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Die Runenmeisterin

Die Runenmeisterin

Titel: Die Runenmeisterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Groß
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dem Pater zu und sagte scharf: »Das Mädchen ist jung und unerfahren im Leben. Der Tod ist für sie abschreckend und furchtbar. Gleich, ob es einen Magier trifft oder einen Kaiser.«
    Pater Clemens erhob sich mit einem Ruck. »Ich werde mein Auge auf sie haben, denn ich dulde keine Sünde auf Gottes Erdboden.«
    Sprachs, und ging aus der Halle. Bertholds Augen folgten ihm. »Cai sagt, deine Mutter war eine ehrbare Frau«, murmelte er, »aber vielleicht hat auch Pater Clemens recht. Und Maria sagt, du seist ein Feenbalg.«
    Rosalie wurde eiskalt, so tief zog die Furcht durch ihren Leib.
    »Tod und Teufel«, brummte der Herr und legte ihr leicht die Hand auf die Schulter, »alles Geschwätz. Man sollte nicht darauf hören. Mein Weib ist unfruchtbar, das macht sie zu einer keifenden Gans. Meint er es ernst mit dir, mein Kind, ich meine Cai Tuam? Ihr müßt vorsichtiger sein. Ihr hättet es mir sagen sollen.«
    Er schmunzelte.
    »Es gibt nichts mehr zu sagen«, erwiderte Rosalie.
    Berthold nickte amüsiert. »Ja, bei Cai Tuam hält es keine lange aus. Nur ich halte ihm die Treue. Und er mir. Wir sind wie Feuer und Wasser, ich habe mich darüber immer gewundert. Aber du, Kind, du paßt zu ihm. Der Teufel weiß warum, aber ihr paßt zusammen.«
    Er sah sie stirnrunzelnd an. »Seltsam, daß mir das nicht schon früher aufgefallen ist.« Dann stand er auf, tätschelte ihre Wange und ließ sie allein.

BERKANA
    Ì
    »Ein dreizehntes kann ich,
wenn eines Degens Sohn mit Wasser ich weihen soll:
nicht wird er fallen, wenn ms Feld er zieht,
ihn erschlägt kein Schwert.«

Van Neil war mit seinen Leuten nach Raupach zurückgekehrt. Man erzählte sich, ihre Ausbeute sei mager gewesen und die Sachsen seien gute, gottesfürchtige Christen.
    Raupach hatte Rosalie eine kleine Hütte bauen lassen, in der sie ihre Pflanzen trocknete und aufbewahrte. Dahin zog sie sich zurück, pflegte den Herrn, wenn der Arzt nicht da war, und allmählich verblaßte das grauenvolle Bild, vor dem sie geflohen war. Manchmal sah sie den Iren, traf ihn auch in der Kammer des Herren, doch außer höflichen Grüßen blieb alles still und stumm zwischen ihnen.
    Der November ging seinem Ende zu, mild und ohne Frost. An der Kohlenpfanne in der Hütte war es warm und behaglich. Hier roch es nach zermahlenen Blütenblättern, nach getrockneten Rosen und Veilchen, nach dem Zitronenduft der Melisse. Ab und zu kam jemand vorbei, um zu plaudern, und Rosalie brühte einen heißen Aufguß aus Hagebutten oder Minze.
    Und dann ging eines Morgens die Tür auf, brachte kalte Luft mit, und als sie sich umdrehte, um den Eindringling zu schelten, er solle die Tür wieder schließen, sah sie Maria eintreten. Sie, die sie nie mehr Worte als nötig gewechselt hatten, standen sich plötzlich gegenüber, und Marias Angst wehte die andere an wie ein heftiger Wind. Maria sprach nicht, sah sich hastig in der Hütte um, bis Rosalie ihr endlich einen Schemel anbot. Maria sank nieder und starrte auf ihre schlanken Hände. Ihre Angst wuchs – man brauchte keine Hexe zu sein, um das zu spüren.
    »Was ist, Herrin? Warum kommt Ihr zu mir?«
    »Du bist bewandert in den Kräutern«, sagte sie, und ihre Stimme zitterte wie die Espenblätter im Wind, »du mußt mir helfen. Ich weiß sonst niemanden, zu dem ich gehen könnte …«
    Rosalie wußte, sie war nicht krank. Warum aber sonst ging eine hohe Frau wie sie zu einem Kräuterweib? »Ihr seid schwanger?« fragte sie vorsichtig.
    Maria schwieg, und ihr Schweigen war Antwort genug.
    »Wie lange ist es her?« wollte Rosalie wissen.
    »Siebzehn Wochen«, antwortete Maria, ohne aufzusehen.
    Rosalie nickte nur.
    »Kannst du etwas für mich tun? Und kannst du schweigen?«
    Rosalie setzte sich ihr gegenüber. »Es kann sehr schmerzhaft werden«, sagte sie leise. »Ihr werdet Euch eine Weile nicht wohl fühlen und das Bett hüten müssen …«
    Maria barg das Gesicht in den Händen.
    »Gibt es denn keine Möglichkeit, das Kind zu bekommen?« fragte Rosalie.
    Maria schüttelte den Kopf. »Nein. Mein Herr ist krank. Und der andere …«
    »Weiß er es?«
    »Beim Kreuze Christi, nein. Und er darf es nie erfahren.«
    Rosalie stand auf und ging zum Regal, in dem die Flaschen mit den Kräutern standen. Mutterkraut stand dort. Eine starke Dosis würde genügen. Mutterkraut brachte Wehen und das Kind, und es brachte auch den Tod für die Frucht, wenn man es richtig anwendete. Doch plötzlich kam ihr ein Zweifel. Sie drehte sich langsam um.
    »Euer Herr wird

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