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Die Runen der Macht - Der verfluchte Prinz (German Edition)

Die Runen der Macht - Der verfluchte Prinz (German Edition)

Titel: Die Runen der Macht - Der verfluchte Prinz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Ballantine
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»Aber Ihr könntet es tun. Schließlich sieht es nicht so aus, als würde in absehbarer Zeit jemand irgendwohin segeln.«
    »Was uns ein weiteres Problem beschert: Was machen wir mit den verärgerten Städtern? Sie sind deutlich in der Überzahl, und nicht alle meiner Matrosen sind Kämpfer.«
    Beide schwiegen kurz. Die Sonne hatte sich endlich übers Eis erhoben, doch Diakonin Sorcha Faris schaute nicht hin. Sie sah Raed mit einer Miene an, die er als Vertrauen deutete. Im Tunnel hatte sich definitiv etwas zwischen ihnen verändert.
    Beim plötzlichen Knarren einer Stufe blickten sie auf. Den Wehrstein in der Hand, hatte Aachon sich ihnen unbemerkt genähert. Der Prätendent sah ihm an, dass ihm die Situation, in die er hineingestolpert zu sein glaubte, nicht gefiel. Sein Erster Maat kannte ihn besser als selbst sein Vater, und Raed fühlte sich unter seinem düsteren Blick schrecklich unwohl.
    Doch das ließ er sich nicht anmerken, sondern fragte gelassen: »Was gibt’s, Aachon?«
    »Ich dachte, das möchtet Ihr Euch ansehen«, erwiderte der ältere Mann und deutete auf den Kai. Neugierig stiegen Raed und Sorcha vom Achterdeck zu einer Gruppe Matrosen hinunter, die sich über die Reling beugte.
    Jocryn mit seinem bereits etwas schütteren roten Haar brüllte jemandem auf dem Kai etwas zu. Raed dachte kurz, gleich würde ein Kampf ausbrechen, doch dann hörte er: »Nein, ich brauche mehr frischen Kohl, mein Freund. Diese Mäuler müssen gestopft werden, und zwar schnell.« Als Koch der
Herrschaft
kämpfte Jocryn ständig um Vorräte für das Schiff, idealerweise um solche, die ihm nicht buchstäblich um die Ohren gehauen wurden.
    Sorcha zog Raed am Ärmel. »Städter.« Ihr Blick war immer noch wild, und er entsann sich plötzlich lebhaft ihrer Vorführung auf den Mauern des Klosters. Schnell musterte er sie. Der verräterische blaue Umhang war in seiner Kajüte, und nichts an ihr verriet die Diakonin … bis auf eines. Als er ihr das Amtszeichen von der Schulter nahm, fürchtete er, sich eine weitere Ohrfeige einzuhandeln. Vielleicht sogar einen Hieb.
    »Wartet.« Er hob eine Hand. »Ihr habt gerade entdeckt, dass das Kloster nicht ist, was es zu sein scheint. Vielleicht gilt das auch für die Städter.«
    »Schnell – worauf wollt Ihr hinaus?«
    »Die Diakone sind hier nicht gerade beliebt.« Raed drückte ihr das Abzeichen in die Hand. »Darum wäre etwas Diskretion jetzt vielleicht vernünftig.«
    Sorchas Hand schloss sich um das Abzeichen, aber sie nickte schwach. »Also gut, aber ich denke, die hier könnten auch etwas verräterisch sein.« Die Handschuhe nämlich.
    Raed schnaubte. »Ich hatte nicht vor, sie Euch abnehmen zu wollen.«
    »Vernünftig.« Mit dem Anflug eines Lächelns hob sie ihr Hemd und verbarg die Handschuhe an der nackten Haut darunter; sein Blick folgte ihnen. Bei den seligen Alten! Erst vor wenigen Stunden hatte sie nackt neben ihm gelegen.
    Die Mannschaft brüllte jetzt auf Jocryn ein, während er weiter mit der unsichtbaren Person auf dem Kai verhandelte. Ihre Verpflegung war das Einzige, worüber die Mannschaft je stritt. Nach der langen Zeit auf See hungerten alle nach anständigen Rationen, und weiter auf der
Herrschaft
eingesperrt zu sein hatte sie etwas reizbar gemacht.
    Sorcha und Raed vermochten zu der Menge durchzudringen, um zu sehen, was unten vorging. Die Person auf dem Kai war ein junger Mann, dem der erste Bartflaum spross. Er war von mehreren Körben frischer Lebensmittel umgeben, was die Mannschaft vor Begeisterung fast den Verstand verlieren ließ. Aachon hatte befohlen, die Laufplanke hochzuziehen und niemanden an Bord zu lassen; daher war es eine interessante Frage, wie der Bursche seine Ware an Jocryn ausliefern würde.
    »Junge«, rief Raed hinunter, »bist du der einzige Händler in Ulrich?«
    Der Knabe warf einen Blick auf seine Körbe und begriff, dass ihr Inhalt nicht genügte, um die gesamte Mannschaft zu versorgen. »Nein, Sir«, antwortete er. »Das ist nur eine Kostprobe. Mein Vater bringt heute Nachmittag mehr.«
    »Warum nicht heute Morgen?« Sorcha lehnte sich über die Reling, und ihr offenes bronzefarbenes Haar fiel ihr über die Schulter. Ohne ihren Umhang, das Abzeichen und die Handschuhe war sie nur eine schöne Frau, und nach der Art, wie der Sohn des Händlers errötete, hatten ihn in seinem Leben noch nicht viele solche Frauen befragt. »Ist er mit den anderen oben beim Kloster?«
    Selbst aus dieser Entfernung wirkte der Junge schockiert.

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