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Die russische Herzogin

Titel: Die russische Herzogin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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letzter Zeit. Auf einmal tat es ihr leid, dass sie ihn angeraunzt hatte. Karl war nun einmal so, schon immer. Warum machte sie ihm ausgerechnet jetzt einen Vorwurf daraus? Konzentrier dich, bei Karl kannst du dich später entschuldigen!, mahnte sie sich und sagte in freundlicherem Ton:
    »Ich freue mich, dass Sie meiner Einladung gefolgt sind.« Lächelnd schaute sie ihre Gäste an, zwei Bankdirektoren, der Besitzer einer Möbelfabrik, der Leiter der Garten- und Baudirektion und zwei hohe Verwaltungsbeamte.
    »Hoheit weiß, dass wir einer Einladung ins Kronprinzenpalais stets gern folgen, auch wenn solche Zusammentreffen nicht immer von einem fruchtbaren Ausgang gekrönt werden«, erwiderte Friedrich Hackländer ebenfalls lächelnd.
    »Was in den seltensten Fällen an mir liegt, Herr Hackländer«, erwiderte Olly schärfer, als sie wollte. Hatte sie sich nicht vorgenommen, sich nicht von ihm provozieren zu lassen? Dass ausgerechnet Karls ausrangierter Sekretär von König Wilhelm vor ein paar Jahren zum Leiter der Bau- und Gartendirektion berufen worden war, ärgerte sie maßlos. Ändern konnte sie daran nichts, vielmehr galt es, sich so gut wie möglich mit dem Mann zu arrangieren. Aber genau das wollte ihr einfach nicht gelingen.
    Sie begann den anwesenden Herren von ihrem Vorhaben zu berichten, in einem verwaisten Gebäudekomplex am Rande des Bahnhofs ein neues Kinderheim einzurichten. Mit ein wenig Unterstützung finanzieller und praktischer Art – an dieser Stelle warf sie dem Möbelfabrikanten einen langen Blick zu – würde das Unternehmen kostengünstig zu meistern sein.
    Natürlich gab es Einwände und Fragen, doch auf fast alle hatte Ollyeine Antwort. Erstaunlicherweise blieb Friedrich Hackländer stumm.
    Ich habe sie! , frohlockte Olly bereits angesichts der wohlwollenden Mienen der Herren, als ihr alter Widersacher das Wort ergriff.
    »Liebe Kronprinzessin, verstehen Sie mich nicht falsch, wir alle wissen Ihren Eifer und Ihr Engagement für Kinder sehr zu schätzen. Aber letztlich ist es doch der König, der entscheidet, was mit dem von Ihnen angeführten Gebäudekomplex geschehen soll. Und wenn ich mich recht erinnere, sprach unser Regent davon, die drei Häuser abreißen zu lassen. Für eine aufwendige Renovierung haben wir kein Geld. Außerdem – heute ist es ein Kinderheim. Morgen eine Kinderrettungsanstalt. Und übermorgen dann eine Waisenschule oder sonst etwas.« Mit einem fast unmerklichen Heben der Augenbrauen schaute er in die Runde. »Die Kronprinzessin hat so viele Ideen …«
    Noch während Hackländer sprach, spürte Olly, wie die Stimmung am Tisch umschlug. Der Bankdirektor, der schon seinen Federhalter gezückt hatte, steckte diesen wieder fort. Einer der hochrangigen Beamten nestelte seinen Schal aus der Jackentasche, als wollte er gehen. Und der Möbelfabrikant, der sich in der Rolle eines Wohltäters recht gut gefallen hatte, schaute verunsichert von einem zum anderen.
    Hackländer lächelte weise. »Am besten lassen wir uns alle diese … Idee noch einmal in Ruhe durch den Kopf gehen, nicht wahr? Wenn Sie mögen, lege ich beim König auch gern ein gutes Wort für Sie ein, Kronprinzessin.«
    Mit steifem Nacken drehte sich Olly zu ihm um. »Das ist nicht nötig, Herr Hackländer. Ich sehe meinen Schwiegervater heute Abend, da werde ich selbst mit ihm sprechen.« Mit einem eisigen Lächeln verabschiedete sie die Runde und rauschte davon.
    »Lächeln, um nicht weinen zu müssen«, hieß es nicht so?
    *
    »Nocheine Schreibstube, o nein!« Die Klinke in der Hand, schaute Wera in den verwaisten Raum, dann zog sie die Tür rasch wieder zu.
    Eigentlich war für diesen Nachmittag Deutschunterricht angesagt. Doch statt mit dem eigens dafür einbestellten Lehrer im eigens dafür vorgesehenen Salon brav am Tisch zu sitzen, erkundete Wera lieber das Kronprinzenpalais. Welchen Sinn hatte es, Deutsch zu lernen? Sie würde mit ihren Eltern doch bald wieder nach Russland reisen. In Russland war Deutsch so unnütz wie … Wera suchte vergeblich nach einem passenden Vergleich.
    Außerdem war der Deutschlehrer öde. Er sprach so leise, dass sie sich anstrengen musste, um ihn überhaupt hören zu können. Und er hüstelte nach jedem dritten Wort. Beides machte Wera nervös. In den wenigen Stunden, die sie seinem Unterricht beigewohnt hatte, hatte sie schließlich selbst zu hüsteln begonnen, woraufhin der Mann glaubte, dass sie ihn nachäffte, und ihr Schläge androhte. Da war es doch besser, sie

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