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Die russische Gräfin

Die russische Gräfin

Titel: Die russische Gräfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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seiner Rückkehr in Ihr Heimatland zu erörtern, wo er den Widerstand gegen die Vereinigung mit Großdeutschland anführen sollte. Ist das im Prinzip richtig?«
    Rolf versteifte sich wie ein Soldat beim Appell vor dem General. »Im Prinzip, ja«, gab er zu.
    »Enthielt Ihr Angebot auch Ungereimtheiten, irreführende Details?« fragte Rathbone in beiläufigem Ton.
    Kein Laut war im Saal zu hören.
    Gisela saß mit ausdrucksloser Miene auf ihrem Stuhl. Rathbone verblüffte, wie kräftig ihr Gesicht sogar in der Ruhe wirkte und wie ausgeprägt die Knochen waren. An ihrem Mund war nichts Weiches, nichts Verletzliches. Rathbone hätte gern gewußt, welche Verzweiflung sie so weit getrieben hatte, daß sie die Welt um sich herum gar nicht mehr wahrnahm. Es hatte wirklich den Anschein, als könne sie seit Friedrichs Tod nichts mehr berühren. War sie vielleicht gar nicht um ihrer selbst, sondern ausschließlich um seines Andenkens willen vor Gericht gegangen?
    Rolfs Lippen waren nur noch ein dünner Strich. Er holte tief Luft. »Das Angebot war mit Bedingungen versehen und nicht absolut«, erklärte er.
    »Welche Forderungen wurden gestellt, Graf Lansdorff?«
    »Das ist Staatsgeheimnis und darüber hinaus eine streng vertrauliche Familienangelegenheit«, erwiderte Rolf kühl. »Eine Erörterung in der Öffentlichkeit wäre extrem schädlich.«
    »Dessen bin ich mir bewußt«, sagte Rathbone ernst. »Und wir alle bedauern, daß kein Weg an einer öffentlichen Diskussion vorbeiführt, wenn die Gerechtigkeit obsiegen soll. Verletze ich Ihre Gefühle, wenn ich Sie frage, ob Sie von Friedrich forderten, er solle sich von seiner Frau scheiden lassen und allein zurückkehren?«
    Rolfs Züge erstarrten nun vollends. Man hätte ihn gut und gerne für eine Marmorbüste halten können.
    Der Richter sah äußerst unglücklich drein. Siedend heiß fiel Rathbone wieder der Lord Chancellor ein. Bestimmt hatte er auch dem Richter eine Warnung zukommen lassen.
    »Das war die Bedingung«, sagte Rolf in eisigem Ton.
    »Und bestand die Hoffnung, daß er sie erfüllen würde?« setzte Rathbone unbarmherzig nach.
    Rolf starrte ihn verdattert an. Mit dieser Frage hatte er offenbar nicht gerechnet, und es dauerte einen langen Moment, bis er seine Gedanken gesammelt hatte. »Ich hatte gehofft, es würde mir gelingen, an das, was von seiner Ehre noch vorhanden war, zu appellieren, Sir.« Zum erstenmal fixierte er bei einer Antwort nicht Rathbone, sondern irgendeinen Punkt hoch über ihm am anderen Ende des Saals.
    »Hatte er das Ihnen gegenüber vor Ihrem Aufbruch angedeutet, Graf Lansdorff? Oder hatten Sie aufgrund bestimmter Entwicklungen seit seiner Abdankung den Eindruck gewonnen, er könnte seine Meinung geändert haben?«
    Rolf stand immer noch da wie ein Soldat beim Appell, verriet nun aber Anzeichen erhöhter Wachsamkeit, als seien die Kanoniere im Anmarsch. »Manchmal legt sich in der Liebe mit der Zeit die Besessenheit und weicht einem gewissen Augenmaß«, erklärte er deutlich angewidert. »Ich hatte gehofft, Friedrich würde angesichts der Not seines Landes persönliche Gefühle hintanstellen und dem Ruf der Pflicht folgen, auf die er von Kindheit an vorbereitet worden war und deren Privilegien er in den ersten dreißig Jahren seines Lebens genossen hatte.«
    »Es wäre ein enormes Opfer gewesen…«, schlug Rathbone vorsichtig vor.
    Rolf blitzte ihn an. »Alle Menschen bringen ihrem Land ein Opfer, Sir! Würde ein Engländer, den Sie respektieren, sich dem Ruf zu den Waffen etwa widersetzen und sagen, er würde lieber bei seiner Frau bleiben? Sollen doch die daheim mit den feindlichen Heeren kämpfen, die ihre Erde zertrampeln – er geht lieber in Venedig tanzen und läßt sich auf einer Gondel über die Kanäle treiben und tändelt mit irgendeiner Frau herum! Würden Sie einen solchen Mann bewundern, Sir?«
    »Nein, das würde ich nicht.« Mit einem Mal ahnte Rathbone, wie entsetzlich sich dieser Mann vor ihm schämte. Friedrich war ja nicht nur sein Prinz gewesen, sondern auch der Sohn seiner Schwester, sein eigenes Fleisch und Blut. Und Rathbone hatte ihn gezwungen, das vor gewöhnlichen Leuten von der Straße, noch dazu im Ausland, zuzugeben. »Haben Sie ihm das auch in Wellborough Hall gesagt, Graf Lansdorff?«
    »Ja.«
    »Und wie lautete seine Antwort?«
    »Daß wir Zugeständnisse machen und auch diese Frau akzeptieren müßten, wenn wir ihn wirklich so dringend für den Unabhängigkeitskampf benötigten.«
    Eine Welle der

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