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Die Saat der Erde Roman

Titel: Die Saat der Erde Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cobley
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andere als unfehlbar.«
    In Lee Shans Blick lag eiskalte Ruhe.
    »Dann wollen Sie mich von der Ausgrabungsstätte verweisen?«
    »Bedauerlicherweise liegt das nicht in meiner Macht, da Sie zweifellos über eine schriftliche Aufenthaltserlaubnis des Instituts verfügen, weshalb es Ihnen freisteht, aufzuzeichnen, was immer Sie möchten. Allerdings bestehe ich darauf, dass Sie sich von den Ausgrabungsstellen und freigelegten Relikten fernhalten und niemanden bei seiner Arbeit stören. Was die Hintergrundinformationen angeht, so haben Sie ein Exemplar der Touristenbroschüre - ich schlage vor, dass Sie die lesen.«
    Lee Shan schwieg einen Moment, dann neigte er ergeben den Kopf und wandte sich zu seiner Tasche um. Greg atmete tief durch und eilte zu der kleinen Hütte zurück,
wo er vor dem Eintreffen des Reporters damit beschäftigt gewesen war, Funde zu katalogisieren. Er war sich bewusst, dass sein Verhalten einer öffentlichen Demütigung nahe kam, die eine Medienberühmtheit wie Lee Shan weder verzeihen noch vergessen würde. Dennoch hatte ihm sein Auftritt, auch wenn er ein etwas schlechtes Gewissen hatte, großes Vergnügen bereitet.
    Er brauchte fünfzehn Minuten und einen frisch gebrühten Kaffee, dann fand er sich allmählich wieder in den vertrauten Arbeitsrhythmus des Sortierens, Fotografierens und Speicherns. Vor ihm lag eine flache Box mit Probenbeuteln. Die Scherben von Tongefäßen und anderen Behältnissen stammten von einem Abfallhaufen, der kürzlich an der Nordecke der Schulter des Riesen entdeckt worden war. Ähnliche Funde wurden immer wieder gemacht, seit die Kolonisten entlang der Küste bauten und das Land bestellten. Wo immer sie gruben, förderten sie Tonscherben in rundlichen, organischen Formen zutage, verschwenderisch geschmückt mit Abbildungen von Flora und Fauna. Die auf der Schulter des Riesen gefundenen Scherben wirkten jedoch schlichter und waren mit eigenartigen Symbolen verziert, die Regentropfen oder stilisierten Flammen glichen und zumeist um kleine Höcker auf der glasierten Oberfläche herum angeordnet waren. Seltsamerweise waren sich die meisten Uvovo, mit denen Greg gesprochen hatte, hinsichtlich ihrer Bedeutung unsicher und behaupteten, die Zeichen würden auf Niwjesta, unter dem Laubdach Segranas, nicht verwendet.
    Und jetzt hatten die Gelehrten und Forscher eine neue Fundstelle für Artefakte aufgetan, entweder ein Abfallhaufen oder ein Geschäft, das bei der Katastrophe, die vor zehntausend Jahren über Darien hereingebrochen war, zerstört worden war. Greg wollte sich gerade den letzten
Beutel vornehmen, als an der Tür geklopft wurde. Ein Blick auf die Uhr im Regal machte ihm bewusst, wie lange er schon arbeitete. »Herein«, sagte er.
    Die Tür ging auf, und ein Mann mittleren Alters trat ein, bekleidet mit der olivgrün und kastanienbraun gescheckten Uniform der Erdsphäre.
    »Doktor Cameron?«
    »Der bin ich, und Sie müssen Unterleutnant Lavelle sein«, sagte Greg und erhob sich, um dem Mann die Hand zu schütteln. »Schön zu wissen, dass die Herakles auch ohne ihre Unteroffiziere auskommen kann - offenbar leben wir in einer Zeit der vollkommenen Sicherheit!«
    »So scheint es, Sir«, erwiderte der Offizier lächelnd. Dann bemerkte er, dass Greg beschäftigt war. »Wenn Sie zu tun haben, komme ich ein andermal wieder.«
    »Es passt schon, Mr. Lavelle«, sagte er. »Seit unserem gestrigen Nachrichtenaustausch freue ich mich darauf, einen richtigen Xenospezialisten herumzuführen. Ich bin hier so gut wie fertig, wenn Sie mir also folgen wollen …«
    »Bitte nennen Sie mich Marcus.«
    »In Ordnung; Sie sind Marcus, ich bin Greg«, sagte er, als sie ins Freie traten.
    Obwohl er nach außen hin entspannt wirkte, war Greg ganz aufgeregt, weil er einen Besucher von der Erde herumführen durfte. Das Vii und die Zeitungen waren voll von Meldungen über nichtmenschliche Zivilisationen, wenngleich aufrecht gehende Zweifüßer wie die Sendrukaner, die Henkayaner und die Gomedraner im Zentrum ihrer Aufmerksamkeit standen. Er war gespannt zu erfahren, welchen Stellenwert der Tempelbezirk und die anderen Uvovo-Funde bei den Menschen einnehmen würden, die Erfahrungen mit anderen Welten und Zivilisationen hatten.

    Energischen Schritts geleitete er den Xenospezialisten Lavalle über die Steinplatten in der Mitte der Ausgrabungsstätte und erklärte ihm, dies sei das Dach eines großen Zentralgebäudes, und aller Wahrscheinlichkeit nach befinde sich unmittelbar unter ihren Füßen

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