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Die russische Herzogin

Titel: Die russische Herzogin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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Hunger!«
    »Arme Würmer, von wegen, denen gehört die Diebeslust schnellstens ausgetrieben. Stattdessen schenkst du ihnen auch noch Brezeln.«
    Obwohl sie um eine ruhige Tonart bemüht war, spürte Wera, wie erneut Groll in ihr anwuchs.
    »Du hast doch gehört, wie es bei ihnen zugeht.«
    Er machte eine abschätzige Grimasse. »Umso besser wären sie im Heim aufgehoben. Und die Mutter müsste in eine Beschäftigungsanstalt. Allem Anschein nach ist sie ja nicht in der Lage, für ihre Brut zu sorgen.«
    Fassungslos schaute Wera ihn an. »Mehr fällt dir dazu nicht ein? Da verliert die Frau zuerst ihren Mann im Krieg und nun willst du ihr auch noch die Kinder nehmen? Unter die Arme greifen muss man einer solch armen Seele! Schauen, dass sie wieder Boden unter den Füßen gewinnt und –«
    Mit einer beschwichtigenden Geste sagte Eugen: »Jetzt reg dich nicht auf, das ist die Sache wirklich nicht wert.«
    »Wann ich mich aufrege, entscheide immer noch ich selbst«, entgegneteWera heftig. Zum Teufel mit der Contenance! Dass ausgerechnet Eugen, ihr Eugen, so daherredete, gefiel ihr gar nicht.
    Ein kleines Lächeln umspielte seine Lippen, als er sagte:
    »Eines muss man Wily lassen: Er hat nicht übertrieben, als er meinte, du wärest mit einem heißblütigen Temperament gesegnet. Dass sich eine Dame derart echauffieren kann, habe ich noch nie erlebt.« Grinsend strich er ihr ein paar Salzkörner von der Wange. »Fortan heißt du bei mir nur noch ›die Brezelprinzessin‹!«

21. KAPITEL
    S ag das noch mal – Wera ist in Ludwigsburg?« Über seinen riesigen Eichenschreibtisch hinweg schaute Karl Olly ungläubig an. Sein Adjutant Wilhelm saß auf einem Stuhl neben ihm und schwieg.
    Olly seufzte. Konnte sie es Karl heute also auch nicht recht machen! Schon bei ihrem Eintreten hatte er an ihrem Kleid herumgemäkelt, dessen cremefarbener Ton sie seiner Ansicht nach blass erscheinen ließ. Dann hatte er sich an ihrem Parfüm gestört, das ihn an seine Mutter erinnerte, dabei war es eigens für sie vom großen Parfümeur Lodovico Borsari aus Parma kreiert worden.
    »Und wenn schon, du verpestest damit meine gute Luft«, hatte er geknurrt.
    Statt nach dieser Beleidigung einfach wieder zu gehen, hatte sie das Thema angeschnitten, das ihr so sehr unter den Nägeln brannte: Wera und Eugen.
    »Wera will das Ulanenregiment besuchen – wenn ich das schon höre! Der Krieg ist vorbei, und ich hoffte, dasselbe gälte für Weras übertriebene Schwärmerei fürs Militär.«
    »Übertriebene Schwärmerei? Nur weil –«
    »Und dann noch mit Herzog Eugen«, unterbrach Karl sie heftig. »Mit diesem … Weiberheld!«
    Unwillkürlich lachte Olly auf. »Ach Karl, du hörst dich an wie ein eifersüchtiger Vater. Dass Wera nicht ewig das kleine Mädchen bleibenwird, das Gedichte schreibt und Eidechsen malt, wussten wir doch von Anfang an. Nun ist sie eine junge Frau, und es liegt an uns, sie auch in dieser Lebensphase, so gut es geht, zu begleiten.«
    »Das will ich doch auch«, murmelte Karl mürrisch.
    Olly nickte. Trotz der Bärbeißigkeit, die er manchmal auch gegenüber Wera an den Tag legte – im Stillen liebte er dieses Kind mindestens so abgöttisch wie sie.
    »Es wäre schlimm, wenn ich nicht wie ein Vater denken und fühlen würde«, sagte er nun heftig. »Immerhin bin ich der einzige Vater, den Wera je hatte. Oder willst du das gleichgültige Verhalten, das dein Bruder seinem Kind gegenüber zeigt, als Elternschaft bezeichnen?«
    »Müssen wir diesen alten Sermon wieder anstimmen?«, seufzte Olly gequält.
    »Wera und Herzog Eugen – das gefällt mir nicht. Weißt du denn nicht, dass dieser Mann als der größte Frauenheld weit und breit gilt?«
    »Nichts als Gerüchte«, winkte sie verärgert ab.
    Karl lachte. »Wilhelm, mein Lieber, warum berichtest du meiner verehrten Frau nicht, was man sich in den Salons der Stadt über Herzog Wilhelm Eugen erzählt? Vielleicht glaubt sie dir eher als mir.«
    Eilfertig ließ der Angesprochene seine Feder sinken. » Der charmante Herzog wird er genannt. Und es wird über eine Affäre mit einer Tänzerin gemunkelt, jedenfalls wird Herzog Eugen verdächtig oft in der Nähe des Theaters gesichtet.«
    »Das ist mir bekannt«, sagte Olly erleichtert. Wenn es weiter nichts war! »Welcher junge Mann schwärmt nicht einmal in seinem Leben für eine hübsche Tänzerin? Ich halte Eugen für einen Ehrenmann, in seiner Begleitung wird unsere Wera gewiss nicht zu Schaden kommen.« Gedankenverloren

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