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Die russische Herzogin

Titel: Die russische Herzogin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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küsste sie, als wollte er seine Worte damit besiegeln.
    Iwan, der Krieger! Ein Leben an Iwans Seite, in seinen Armen, umhüllt von seiner Wärme, seiner unglaublichen Zärtlichkeit, Geborgenheit für immer. Einen Moment lang schloss Olly die Augen und gab sich dieser Illusion hin. Alles hinter sich lassen. Noch einmal neu anfangen. Doch dann riss sie sich zusammen und sagte:
    »Aber es geht doch nicht allein um uns. Ich bin eine verheiratete Frau, und dann ist da auch noch Wera …«
    »Wera ist das Kind deines Bruders. Was, wenn er sich entschließt, sie nach der Kur zu sich zu nehmen? Dann stehst du mit Karl wieder allein da. Olly, soll es das wirklich für uns zwei gewesen sein – ein bisschen Liebe und dann adieu, mon amour? Das kannst du uns nicht antun, ich flehe dich an, gib unserer Liebe eine Chance!«

14. KAPITEL
    Z um wiederholten Male schaute Helene Trupow auf die Standuhr, die an der Längsseite des großen Saales von Schloss Rosenstein stand. Obwohl es draußen gerade erst dämmerte, war es fast halb zehn am Abend. Der vierundzwanzigste Juni – in St. Petersburg feierte man die weißen Nächte, aber auch in Stuttgart waren die Nächte inzwischen wie verzaubert: der Duft der Rosen, der sich im Stadtkessel besonders lange hielt, die Straßenmusikanten mit ihren romantischen Geigenklängen, die vielen Blumenrabatten entlang der Straßen. Baden-Baden konnte keinesfalls schöner sein! Wie viel anders als noch vor ein paar Wochen sah die Welt nun aus …
    Umso ärgerlicher war es, dass sie hier, in diesem kalten Kasten, festsaß, ärgerte sich Helene. Wenn es ihr jetzt nicht bald gelang, Wera vom Bett ihres kranken Großvaters loszueisen, würde sie nicht da sein, wenn Igor Titow, seines Zeichens königlicher Hoflieferant von Möbeln aller Art, sie um zehn Uhr vor der Tür des Kronprinzenpalais abholen wollte.
    Igor … Ein glückliches Lächeln umspielte Helenes Mund. Dass es so schnell gehen würde, einen potentiellen Bräutigam zu finden, hätte sie nie im Leben gedacht. Welch gnädiges Schicksal hatte sie nach Stuttgart verschlagen!
    Es wäre zwar vermessen gewesen, bei einer Größe von geschätzten ein Meter sechzig bei Igor Titow von »einem Bild von Mann« zusprechen. Aber was ihm an Höhe fehlte, machten sein enormer Bauchumfang und sein Auftreten wett, das dem eines reichen Landfürsten ähnelte. Nun, adelig war Igor zwar nicht, dafür umso reicher. Außerdem besaß er die schönsten Augen, die Helene je bei einem Mann gesehen hatte. Und wie er sie stets daraus anstrahlte! Anfangs war sie unruhig von einem Bein aufs andere getreten, wann immer sein Blick auf ihr ruhen blieb. War etwas an ihrer Garderobe auszusetzen? Hatte sie Flecken auf dem Kragen, so wie Frau Öchsele des Öfteren? Oder fand Igor ihre Nase zu lang? Bemängelte er die vielen kleinen Falten rund um ihre Augenpartie? Wie eine Schildkröte sah sie aus, stellte Helene ungnädig bei jedem Blick im Spiegel fest.
    Igor Titow sah jedoch weder ihre Falten noch ihre Hakennase. Und wenn er sie sah, fand er sie wohl hübsch, jedenfalls wurde er nicht müde, ihr dies immer wieder zu bestätigen. Noch nie hatte sie sich so begehrt, ja geradezu schön gefühlt wie bei Igor. Was er sich wohl für den heutigen herrlichen Sommerabend ausgedacht hatte? Ein Ausflug in den Schlosspark? Oder –
    Ein lautes, hartes Husten riss sie aus ihren schönen Gedanken. Der König war wieder einmal aus seinem unruhigen Schlaf erwacht. Missmutig beobachtete sie, wie Wera dem Kranken eilfertig eine Porzellanschale hinhielt. Sogleich landete blutdurchzogener Schleim darin. Angeekelt wandte sich die Gouvernante ab. Kein Wunder, dass die anderen längst gegangen waren!
    Im Laufe des Abends hatten sich alle in Stuttgart weilenden Kinder des Königs am Krankenbett versammelt. Auch ein paar Enkel waren gekommen. Allem Anschein nach hatten die Ärzte ihnen verkündet, des Königs letzte Stunde habe geschlagen. Doch nach spätestens einer halben Stunde waren sie wieder gegangen, eifrig Pläne für den Abend schmiedend. Der König und sterben? Daran glaubte niemand. Lediglich Pauline hatte bleiben wollen, doch wieder einmal war es zu einem höchst unerfreulichen Wortwechsel zwischen dem König und ihr gekommen, woraufhin sie beleidigt abgerauscht war. Hätte er nicht auch Wera fortschicken können?, fragte sich Helene Trupow missmutig.
    Eine»alte Zosse« hatte der König seine Gattin genannt – unglaublich. Aber hatte sie es nicht schon immer gesagt? Wenn man

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