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Die russische Herzogin

Titel: Die russische Herzogin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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gekommen. Es stimmte, sie wusste nichts über den Mann, und dabei war sie im Begriff, sich neu in ihn zu verlieben.
    »Es gibt nicht viel zu sagen, die langen Jahre im Kaukasus haben mich nicht gerade zu einer begehrenswerten Partie gemacht«, antwortete Iwan ironisch. »Natürlich bin ich während meiner Heimaturlaube der einen oder anderen Einladung in einen der Petersburger Salons gefolgt. Du hättest mal sehen müssen, wie misstrauisch die Damen mich musterten! Als wäre ich genau solch ein Wilder wie die eingeborenen Stammeskrieger, die ich zu bekämpfenhatte.« Sein Schulterzucken drückte Resignation und Bedauern zugleich aus. »In Georgien, da gab es eine, die mir gefiel, aber daraus wurde nichts.«
    »Und wer war diese Frau?«, fragte Olly mit einer Spur von Eifersucht.
    Iwan, der den Unterton in ihrer Stimme gehört hatte, lächelte.
    »Sie heißt Ekaterina und war eine georgische Prinzessin, bevor Russland ihrer Familie Rang und Titel abgenommen hat. Als ich sie kennenlernte, war sie jung und wunderschön, und schon Witwe. Ihrer Familie gehörte ein riesiger Palast in Mingrelien, einer der größten Provinzen Georgiens. Sie –«
    »Meinst du etwa Ekaterina Chavchavadze?«, unterbrach Olly ihn. »Sie ist eine Bekannte von Sascha, ich habe sie bei einem meiner Russlandbesuche in Zarskoje Selo kennengelernt.« Eifersucht wallte in Olly auf wie überkochende Milch. Auch Sascha hatte des Öfteren von der hübschen Georgierin geschwärmt. Und hatte er nach dem Tod ihres Mannes nicht sogar die Schulkosten für ihre Kinder übernommen?
    »Hat Sascha ihr nicht den Palast, in dem sie in Zarskoje Selo wohnt, geschenkt?« Aufgrund dieser Tatsache war Olly davon ausgegangen, die etwas hochmütig wirkende georgische Prinzessin sei eine weitere Geliebte des Zaren. Nun erfuhr sie, dass auch Iwan sie anziehend fand.
    Iwan nickte. »Aber nicht aus den Gründen, die du vielleicht annimmst. Vielmehr war es so, dass Sascha –«
    Iwan brach ab, als Karl auf sie zukam. Er trug eine Boulekugel in der Hand. Unter seinen Achseln waren dunkle Schweißränder zu sehen.
    Ausgerechnet jetzt musste er kommen, ärgerte sich Olly.
    »Wir müssen uns wiedersehen, allein! Am Ufer unten am Fluss sind meistens nur wenige Spaziergänger unterwegs«, raunte Iwan ihr zu.
    Olly nickte. »Morgen Mittag, wenn Karl Mittagsruhe hält.«
    Im nächsten Moment stand Karl mit hochrotem Kopf und düsterer Miene vor ihnen.
    »Ichmöchte mal wissen, was ihr so lange zu bereden habt. Wir anderen sind jedenfalls müde und durstig von unserem Spiel. Falls ihr euch also aufraffen könntet, wäre uns sehr daran gelegen, ins Kurcafé zu gelangen.«
    Auch der nächste Tag war ein strahlender, heißer Sommertag. Den ganzen Vormittag über war Olly nervös und gereizt, einmal fuhr sie Evelyn an, ein anderes Mal Karl. »Ich habe Migräne«, entschuldigte sie sich und zog sich in ihr Zimmer zurück, wo sie zwei Stunden damit verbrachte, zu überlegen, was sie zu ihrem Stelldichein mit Iwan anziehen sollte. Kaum hatte sich Karl zu seinem Mittagsschlaf zurückgezogen, schlich sie sich in einem unauffälligen geblümten Baumwollkleid davon.
    Du bist verrückt! Wenn dich jemand sieht, ist dein Ruf ein für alle Mal ruiniert! , rügte eine mahnende Stimme in ihrem Kopf, als sie, einen Sonnenschirm tief vor dem Gesicht, quer durch den Kurpark in Richtung Fluss eilte.
    Und wenn schon! Pfeif doch einmal auf deinen Ruf! , forderte eine andere, lautere Stimme.
    Und was ist mit Karl? Du bist eine verheiratete Frau! Nur weil deine Ehe in einer Krise steckt, kannst du dich doch nicht einfach einem anderen zuwenden , ertönte die erste Stimme erneut.
    Eine Krise? Dass ich nicht lache , spottete die zweite Stimme. Deine Ehe ist tot. Deine Liebe gestorben wie eine Pflanze, die nicht gegossen wurde. Doch während du für Karl immerhin noch etwas wie schwesterliche Zuneigung empfindest, scheinst du ihm gar nichts mehr zu bedeuten.
    Unter einem Kastanienbaum blieb Olly stehen. Warum musste immer alles so kompliziert sein? Sie war auf dem Weg zu einem alten Freund, mehr nicht.
    Mach dir nichts vor, Olga Nikolajewna! Du bist auf dem Weg zu deinem Geliebten, so sieht es aus.
    In einer sanften Biegung des Flusses wartete Iwan mit einem hölzernen Ruderboot auf sie. Ein wenig unsicher stieg Olly hinein, dannließen sie sich ein kleines Stück treiben. Eine angespannte Stille breitete sich zwischen ihnen aus, während die Sonnenstrahlen glitzernde Muster aufs Wasser zauberten. Olly war

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