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Die Runenmeisterin

Die Runenmeisterin

Titel: Die Runenmeisterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Groß
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dann kann es niemand hier aus der Burg gewesen sein. Ich habe hier jeden einem Verhör unterzogen, der in Frage käme, aber alle scheinen so unschuldig wie neugeborene Lämmer zu sein. Jeder deckt jeden …« Er grinste.
    »Also bleibt in der Tat nur die Möglichkeit, daß es jemand von außerhalb der Burg war. Und, gelobt sei der Herr im Himmel, wie der Zufall es will, haben wir schon einen gefunden, nicht wahr, Herr?« Damit meinte er Raupach, der ihm stirnrunzelnd zuhörte. »Jemand, der in einer Hütte lebt zum Beispiel. Und da dieser Jemand auch noch im Besitz einer Armbrust ist und sie darüber hinaus handhaben kann, sind wir schon ein gutes Stück weiter«, setzte er hohntriefend hinzu.
    Custodis verstummte. Sein Blick wanderte in die Runde und blieb an dem Iren hängen. Er musterte ihn mit unverhohlener Neugierde, und es schien ihm zu gefallen, was er da sah. »Ihr seid Arzt?«
    Der Ire nickte nur.
    »Und Soldat?«
    Wieder Nicken.
    In Custodis’ Augen glomm ein seltsames Leuchten auf. »Eine ungewöhnliche Mischung. Der eine rettet Leben, und der andere vernichtet es. Wirklich ungewöhnlich.«
    Er schwieg eine Weile, bis er sich dem Iren erneut zuwandte. »Wir werden morgen diese Hütte mit dem Weib und seinem Sohn aufsuchen. Ihr, Soldat und Arzt, werdet sie zum Sprechen bringen. Soldaten sind nicht zimperlich, wie ich weiß.«
    Er grinste. Er hatte Gefallen gefunden an diesem dunklen, hübschen Fremden mit den grünen Augen. »Wie bringt Ihr jemanden zum Sprechen, Soldat?« fragte er lauernd wie eine Katze.
    »Wie hättet Ihr es denn gerne, herzoglicher Vollstrecker?« fragte der Ire zurück.
    Custodis lachte und schlug sich auf die Schenkel. »Wir werden sehen. Denkt Euch etwas Originelles aus. Wir treffen uns morgen bei Sonnenaufgang.«
    Er stand auf, strich sich über seinen dicken Pelz und polterte aus der Halle.
    Am Abend war ein Sänger mit seiner Laute gekommen. Er schüttelte sich den Staub von den Schuhen und setzte sich dankbar an den Tisch in Raupachs Halle. Man fragte ihn aus nach allerlei Neuigkeiten, und er gab bereitwillig Auskunft. Er sei auf dem Weg nach Braunschweig, wohin man ihn gerufen habe. Er trug dies sehr artig vor, doch dann verdunkelte sich sein Blick.
    »Bei den Welfen singt man nicht mehr lange«, sagte er finster, »dort wird man in Kürze nur noch den Klang der Schwerter hören. Unser allergnädigster Herzog ist zu Kayna, wo er einmal mehr vorgeladen war, nicht erschienen. Statt dessen sind seine Männer gegen die Truppen des Kaisers gezogen und haben sie geschlagen. Das gibt böses Blut, wenn Ihr mich fragt. Auch in Soest sind sie mordend und plündernd eingefallen und führen einen regelrechten Krieg gegen den Kaiser. Ich frage mich, Herr, wie lange wird Friedrich diesen wildgewordenen Vetter noch dulden, ohne etwas gegen ihn zu unternehmen?«
    Raupach hörte mit Bestürzung zu. Kuriere und Boten hatten immer wieder von Scharmützeln berichtet, und die Sache mit Kayna sah dem Herzog ähnlich. Raupach wußte schon gar nicht mehr, die wievielte Vorladung zu Kayna ausgesprochen worden war, aber Heinrich war früher nicht erschienen und würde auch zukünftig nicht gehen. Er schien eine geradezu krankhafte Abneigung gegen Vorladungen entwickelt zu haben.
    »Ihr sitzt hier sicher«, hörte er den Sänger an seiner Seite sagen, »zumindest vorerst. Und eine hübsche, starke Mauer habt Ihr bauen lassen! Außerdem, was wollte der Herzog schon in dieser gottverlassenen Wüstenei?«
    Dennoch mußte Raupach auf der Hut sein. Sollte Heinrich eines Tages vor seinen Toren stehen, was würde er tun? Ihn einlassen, und damit den Zorn des Kaisers auf sich ziehen? Der Herzog war durch den über ihn verhängten Bann mittlerweile rechtlos geworden, aber das scherte ihn wenig. Er betrachtete Sachsen weiterhin als sein Revier und verteidigte jeden Meter wie ein brunftiger Hirsch. Und mittendrin lag Raupachs Burg.
    Der Sänger sah ihm die Sorgen an und lächelte. »Würdet Ihr ihm standhalten?«
    Raupach schüttelte den Kopf. »Wenn uns der Kaiser keine Soldaten schickt, fiele die Burg binnen einer Woche. Heinrich hat noch immer genügend Leute, um seine Schlachten zu schlagen.«
    Der Sänger nickte zustimmend. Er griff zu seiner Laute und stimmte ein wehmütiges Lied an. Schwere Töne schlug seine Hand an, wie Wassertropfen aus einem Faß. Die Stimmung war bedrückt. Niemand forderte den Mann auf, ein lustiges Lied zu spielen. Die Schwere seiner Melodie machte sich breit, und alle waren froh, als

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