Die russische Herzogin
gute Partie? Mehr fällt dir dazu nicht ein? Was ist mit Weras Glück? Hast du darüber auch nur eine Minute lang nachgedacht?« Angewidert wandte er sich zum Gehen. Über die Schulter rief er ihr noch zu:
»Du hast wirklich überhaupt nichts verstanden, Olly!«
*
Wenige Tage später stattete Eugen seinem alten Bekannten, dem Stuttgarter Juwelier, einen neuerlichen Besuch ab. Die Augen des Mannes leuchteten auf, als er seinen guten Kunden sah. Rasch legte er Eugen eine Vielfalt an aufwendigem Geschmeide, klimpernden Armreifen und baumelnden Ohrgehängen vor. Schmuckstücke, die optisch einiges hermachten, bei denen er jedoch nur mindere Steine verwendet hatte. Der Gewinn war bei solchen »Blendern«, wie er diese Stücke nannte, immer besonders hoch.
Eugen schüttelte den Kopf. »Die Zeiten, in denen ich verspielten Tand gekauft habe, sind vorbei. Heute schwebt mir ein feiner Goldring mit einem Solitärstein vor. Beste Qualität, Sie wissen schon, was ich meine …« Noch etwas unsicher in seiner neuen Rolle, zündete er sich eine Zigarette an.
Natürlich hatte er Wilys Idee zuerst vehement von sich gewiesen. Er und die wilde Wera? Das konnte er sich nicht vorstellen. Doch seine Vorstellungskraft war dank Wilys Überzeugungskunst und seiner eigenen Verzweiflung rasch gewachsen.
Seine Geldsorgen wäre er mit einem Schlag los. Etty wäre sicher vorirgendwelchen Überfällen in ihrer Wohnung – dass er ihr diese überlassen würde, daran gab es für ihn nichts zu rütteln. Ein Abschiedsgeschenk sozusagen.
Und für ihn eine Vernunftehe. Vielleicht war das in seiner aussichtslosen Situation nicht das Schlechteste, redete er sich tapfer ein. Immerhin würde er nicht irgendjemanden heiraten. Außerdem: Irgendwann würde er Etty bestimmt wiedersehen …
»Darf ich fragen … Will sich der gnädige Herr etwa mit dem hübschen Fräulein aus dem Theater verloben?« Der Juwelier legte ein Tablett mit unzähligen Ringen auf den Tisch. Bunte Steine aller Art glitzerten Eugen entgegen. Er versetzte dem Tablett einen unwirschen Stoß.
»Was soll ich mit diesem billigen Zeug? Sehe ich so aus, als ob ich, der Herzog von Württemberg, eine Theatermamsell ehelichen wollte? Wenn Sie es genau wissen wollen, mein Lieber, eine echte Großfürstin werde ich heiraten. Sie haben den zukünftigen Schwiegersohn des Königs vor sich.«
Die Augen des Juweliers weiteten sich in ungläubiger Bewunderung. »Ein Verlobungsring für die Königstochter, du lieber Himmel, warum sagen Sie das nicht gleich?« Noch während er sprach, tauschte er das Tablett mit Ringen durch ein neues aus. Die Ringe auf dem zweiten Tablett wiesen nur hochkarätige Diamanten auf.
»Darf ich dem gnädigen Herrn etwas zu trinken anbieten, während er seine Wahl trifft?« Eilig winkte er seine Tochter heran, ein blasses Ding mit feindseligem Blick, das Eugen bisher immer nur abschätzig angeschaut hatte.
»Ein Glas Champagner für den Herrn?«, sagte die junge Frau und machte dabei einen Knicks.
Das waren ja völlig neue Töne! Eugen grinste in sich hinein. Dann zeigte er auf die Diamantringe.
»Was meinen Sie, welcher ist der Richtige für meine Braut?«
Kerzenschein, üppige Kronleuchter, ein Strauß Rosen, Klaviermusik im Hintergrund, dazu ein feines Essen und Champagner – in dieserAtmosphäre wollte Eugen Wera seinen Antrag machen und das Verlobungsgeschenk übergeben.
»Eine Katastrophe!«, rief Wily entsetzt, als er ihm seine Pläne kundtat. »Ich sehe im Geist schon ein versehentlich umgeworfenes Glas vor mir. Und Wera, die aufspringt, um dem Klavierspieler zu erklären, dass man ihrer Ansicht nach Beethovens Sonaten viel lebhafter interpretieren sollte. Deine Zukünftige hat doch kein Sitzfleisch, am Ende rennt sie noch vor dem Dessert und deinem Antrag auf und davon! Nein, unsere wilde Wera musst du anders betören …«
*
»Was für eine gute Idee von dir, in den Schönbuch zu fahren! Ich liebe den Wald über alles, keine andere Landschaft liegt mir so sehr am Herzen. Allein die Luft hier! So würzig und rein.« Während die Kutsche in den Hof von Schloss Bebenhausen einfuhr, strahlte Wera Eugen an.
»Als ob ich dich zu einem langweiligen Diner einladen würde«, erwiderte Eugen und tätschelte ihre Hand. »Ich weiß doch, wie sehr du die Natur liebst. Mir geht es ja nicht anders, ich fühle mich draußen auch sehr wohl.«
Wera lächelte glücklich.
Als sie am Vorabend seine Nachricht erhalten hatte, in der er höflich anfragte, ob sie
Weitere Kostenlose Bücher