Erde. Hoch aufragende Kalksteinmauern liefen über ihnen in glatten Kreuzbögen zusammen, während sich mancherorts große karamellfarbene Verzierungen

Weitere Kostenlose Bücher