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Die russische Herzogin

Titel: Die russische Herzogin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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ebenfalls niemand. Die Waisenheime, die Heil- und Pflegeanstalten für Schwachsinnige, die Blindenanstalt, das Krankenhaus, das die Stuttgarter liebevoll »Olgäle« nannten – allein der Unterhalt der Gebäude fraß alljährlich Unsummen an Geld, ganz zu schweigen von den Gehältern der Angestellten und den Lebenshaltungskosten der Insassen.
    »Du lässt dir das Geld viel zu leicht aus der Tasche ziehen«, rügte Karl sie immer wieder. »Es muss nur einer daherkommen und ordentlich jammern, und schon zückst du den Geldbeutel!« Olly hatte für solche Reden wenig übrig. Man musste doch nur offenen Auges durch die Stadt und durchs Land fahren, um zu sehen, wo Mangel herrschte. Karl, der die meiste Zeit in irgendwelchen verrauchten Salons verbrachte, bekam davon natürlich nichts mit. Er wollte gar nichts mitbekommen!
    Ohne die gewieften Hauswirtschafterinnen in den einzelnen Heimen und ohne die klugen Berater, die ihr selbst- und kostenlos zur Seite standen, wären all ihre Unterfangen gar nicht machbar, das wusste Olly nur zu gut. Und sie war den Damen und Herren überaus dankbar für ihre Anstrengungen. Dass es dennoch an allen Ecken und Enden fehlte, davon hatte sie sich zwei Wochen zuvor überzeugen können, als sie bei der sogenannten »Armenweihnacht« einen Großteil der Stuttgarter Institutionen besuchte, um kleine Geschenke und Almosen zu verteilen.
    Angewidert legte Olly ihre Feder beiseite. Und wenn sie noch so viel hin und her rechnete – irgendwo fehlte es immer. Verflixt, wenn sie nur an ihre festgelegten Gelder käme! Mit fünfzehn-, zwanzigtausend Gulden würde sie derzeit sehr weit kommen. Damit würde sie nicht nur das Dach der Nikolauspflege richten lassen können, sondern vieles mehr. Vielleicht reichte das Geld sogar, um ein geeignetes Gebäude zur Errichtung einer weiteren Kinderkrippe –
    Olly zuckte zusammen, als sie plötzlich zwei Hände auf ihren Schultern spürte. »Spielst du wieder die Buchhalterin, meine Liebe?«
    »Karl! Ich habe dich gar nicht kommen hören!« Sie drehte sich zu ihm um und stellte fest, dass er seinen voluminösen dicken Pelzmanteltrug, in dem er Olly stets ein wenig an einen ausgestopften Bären erinnerte. Ein Geschenk ihres Vaters.
    »Du willst ausgehen?«
    »Ein kleiner Spaziergang, bis zur Lotterie am Abend bin ich zurück. Aber Liebes, wolltest du nicht mit Wera Goldsterne basteln?«
    »Ein Goldesel wäre mir lieber«, antwortete sie sarkastisch. »Karl, Liebster, ich weiß, dass dir dieses Thema zuwider ist, aber kannst du nicht doch noch einmal mit deinem Vater sprechen? Wenn ich über meine fest angelegte Mitgift verfügen könnte, wären all meine Probleme gelöst.« Sie machte eine Handbewegung, mit der sie die Unterlagenberge auf ihrem Schreibtisch einschloss.
    »Mit Vater reden – jetzt in seinem Zustand –, du weißt so gut wie ich, dass das vergebliche Liebesmüh ist. Ehrlich gesagt weiß ich nicht, warum du überhaupt noch einmal damit anfängst.« Karl zupfte sich ein Haar von der Schulter und ließ es auf Ollys Teppich fallen.
    » Gerade jetzt in seinem Zustand!«, entgegnete sie heftig. »Er ist doch längst nicht mehr in der Lage, dafür zu sorgen, dass mein Geld bestmöglich angelegt wird. Warum überlässt er dies irgendwelchen Bankangestellten und nicht uns? Ich möchte selbst kontrollieren, was mit meinem Geld geschieht!«
    »Geld, Geld – musst du mir ständig vor Augen führen, welch erbärmliches Leben du an meiner Seite führst? Ich bin halt ein armer Schlucker …« Karl bedachte sie mit einem seiner verletzten Blicke.
    Doch anstatt ihn tröstend in den Arm zu nehmen und ihm beizupflichten, wie geizig der König seinem einzigen Sohn gegenüber war, sagte Olly barsch:
    »Du bist mir eine große Hilfe! Geh spazieren, dann bist du mir wenigstens nicht im Weg. Während du dich vom Nichtstun erholst, darf ich wieder einmal betteln gehen, wie es sich für die Frau des Thronfolgers gehört.« Sie straffte ihre Schultern, raffte die Unterlagen zusammen und ging ohne ein weiteres Wort an ihrem Mann vorbei aus dem Raum.
    Wieso oft war Olly auch dieses Mal die einzige Frau. Das halbe Dutzend Herren, das sie in ihren Blauen Salon zu Tee und russischen Süßigkeiten eingeladen hatte, saß schon erwartungsvoll um den ovalen Tisch, als sie eintrat.
    »Kommen wir gleich zur Sache«, sagte sie und räusperte sich, als sie merkte, dass sie noch immer den ungehaltenen Ton an sich hatte, in dem sie gerade zu Karl gesprochen hatte. Wie so oft in

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