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Die russische Herzogin

Titel: Die russische Herzogin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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sie mit ihrem Charme und ihrer Schönheit im Mittelpunkt. Nicht anders war es bei ihr, Olly, und ihren beiden schönen Schwestern gewesen.Olly machte sich keine Illusionen darüber, dass an der Seite ihres Ehemannes ein großer Teil ihres einstigen Glanzes erloschen war, erdrückt von zu vielen Regeln und einem freudlosen Alltag. Der österreichischen Kaiserin hingegen war es anscheinend gelungen, ihr Temperament und ihre Lebensfreude auch als Ehefrau beizubehalten. In ihrer Nähe verspürte Olly wieder eine Art jugendlichen Leichtsinn, den sie längst erloschen wähnte. Sie war zwar nicht mehr ganz jung, aber eine Nacht durchtanzen konnte sie immer noch. Und feiern! Und fröhlich sein.
    Leider war ihr Übermut nicht ansteckend.
    »Keine Ahnung«, sagte Karl mürrisch. »Vielleicht hat sie Sascha samt seiner Geliebten eingeladen. Und einen russischen Tanzbären noch dazu. Franz Josephs Frau traue ich alles zu. Das ist mal wieder typisch für dich, dass du dich ausgerechnet an sie hängen musst«, ergänzte er feindselig.
    Olly seufzte. »Sisi ist eine fröhliche junge Frau, ich weiß nicht, was daran verkehrt sein soll. Hilfst du mir bitte?« Fragend hielt sie ihm ihr Rubincollier entgegen. Hätte sie bloß nicht ihrer Zofe und Evelyn freigegeben, dachte sie bei sich, als sie Karls unfreundlichen Blick sah. Wie abweisend er die Juwelen ergriff! Und wie grob er sie ihr um den Hals legte, kaum dass sie ihre Haare angehoben hatte. Als wäre ihm die kleinste Berührung unangenehm. Kein hingehauchter Kuss. Kein Streicheln über zarte Härchen. Kein »Wie schön du bist!«.
    Mit einer Zigarette in der Hand schaute er auf sie herab. »War’s das?«
    Wie ungeduldig er von einem Bein aufs andere trat. Als könne er es nicht erwarten, von ihr fortzukommen.
    »Liebst du mich eigentlich noch?« Die Frage stand so plötzlich im Raum, dass Olly einen Moment lang nicht wusste, ob sie sie laut ausgesprochen oder sie nur gedacht hatte.
    Er runzelte die Stirn. »Beeil dich! Je früher wir bei Sisis Fest auftauchen, desto früher können wir auch wieder gehen. Ich warte im Rauchersalon auf dich.«
    Niedergeschlagen schaute Olly ihrem Ehemann nach. Ach Karl, washabe ich dir nur getan?, dachte sie traurig, während sie sich ohne seine Hilfe die tropfenförmigen Rubinohrgehänge anlegte.
    Es war nicht so, dass Karls Distanziertheit ihr gegenüber etwas Neues für sie wäre. Oder seine Ungehaltenheit. Seine schlechte Laune. All das war ihr aus Stuttgart nur allzu bekannt. Karl ärgerte sich gern. Wegen Wera, wegen ihres seiner Ansicht nach zu großen Engagements in wohltätigen Dingen, wegen tausend anderer Dinge, die sie ihm nicht recht machen konnte. Am liebsten hätte er wahrscheinlich gehabt, dass sie wie seine Mutter wäre: still, brav und bescheiden.
    Hier in Bad Kissingen, in fremder Umgebung, weit entfernt von den Alltagssorgen und ihrem anstrengenden Patenkind, hatte sie gehofft, ihrem Mann wieder näherkommen zu können. Eine vergebliche Hoffnung, dachte sie bitter, während sie Parfüm auf die Handgelenke und den Hals tupfte. Doch anstatt sie zu erfreuen, verursachte der Duft nach Rosen und Sandelholz einen Kloß in ihrem Hals. Sie rümpfte die Nase.
    Sicher, nach außen hin gaben sie nach wie vor ein attraktives Paar ab. Im Kreise anderer war Karl ihr gegenüber aufmerksam und liebenswert.
    »Du hast wahrhaft Glück gehabt mit deinem Mann, Karl ist dir nach fast zwanzig Ehejahren noch immer zugetan wie am ersten Tag«, hatte ihre Schwägerin Cerise, Saschas Frau, erst gestern neidvoll gesagt.
    Wenn ihr wüsstet, hatte Olly in diesem Moment resigniert gedacht. Denn kaum waren sie zu zweit, starrte Karl dumpf vor sich hin oder brütete stundenlang über dieser oder jener Bemerkung, die in ihrem Kreis gefallen und seiner Ansicht nach gegen ihn gerichtet gewesen war. Sie, Olly, ließ er die meiste Zeit einfach links liegen.
    Die Rubine funkelten blutrot an ihren Ohren und zauberten einen rosigen Schimmer auf ihre Wangen.
    »Schön siehst du aus«, flüsterte sie ihrem Spiegelbild zu. Bevor sie in Tränen ausbrechen konnte, setzte sie ein tapferes Lächeln auf.
    Lachen, um nicht zu weinen – hieß es nicht so?
    Inder Villa wimmelte es nur so von Gästen, in allen Salons, auf der großen Terrasse mit Blick auf die Fränkische Saale, ja selbst durch den Rosengarten strömten Sisis und Franz’ Gäste. Mehrere kleine Orchester spielten an verschiedenen Stellen auf. Nur mit Mühe drängten sich Karl und Olly durch die

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