Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Runen der Macht - Der verfluchte Prinz (German Edition)

Die Runen der Macht - Der verfluchte Prinz (German Edition)

Titel: Die Runen der Macht - Der verfluchte Prinz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Ballantine
Vom Netzwerk:
des Kaisers und seines Erzabts übers Wasser selbst zerstört hatte.
    Raeds Augen weiteten sich, und Merrick wusste, warum. Der Rossin regte sich zugleich mit diesem verborgenen Teil des Prätendenten. Der Gedanke, die Bestie könnte in der Abtei wüten, war ein Albtraum, den Merrick nicht wahr werden lassen durfte.
    Der junge Mann griff nicht auf seine Ausbildung, sondern auf seine Vergangenheit zurück. Er flüsterte mittels der Verbindung Worte des Trostes und der Ruhe – Worte, die eine Mutter einem unruhigen Kind zuwispern würde; beschwichtigender Balsam für ein Wesen, das nicht einmal menschlich war. Und es funktionierte. Sorcha mochte nicht gewusst haben, was sie tat, als sie die Verbindung schmiedete, aber es gab keinen Zweifel an der Qualität ihrer Arbeit.
    Der Geist war so nah, dass sie ihn hätten berühren können. Merricks Partnerin, die neben ihm hockte, wand sich unter seinem Griff. Instinktiv handelte sie, wie sie es in der AktivenAusbildung gelernt hatte, und langte nach ihren Handschuhen. Merrick packte sie und schüttelte energisch den Kopf.
Nicht hier.
Es wurde immer leichter, Wörter zu übermitteln.
    Von dieser Art Verbindung träumten die Diakone, von einer echten, symbiotischen Partnerschaft, und doch hatte Merrick Angst davor, was sie tatsächlich bedeuten konnte. Er erinnerte sich dunkler Geschichten über eine solche Nähe, wie man sie den Sensiblen in jenen speziellen Unterrichtsstunden erzählte, an denen kein Aktiver teilnehmen durfte. Die Geschichte konnte sich durchaus wiederholen.
    Er durfte jetzt nicht an diese Möglichkeiten denken. Merrick hob den Kopf und riskierte es, sein Zentrum zu öffnen. Der Geist entfernte sich von ihnen. Merrick stellte fest, dass er Sorchas Hand fest umklammert hielt – halb, um sie daran zu hindern, nach ihren Handschuhen zu greifen, halb, um sich selbst Halt zu geben. Seltsam, was zwei Wochen ausmachen konnten. Den Mann, der Angst vor seiner Partnerin hatte, gab es längst nicht mehr. Was er in der Zwischenzeit gesehen hatte, bot ihm weit mehr Anlass zur Sorge als Sorcha.
    Mit möglichst schwacher Sicht tastete er sich behutsam zum Geist vor, der keine Anzeichen von Selbstbewusstsein aufwies. Er mochte nicht hierher gehören, war aber nicht von Natur aus böse. Merrick bedeutete seinen beiden Gefährten, zur Wohnung des Erzabts weiterzugehen. Sie konnten keine Austreibung wagen, ehe die Lage nicht klarer war.
    Die Flure waren immer noch verlassen, aber sie hatten nur wenige Stunden, bis die Novizen unterwegs sein würden. Manche Ausbildung erforderte Dunkelheit, und die Momente vor Sonnenaufgang waren oft die besten Zeiten für neue Rekruten, um einen Blick auf die Anderwelt zu erhaschen, da die Grenze dann am schwächsten war.
    Zu dritt schlichen sie durch die Flure zur Tür. Sie sah aus wie bei Merricks letztem Besuch. Er erinnerte sich, nervös vor diesem Portal darauf gewartet zu haben, ob er die Aufnahmeprüfung in den Orden bestanden hatte. Das war jedoch nichts im Vergleich zu der Nervosität gewesen, die er jetzt verspürte. Schlimmer als das Hämmern in seiner Brust und der Schweiß auf seiner Stirn war nur noch das Zittern seiner Hand, als er sie nach der Tür ausstreckte.
    Dahinter befand sich das kleine Vorzimmer, in dem der Sekretär des Erzabts schlief. Sie waren leise, bis Sorcha im Dämmerlicht doch tatsächlich über einen kleinen Hocker stolperte. Und dann auch noch fluchte. Das Poltern und ihr Ausruf brachen die Stille wie ein Stein, der in einen ruhigen See taucht. Merrick zuckte zusammen und war sich sicher, dass man sie gleich entdecken würde.
    Alles, was aus der Nische am Fenster kam, war ein sanftes Schnarchen. Sorcha richtete sich auf, während sie einander verhalten hoffnungsvoll ansahen, stieg über den Hocker und ging zum schlafenden Sekretär. Merrick stellte sich neben sie. Selbst ohne Sicht war es leicht zu erkennen: Ein silbernes Muster glänzte auf der Stirn des Laienbruders.
    Ein
Zauber!
Merrick konnte nicht recht glauben, was er sah. Einen Zauber gegen einen Diakon zu benutzen – selbst gegen einen Laien – war doch eigentlich unmöglich.
    Sorcha zuckte die Achseln, und er sah ein schiefes Lächeln auf ihren Lippen. Wie ein Großteil der niedrigeren magischen Künste standen auch Zauber nur selten auf dem Unterrichtsplan der Novizen und wurden für gewöhnlich in der Freizeit erlernt. Doch hier war ein Zauber unverhohlen in den heiligsten Hallen des Erzabts benutzt worden. Merrick beugte sich vor, um ihn ein

Weitere Kostenlose Bücher