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Die Runen der Macht - Göttliche Rache (German Edition)

Die Runen der Macht - Göttliche Rache (German Edition)

Titel: Die Runen der Macht - Göttliche Rache (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Ballantine
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Schattenknäuel zusammen, eine knurrende und schnappende Kreatur aus etwa zwanzig gequälten menschlichen Seelen und ihren verlorenen Hoffnungen.
    Zermartert von solchem Schmerz, war ein Ghast ein Rachen der Vernichtung, der in Menschen eindrang, sie von innen zerriss und so weitere Schatten hinzugewann. Ghasts hatten mehr Schmerz und Zerstörung verursacht als jede andere Art von Geist, und als der Orden des Auges und der Faust vor Jahren mit dem Kaiser in Arkaym gelandet war, hatte er sich vor allem ihrer Bekämpfung gewidmet.
    Merrick blieb ruhig, obwohl ihm klar war, wie die Chancen standen; als Sensibler war er ohne seine Aktive hilflos und hatte nichts anderes zu bieten als seinen Körper.
    Er fuhr herum. Japhne war nicht viel weiter gegangen, als er sie gestoßen hatte, und er schrie sie an: »Mutter! Rette dich, rette das Kind!« Sein Schrei war heiser, und er wusste, es würde das Letzte sein, was er sagte.
    Sie klammerte sich mit gespreizten Fingern weinend an die Felswand und war außerstande, einen Weg zu wählen. In diesem einsamen Gang also würden sie sterben und nicht einmal wissen, wo sie waren?
    Merrick wandelte sich und wurde ein Aktiver. Kein Diakon außer dem Erzabt führte jemals sowohl die Handschuhe als auch den Riemen, aber sie alle trugen den Keim zu beidem in sich. Merrick hatte die Handschuhe nicht, die Schutz vor der Rückwirkung der Runen boten, und er war nicht dazu ausgebildet, sie zu beherrschen, aber in diesem Moment hatte er keinen anderen Ausweg. Das Einzige, was er besaß, war Wissen.
    Vor seinem geistigen Auge zeichnete er Pyet, die reinigende Flamme. Die lange, verschlungene Linie der Rune, durch deren Mitte eine Horizontale lief, nahm Gestalt an und schnitt sich in seine Handfläche.
    Das Feuer traf ihn bis ins Mark. So musste es sich anfühlen, die Hand in einen brennenden Herd zu stecken. Aber er konnte es sich nicht leisten zu schreien. Wenn er jetzt die Kontrolle verlor, würde die Rune sie alle vernichten. Dazu ausgebildet, durch Schmerz zu sehen, gelang es ihm, die Hände auszustrecken.
    Rotes Feuer strömte von der Rune über seine Hände und hüllte den Ghast ein, der sich sammelte, um aus den Schatten zu springen.
    Die Feuersbrunst erfüllte den Tunnel, und obwohl der Schmerz an der Konzentration nagte, fragte sich Merrick, wie er das geschafft hatte. Seine Aktive Seite war nur latent, und er hatte bestenfalls auf eine bloße Ablenkung gehofft, damit seine Mutter fliehen konnte.
    Der Geruch von verbrannten Ziegeln und verkohltem Schmutz drang ihm in die Nase, noch während die Macht ihn erfüllte. Sie war berauschend und beängstigend. Das Aktive Talent schärfte alle Sinne, bis er überwältigt würgte und schluchzte – doch Merrick hielt die Rune immer noch fest.
    Pyet war mehr als eine körperliche Flamme. Sie musste es sein, um Wirkung auf einen Geist zu haben. Als die intensive Flamme aus dem Zeichen auf Merricks Hand strömte, wand sich der Ghast.
    Seine Schreie erfüllte der Schmerz Dutzender Seelen, die in ihm gefangen waren und wieder den Tod spürten. Aber es war ein geringer Schmerz im Vergleich zu der Qual, die es bedeutete, die Rune zu halten. Merrick wusste, dass sie viel zu hell und viel zu lange brannte. Der Ghast war verschwunden wie eine Kerze im Hochofen, aber der Diakon konnte die Zerstörung, die aus ihm selbst herausquoll, nicht beenden.
    Jetzt roch es nach seiner eigenen sterblichen Gestalt; die Haare auf seinem Arm gingen in Flammen auf, und er spürte echtes, körperliches Feuer um sich greifen und Haut und Fleisch verzehren.
    Er hatte seine Mutter und seinen ungeborenen Bruder gerettet, aber jetzt würde er die Kerze sein. Merrick bereitete sich auf den Tod vor, doch da legte Japhne kühle Hände auf ihn. Er fuhr zurück und wollte sie abschütteln, aber sie war überraschend stark, umklammerte seine Handgelenke und zog ihn zu sich, und Pyet und die Flammen waren plötzlich fort.
    Merrick stand für einen langen Moment nur da und spürte, wie seine Mutter die Arme um ihn legte. Sie war ein sanfter, kühler Trost. Und er lebte.
    Als der Diakon sich von ihr löste, hielt sie weiter seine Hände fest. Er blickte hinab und hatte Angst vor dem, was er sehen würde. Anders als befürchtet, waren seine Hände keine schwarzen Klumpen, aber sie leuchteten rot und warfen Blasen. Es würde schmerzhaft sein, aber er würde sie vielleicht behalten können.
    »Wie hast du …«, begann er.
    Japhne lächelte, beugte sich vor und küsste ihn auf die Wange.

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