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Die russische Herzogin

Titel: Die russische Herzogin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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Genieße den Augenblick, du hast so lange auf ihn gewartet! , schimpfte sie sich im Stillen aus.
    »Meinst du, du kannst hier entlanglaufen?« Eugen zeigte skeptisch auf ihre goldenen Schuhe, dann auf den erdigen Waldpfad, der in den Kiesweg, auf dem sie bisher unterwegs gewesen waren, überging.»Eigentlich wären Wanderstiefel für diesen Weg die bessere Wahl gewesen …«
    »Wenn es sein muss, laufe ich mit dir ans Ende der Welt«, sagte sie forsch, während ihre Absätze im weichen Waldboden einsanken. Tannen, Fichten und Eichen, die an manchen Stellen schon verfärbt waren, hüllten sie wie in einen Kokon ein. Durch das noch dichte Blätterkleid fiel das Sonnenlicht in goldenen Sprenkeln auf den Boden, leuchtete hier eine bizarre Wurzel aus, strahlte da eine Insel aus Moos an. Wera blinzelte, als das Sonnenlicht auch sie erfasste. Je weiter sie in den Wald hineinliefen, desto gedämpfter wurden die Geräusche, die bisher vom Schloss zu ihnen herüberdrangen. Der Bratenduft wurde abgelöst von erdigeren Tönen. Hier roch es nach Pilzen, Baumrinde, nach dunklen Beeren und Kiefernharz.
    Wo gehen wir hin, was hast du vor?, wollte Wera fragen, doch inzwischen war ihr Mund so trocken, dass sie keinen Ton mehr herausbekam. So bezaubernd dieser Waldspaziergang auch war, er machte ihr gleichzeitig ein wenig Angst. Hierher ging man doch nicht, um einer Dame einen Antrag zu machen, oder? Argwöhnisch lugte sie zu Eugen hinüber, der jedoch mit konzentriertem, nach vorne gerichtetem Blick ausschritt, geradeso, als wäre er auf der Suche nach etwas. Seltsam …
    Während der Kutschfahrt hatten sie über dieses und jenes gesprochen. Über das andauernd schöne Herbstwetter. Über Karl, der schon wieder eine Reise in den Süden plante.
    »Der König von Württemberg hält sich bald mehr in Frankreich als in seinem eigenen Land auf«, hatte Wera moniert.
    »Olly geht doch auch ihre eigenen Wege, wieso sollte der König ihr darin nachstehen?«, hatte Eugen lachend erwidert. Dann hatte er von seiner Kindheit im schlesischen Bad Carlsruhe erzählt und davon, dass er seine Heimat bald wieder einmal besuchen wolle. Mit keinem Wort hatte er angedeutet, dass Wera ihn dabei begleiten könne.
    Ihr goldener Absatz verfing sich an einer Wurzel, sie stolperte. Was, wenn das alles ein fürchterlicher Irrtum war? Womöglich wollteEugen gar nicht um ihre Hand anhalten? Es wäre nicht das erste Mal, dass Karl etwas falsch verstanden hätte. Je länger Wera über diese Möglichkeit nachdachte, desto plausibler erschien sie ihr. Mit aufsteigenden Tränen kämpfend, stakste sie in ihren goldenen Schuhen schweigend hinter Eugen her.
    Sie waren ein gutes Stück gegangen, als inmitten des sattgrünen Waldes plötzlich etwas Silbernes aufblitzte.
    »Da wären wir«, sagte Eugen und hörte sich ziemlich erleichtert an.
    Wera kniff die Augen zusammen, um besser sehen zu können. War das wirklich ein Sektkühler? Nicht zum ersten Mal wünschte sie sich eine Brille. Doch in diesem Fall trogen ihre Augen sie nicht. Und da – tatsächlich! Auf einem umgefallenen Baumstamm standen wie Objekte aus einer anderen Welt zwei geschliffene Kristallgläser.
    »Nach dem langen Weg steht mir der Sinn nach einem Glas Champagner, dir nicht auch?«
    Sprachlos sah Wera zu, wie Eugen gekonnt den Korken der Champagnerflasche löste. Die Flüssigkeit perlte weißgolden im Sonnenlicht, als er die Gläser zur Hälfte füllte.
    »Auf dich, liebe Wera!« Mit einem kristallenen Klirren stießen sie an. Aus dem Geäst einer Tanne drang der kurzweilige Gesang eines Vogels zu ihnen. Er hörte sich an, als habe seine Frühlingsliebe gehalten, was sie versprochen hatte.
    »Wollen wir uns setzen?« Eugen zeigte auf eine bestickte Decke in Grüntönen, die malerisch über einem zweiten Baumstamm ausgebreitet war. Ein Korb mit Brezeln, der gerade von Ameisen heimgesucht wurde, stand ebenfalls parat. Leise fluchend, schüttelte Eugen die Viecher ab, dann hielt er Wera eine Brezel hin.
    »Die isst meine Brezelprinzessin doch besonders gern, oder?«
    Verwirrt ließ sich Wera nieder. Sie nahm einen Schluck Champagner. Die kalte Flüssigkeit rann frisch ihre Kehle hinab und breitete sich als Hochgefühl in ihrem Magen aus.
    »Sag mal, kannst du zaubern? Wie kommt all das hierher?«
    Eugenzuckte nur mit den Schultern.
    »Für den heutigen Tag wäre mir kein Aufwand zu groß gewesen, glaube mir. Ich bin bloß froh, dass mir meine kleine Überraschung gelungen ist. Falls du dich traust,

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