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Die russische Gräfin

Die russische Gräfin

Titel: Die russische Gräfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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besagten Wochenende in Wellborough Hall waren, hat Interessen oder Verwandte in anderen deutschen Staaten, die ebenfalls von der Vereinigung betroffen sein könnten? Wer war auf einen Krieg oder auf politische Macht aus? Wer hat noch woanders Verbündete? Was ist mit der Gräfin selbst? Wer sind ihre engsten Freunde? – Es gibt noch zig offene Fragen. Und selbst wenn bei Ihrer Mission andere Fragen aufgekommen sind, ist das ein Anfang.«
    Er klatschte Beifall. »Bravo! Und an wen soll ich mich wenden, um all das herauszufinden?«
    »Das weiß ich doch nicht. Können Sie nicht auch mal von selbst auf etwas kommen? Sprechen Sie doch mit den Leuten am Exilhof!«
    Seine Augen weiteten sich. »Sie meinen den Hof in Venedig?«
    »Warum nicht?«
    »Und das halten Sie für eine gute Idee?«
    »Aber sicher! Wenn Sie Freundschaft für Rathbone empfänden, müßten Sie mich nicht fragen, sondern würden einfach fahren!«
    Er mußte an ihrer Stimme erkannt haben, wie sehr sie sich um Rathbone sorgte. Auf einmal bekam sein Gesicht einen ganz weichen Ausdruck, der schnell einem anderen wich – war es Überraschung, Bestürzung oder beides? – und sich auflöste, bevor Hester sich sicher sein konnte.
    »Genau das hatte ich auch vor«, erklärte er schroff. »Wofür packe ich denn Ihrer Meinung nach? Soll ich so, wie ich vor Ihnen stehe, nach Venedig reisen? Oder halten Sie es nicht auch für klüger, wenn ich geeignete Kleidung mitnehme, bevor ich mich am Exilhof unter den Hochadel mische?«
    Sie hätte es sich denken können, ja müssen! Sie hatte ihn falsch eingeschätzt. Auf einmal fühlte sie sich unendlich erleichtert. Die Wut und die Sorgen, die sie richtiggehend bedrängt hatten, fielen jäh von ihr ab, und sie empfand nur noch Wärme. Wie hatte sie nur zweifeln können?
    »Ich bin ja so froh!« rief sie strahlend. »Aber natürlich benötigen Sie die richtigen Kleider. Wie reisen Sie denn? Mit dem Schiff oder der Eisenbahn?«
    »Mit beidem.« Er zögerte. »Sie brauchen sich nicht so um Rathbone zu sorgen«, brummte er dann etwas unwirsch. »Er ist kein Narr. Und ich werde genug Anhaltspunkte finden, mit denen sich entweder eine vernünftige Strategie aufbauen läßt oder Gräfin Rostova zum Einlenken bewegt werden kann.«
    Mit gelindem Erstaunen stellte Hester fest, daß Monk ihr ihre Anteilnahme an Rathbone verübelte. Er war eifersüchtig, und das machte ihn wütend. Zu gerne hätte sie gelacht, doch das hätte vielleicht hysterisch geklungen. Außerdem traute sie ihm zu, daß er sie so lange schütteln würde, bis sie aufhörte. Aber wie sollte sie sich so schnell beruhigen, wo doch die ganze Situation so unglaublich komisch war? Er würde das natürlich in den falschen Hals kriegen, was sie dann nur noch mehr erheitern würde. Am Ende würden sie sich entweder näherkommen und wenigstens für einen Moment alle Ängste und Barrieren abbauen oder aber in einen heftigen Streit ausbrechen und Dinge sagen, die zwar nicht so böse gemeint waren, aber weder zurückgenommen noch vergessen werden konnten.
    Monk stand regungslos vor ihr.
    Sie wollte es nicht darauf ankommen lassen und verkniff sich das Lachen. Seine Freundschaft war ihr zu wichtig.
    »Ich bezweifle, daß sie sich entschuldigen wird«, sagte sie mit nicht ganz fester Stimme. »Aber zumindest werden Sie in die Lage versetzt, den Mordverdacht zu erhärten oder zu entkräften. Was glauben Sie eigentlich?«
    »Ich weiß es nicht«, antwortete er nüchtern. »Es hätte Gift sein können. Im Garten der Wellboroughs wachsen Eiben, und jeder hätte unbemerkt ein paar Blätter abreißen können.«
    »Und wie hätte diejenige Person sie zu Prinz Friedrich bringen können? Niemand konnte ins Krankenzimmer spazieren und ihn auffordern, ein paar Blätter zu essen. Abgesehen davon weiß so gut wie jeder, daß Eibenblätter wie Nadeln aussehen und giftig sind. Davor wird man ja schon als Kind gewarnt. Ich kann mich noch gut erinnern, was für eine schreckliche Angst ich als Kind vor den Eiben im Friedhof hatte.«
    »Möglicherweise hat jemand daraus einen Aufguß gemacht und ihn in sein Essen oder ein Getränk gemischt«, brummte Monk. »Das hätte er in seinem Zimmer tun können oder, was wahrscheinlicher ist, in der Küche. Danach hätte er einen Bediensteten, der mit dem Essen zu Friedrich unterwegs war, ablenken können. Ein Kinderspiel! Wir dürfen aber nicht vergessen, daß Gisela die ganze Zeit bei Friedrich in ihrer Suite blieb. Wie alle Angestellten bezeugen werden,

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