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Die russische Herzogin

Titel: Die russische Herzogin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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Viardot auch? Singt sie wieder für uns? Darf sie auch ein Los ziehen?«, fragte Wera, während sie durch den Flur gingen.
    Eve lachte. »Die Viardot hat mit ihren beiden Männern doch längst das große Los gezogen! Auf ihren Gesang werden wir heute leider verzichten müssen.«
    Wera witterte ihre Chance. »Dann singe ich für euch. Wenn ich dafür ein zweites Los bekomme …«
    »Du wirst dich unterstehen«, antwortete Eve.
    *
    »Da kommen sie ja endlich«, sagte Karl. »Olly, Liebste, willst du Wera nicht kurz zur Seite nehmen und sie darauf einschwören, beim Abendessen ausnahmsweise einmal brav zu sein?«, fügte er flüsternd hinzu. »Meine Mutter leidet unter Kopfschmerzen, da wärees nicht dienlich, wenn das Kind …« Als er Ollys düsteren Blick bemerkte, ließ er seinen Satz unbeendet.
    Olly schaute von ihm zu seiner Mutter, die einem ihrer Dienstmädchen gerade wort- und gestenreich erklärte, dass das geschnittene Brot im Korb trocken wäre und man es zukünftig erst kurz vor dem Servieren schneiden möge. Sehr leidend sah die Königin nicht aus.
    Verflixt, wenn wenigstens Wilhelm gekommen wäre! Dann hätte sie ihn beiläufig nach den Gebäuden hinter dem Bahnhof fragen können. Wer weiß, vielleicht wäre er guter Laune gewesen und hätte ihrem Vorhaben sogar spontan zugestimmt. Dies war zwar bisher nur allzu selten vorgekommen – vielmehr hatte er meist alles Erdenkliche an ihren Ideen auszusetzen –, aber Olly weigerte sich, die Hoffnung aufzugeben. Nun würde sie sich in den nächsten Tagen eben einen offiziellen Termin bei ihm geben lassen.
    »Gar nichts werde ich zu Wera sagen«, erwiderte sie ihrem Mann leise, aber bestimmt. »Wenn ich das Kind unter Druck setze, passiert erst recht ein Missgeschick. Sie soll unverkrampft sein.«
    »Das wäre ich auch gern«, murmelte Karl misslaunig.
    Olly verzichtete auf eine Antwort. Schon merkte sie, wie sich ihr Nacken verspannte, und auch in ihrer Brust spürte sie einen Druck. Sie versuchte, tief Luft zu holen, um ihn loszuwerden. Es gelang ihr nicht.
    »Außerdem – es war deine Idee, deine Eltern für heute Abend einzuladen, nicht meine«, fuhr sie Karl an, fühlte sich danach aber auch nicht besser. Wenn das Diner nur schon vorbei wäre! Inzwischen hatte sie das Gefühl, dass ihr Leben nur noch aus einer Aneinanderreihung von Mahlzeiten bestand, die es ohne größere Schäden zu überstehen galt.
    Hätte ihr im Vorfeld von Weras Ankunft jemand erzählt, wie anstrengend es sein würde, Mahlzeiten mit einem Kind am Tisch einzunehmen, hätte sie dies nie geglaubt. Was sollte schon dabei sein? Mit ein bisschen gutem Willen musste ein fast zehnjähriges Mädchen doch in der Lage sein, ein Stück Braten zu schneiden und eine Kartoffel aufzuspießen. Und wenn doch einmal ein Bissen danebenfiel,war dies noch lange kein Grund, ein Kind allein oder lediglich in Gesellschaft einer Gouvernante in seinem Zimmer essen zu lassen. Solche altmodischen Methoden hatte man vielleicht in ihrer Kindheit gepflegt, sie jedoch wollte Wera in ihr Leben mit einbeziehen, hatte sie Karl erst vor ein paar Tagen erklärt. Davon abgesehen: Wera hatte gar keine Gouvernante, mit der sie hätte essen können. Vielleicht … würde sich Evelyn einmal erbarmen? Der Gedanke, wieder allein und in Ruhe speisen zu können, erschien ihr auf einmal sehr verführerisch.
    »Da seid ihr ja endlich«, sagte Olly lächelnd, als ihre Hofdame mit Wera an der Hand an den Tisch trat.
    »Ich habe eine Spinne gesehen, die war so groß!« Wera zeigte mit ihren Händen die Ausmaße einer Katze an. »Spinnen bringen Glück, sagt man bei uns in Russland. Guten Tag, Frau Königin. Warum ist der König nicht da?«
    Olly und Karl lachten. Weras Sprunghaftigkeit war manchmal wirklich herzerfrischend. Olly spürte, wie sich die Muskeln in ihrem Nacken ein wenig entspannten. Doch ein Blick ins Gesicht ihrer Schwiegermutter reichte, dass es ihr gleich wieder schlechter ging.
    »Wie kann ein Kind nur so naseweis sein. Aber wenn du es unbedingt wissen musst: Der König ist anderweitig beschäftigt«, erwiderte Pauline säuerlich. Dann wandte sie sich an ihren Sohn. »Mein armer Karl! Was musst du nur aushalten. Es wird höchste Zeit, dass deine Frau dem Mädchen Anstand und Manieren beibringt …«
    Olly presste die Lippen zusammen, um nicht vor Wut aufzuschreien. Wie sie es hasste, wenn die Königin zu ihrem »armen Karl« sprach, als wäre sie nicht anwesend!
    »Wera hat nur eine Frage gestellt. Ich weiß

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