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Die Saat der Erde Roman

Titel: Die Saat der Erde Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cobley
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alte Hyperion «, sagte er. »Was wäre, wenn die anderen Bord-AIs ebenfalls durchgedreht sind, wenn’s vielleicht ein Konstruktionsfehler war?«
    Theo zuckte die Achseln. »Von der Theorie habe ich auch schon gehört, und wenn es stimmen sollte, können wir von Glück sagen, dass wir überlebt haben.«
    »Das nennen Sie Glück, Major?«
    Sie schüttelten sich die Hand und gingen getrennte Wege. Theos Lächeln verblasste ein wenig, und seine Gedanken verdüsterten sich, als er die Brücke überquerte, die zum Tal der Erinnerung führte.

11 Greg
    Der Reporter Lee Shan musterte die Ruinen durch ein undurchsichtiges ovales Okular, das mit einem schlanken weißen Headset verkabelt war, dessen Halteband seinen kahlen Schädel umspannte und mit einer Art Halsband verbunden war. In der Nähe schwebte auf Suspensoren eine Ausrüstungstasche.
    »Sehr schön, Doktor Cameron, sehr atmosphärisch. Wir würden gern ein paar Aufnahmen von den Ruinen machen - und auch von den Beschäftigten, zumal am Opferaltar. Anschließend fügen wir noch Simz von den Uvolos ein, aber das wird von der Erdseite gemacht, bevor wir das Ganze übertragen …«
    Greg musterte den Reporter Lee Shan mit einer Mischung aus Verärgerung und Neugier und überlegte, wer da wohl gerade sprechen mochte, der Mensch oder das AI-Implantat. Dann zeigte er auf die graue Steinschale, die das Interesse des Reporters geweckt hatte.
    »Man nennt sie Uvovo, und das ist kein Opferaltar.«
    »Ich verstehe, ich verstehe, aber was ist es dann, Doktor?«
    »Mr. Lee«, sagte Greg mit Bedacht, »die Uvovo haben diese Ruinen vor Jahrtausenden aufgegeben, und anschließend wurde die ganze Landspitze von dichtem Dschungel überwuchert. Wir stehen hier gerade auf dem Dach, und die Schale wurde vermutlich für rituelles Feuer und zum Kochen benutzt.«
    »Dann sind Sie sich über deren Bedeutung also nicht ganz im Klaren?«

    »Die Uvovo haben bestätigt, dass bei ihnen niemals Blutopfer praktiziert wurden.«
    »Zweifellos eine nützliche Aussage, Doktor, aber wie können sie das nach Jahrtausenden noch so genau wissen?«
    Lee Shan lächelte. Im Hintergrund flitzten seine Mobilcams knapp über Kopfhöhe umher, filmten alles in Sichtweite und riefen ganz nebenbei große Heiterkeit bei den Uvovo-Gelehrten hervor. Das gewandte Lächeln des Reporters aber brachte Greg nur noch mehr auf und drohte die bereits überstrapazierten Grenzen seiner Höflichkeit zu sprengen. Er hätte über die Arroganz des Mannes hinwegsehen sollen, doch die Situation glich einer Tür, durch die er einfach hindurchtreten musste.
    Er erwiderte das Lächeln des Reporters.
    »Wissen Sie, Mr. Lee, vielleicht liegen Sie gar nicht so falsch. Vielleicht sind unsere Hypothesen einfach nicht phantasievoll genug. Wie wär’s damit - wir könnten zum Beispiel annehmen, dass die Vorfahren der Uvovo Verbrecher und Gefangene sagen wir einem Riesenalligator aus dem See geopfert haben und dass diese blutrünstigen Zeremonien nachts stattfanden, weil die Alligatoren nur nach Einbruch der Dunkelheit ans Ufer kamen. Diejenigen Raubtiere, die das Opfer verschmähten, wurden ihrerseits getötet und von den Uvovo verzehrt …«
    »Doktor, gibt es dafür irgendwelche Belege?«
    »Keinen einzigen, aber die Vorstellung ist doch amüsant, finden Sie nicht? Um diese Hypothese zu belegen, könnte ich vielleicht die Uvovo-Gelehrten dazu überreden, sich in Felle zu kleiden, rituelle Bemalung anzulegen und nach Einbruch der Dunkelheit für Sie und Ihre Kameras eine Aufführung zu veranstalten, Fackeln, Trommeln und Barfußtanzen inklusive. Vielleicht würden auch ein paar
Nordleute und dänische Kollegen mit gehörnten Helmen teilnehmen, und ich könnte meinen Kilt tragen. Was meinen Sie?«
    Es herrschte ehrfürchtiges Schweigen, und man hatte den Eindruck, die Uvovo-Gelehrten und Russforscher, die ihre Arbeit unterbrochen hatten, um den Wortwechsel zu verfolgen, hielten den Atem an. Der Reporter funkelte ihn verärgert an, doch sein Tonfall blieb gelassen.
    »Ich mag es nicht, wenn ich bei der Recherche behindert werde, Doktor.«
    »Nun, vielleicht haben Sie den Fehler gemacht, Fakten außer Acht zu lassen, die Ihnen nicht genehm sind, und zu erfinden, was Ihnen in den Kram passt.« Er senkte die Stimme. »Außerdem haben Sie den Fehler gemacht zu glauben, wir wären alle einfältige Bauern, die nach Ihrer gottgleichen Weisheit dürsten. Oder aber man hat Sie einfach schlecht beraten - es heißt, die persönlichen AIs wären alles

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