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Die Runenmeisterin

Die Runenmeisterin

Titel: Die Runenmeisterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Groß
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treffen?«
    »Kommt in meine Kammer. Dem Herren geht es schlecht. Ich möchte in seiner Nähe bleiben.«
    Nein, fuhr es ihr durch den Kopf. Nicht diese Kammer.
    »Die Abende sind lau«, sagte sie, »kommt nach Sonnenuntergang in den Obstgarten.«
    Er wunderte sich immer mehr über sie.
    »Habt Ihr dem armen Bauern das Haus angezündet?« fragte sie plötzlich unvermittelt heftig.
    Er nickte irritiert.
    »Warum? Der Mann ist unschuldig.«
    »So? Ist er das? Er hat gelogen.«
    »Und hilft Euch diese Erkenntnis jetzt weiter?«
    »Ich bin Soldat«, gab der Ire achselzuckend zurück, »ich muß den Fall nicht aufklären.«
    »Nein«, meinte sie bitter, »Ihr zündet unschuldigen Menschen das Haus über dem Kopf an.«
    »Ich muß gehorchen, ob es mir paßt oder nicht. Ich bin Soldat, kein Herr.«
    »Und wenn Ihr Euch weigert?«
    Er lachte leise. »Wenn ich mich weigere, verliere ich meine Stellung.«
    Maria schüttelte den Kopf. »Der Herr würde das nie zulassen.«
    Er sah sie an. Was wollte sie hier? Warum war sie gekommen? Um sein Mitleid zu wecken für diesen Bauern?
    »Seid Ihr wegen Genno gekommen?« fragte er.
    »Nein. Was wird jetzt aus ihm?«
    »Ihr habt ein gutes Herz, Herrin«, spöttelte er gutmütig, »ich habe seine beiden Kühe gerettet, er steht also nicht ganz mittellos da, auch wenn er jetzt nur noch ein halbes Haus hat.«
    Er sah ihren ungläubigen Blick und lachte.
    »Und die Frau?« fragte Maria leise, »was hätte Martin mit seiner Frau gemacht?«
    Der Ire drehte sich um und zog seinen Sattel vom Balken.
    »Ich weiß es nicht«, sagte er, ohne sich umzudrehen.
    »Doch, Ihr wißt es. Und hättet Ihr ihm gehorcht? So wie Ihr immer gehorcht, ein Handlanger für jeden Schweinehund auf Gottes Erdboden?«
    Jetzt drehte er sich um, und ein böses Funkeln lag in seinen Augen.
    »Hütet Eure Zunge, Weib«, knurrte er, packte seinen Sattel und ging ohne ein weiteres Wort in den Stall.

JERA
    É
     
    »Ein zehntes kann ich,
sehe ich Zauberinnen in der Höhe hinfliegen,
das gelingt mir, daß sie ledig fliehen,
ihrer Hüllen heim, ihrer Hexenkraft heim.«

Silbernes Mondlicht spielte auf der Wiese, die sich bis zum Wald hinstreckte. Die vollen Blüten der Apfelbäume dufteten schwer und süß. Der Tag war nie ganz klar geworden – nun senkte sich erneut der Nebel aufs Gras.
    Maria wartete. Ihre Ruhelosigkeit wuchs. Warum sprach sie nicht mit Berthold oder Raupach? Warum in der Höhle des Drachen warten? Traf sich hier mit einem Soldaten wie eine Kuhmagd. Doch ihr Mißtrauen war wie eine Krankheit – es zehrte und fraß sich wie Würmer durch die Seele. Außer ihr hatte niemand diesen Jungen gesehen, und außer ihr hatte niemand diesen Verdacht, und außer ihr hatte niemand mit der weisen Frau gesprochen. Und überhaupt interessierte sich außer ihr niemand für den wahren Mörder Monreals.
    Sie hörte ihn kommen. Hörte das Aneinanderklingen seiner Waffen, dieses Geräusch des Todes. Er bog hinter den Rosenbüschen um die Ecke, und sein Mantel wirkte wie die Kutte eines Priesters. Sie setzte sich auf eine Bank unter einen blühenden Apfelbaum. Cai Tuam kam näher, lehnte sich gegen den wulstigen dicken Stamm. »Nun?« war alles, was er sagte.
    Sie machte sich hart, wappnete sich gegen das, was jetzt kommen würde, mit aller kalten Logik, die ihr zur Verfügung stand. »Ich habe den Jungen gesehen«, begann sie, »es geht ihm gut. Ihr habt uns belogen, Cai Tuam. Ich sah ihn eine Armbrust spannen, und er hatte zwei starke, kräftige Arme.«
    Er sprach nicht, schaute nur auf sie herunter. Seine Hand spielte mit einem Blatt, das vom Ast herabhing.
    »Ihr habt ihm nicht die Arme gebrochen und auch sonst nichts. Ihr habt den Jungen befreit, und Eure Zeugen, die Handwerker und die Soldaten, die haben Euch gegenseitig entlastet, ohne sich darüber Gedanken zu machen. Ihr wißt selbst, wie geschickt das war. Irgendwann an diesem Morgen seid Ihr in den Wald geritten, und es fiel nicht weiter auf. Jeder glaubte, Ihr wäret wieder einmal von dem einen Platz zum anderen unterwegs gewesen. Wie lange brauchtet Ihr bis zu der Stelle, an der Ihr Monreal getroffen habt? Zwanzig Minuten? Ihr habt sein Pferd im Wald stehenlassen und seid seelenruhig zurückgekommen. Vielleicht habt Ihr auch die Spuren noch ein wenig verwischt, wer weiß? Ihr seid ein Lügner und ein Mörder, und Gott sei Eurer Seele gnädig.«
    Marias gefaltete Hände verkrampften sich ineinander, schweißnaß und doch totenkalt. Sie wagte nicht aufzusehen. Aber da

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