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Die Saat der Erde Roman

Titel: Die Saat der Erde Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cobley
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des Lichts die Verankerung seines Geistes auflösen sollte, doch bislang fühlte er sich noch ruhig und gelassen. Er hatte noch immer den Nachgeschmack des Getränks auf der Zunge, doch der wurde immer schwächer, ein Aroma von Nüssen und Beeren, das sich allmählich verflüchtigte - und dann stieg ihm Rauchgeruch in die Nase. Er schnupperte - draußen brannte offenbar etwas. Dann wurde es neben der Tür hell. Er beugte sich vor und sah eine Flammenzunge, die an der gebogenen Wand hochleckte, sich teilte und ein Netzwerk aus Feuer bildete.
    Schreiend hämmerte er gegen die Tür, doch die war von außen verschlossen, und niemand antwortete ihm. Chel geriet in Panik und tastete auf dem Boden nach der zugestöpselten Wasserflasche, die dort für gewöhnlich bereitstand. Doch da war nichts. Das flammende Netzwerk breitete sich über die ganze Wand aus, bis er vollständig von zuckenden Flammen umschlossen war. Die geschnitzten
Wesen wanden, die Muster verzerrten sich, und die Gesichter wandten sich ihm zu und sprachen mit barscher, befehlender, tadelnder Stimme auf ihn ein. Die Stimmen vermischten sich, hallten wider und veränderten sich, während die Flammen sich aufteilten, schrumpften und in die Wand des Vodruns einsanken, bis es rotgelb leuchtete.
    Die geschnitzten Formen und Muster wirkten jetzt detailreicher als zuvor. Fasziniert rückte er näher heran, während neue Farben über die Wand strömten und verschiedene Grünschattierungen zu einem der Umrisse hoch- und daran entlangflossen, während die andere Seite von einem tiefen Blau ausgefüllt wurde. Dann wanderte eine undurchsichtige graue Masse langsam über den oberen Teil der Wand, die er betrachtete. Seine Angst hatte er vergessen. Plötzlich wurde ihm bewusst, dass er den Umriss eines Kontinents vor sich hatte, gesehen aus dem Orbit. Kichernd folgte er der Küstenlinie mit den Augen bis zu einer kleinen, hakenförmigen Halbinsel.
    Sieht aus wie die Halbinsel, auf der die Menschen Pfahlbauten errichtet haben, dachte er. Die Pilipoint-Station …
    Die Details zogen seinen Blick an; als er noch näher heranrückte, sprang ihm die Küstenlinie entgegen. Immer mehr Einzelheiten traten hervor, die unermessliche Segrana, die gekräuselte, dunkle Oberfläche des Silberliedmeeres, dann wurden einzelne Buchten und schmale Wasserläufe sichtbar. Schwindel breitete sich in seinem Kopf aus, in der Brust, im Bauch, und er versuchte, vor diesem verstörenden Anblick zurückzuweichen.
    Dann verflüchtigte sich die Wand des Vodruns, und da er nirgendwo mehr Halt fand, stürzte er um sich schlagend durch Wolkenschichten hindurch zum Erdboden hinunter. Bald darauf machte er Baumkronen und in der Luft kreisende Vögel aus, Wellenzüge und kleine Gestalten,
die am Kiesstrand entlangspazierten. Und Segrana stürzte ihm entgegen, um ihn zu umfangen.
    Er fiel durch Laubschichten, krachte gegen Äste und Zweige. Er spürte jeden Schlag, empfand aber keinen Schmerz und hatte nicht das Gefühl, dass er sich Knochen brach oder Blut vergoss. Er stürzte in die kühle, feuchte Dunkelheit von Segranas Innerem, dem Waldboden entgegen, hinein in den uralten, undurchdringlichen Schatten, auf dessen Grund sich ein Sumpf befand. Der Morast erbebte, als er hineinfiel, die schwarze, nasse Masse umfing seine um sich schlagenden Gliedmaßen, wollte ihn in die Tiefe ziehen …
    Kehre zur Erde zurück, zum Samen aller Dinge …
    Er ertrank … und ertrank doch nicht, während ihm großartige Gedanken durch den Kopf gingen.
    … zu deiner Erde, deinem Samen …
    Der Sumpf verblasste, die ihn umschlingende zitternde Finsternis verwandelte sich in einen mit Nebelwirbeln durchzogenen Sternenhimmel, über den langsam ein prachtvoller Planet hinwegwanderte. Umara, die wunderschöne blaue Kugel, die er schon zahllose Male von den hoch gelegenen Siedlungen Segranas aus bewundert hatte. Doch sein Blick wurde von einer anderen fernen Himmelsregion angezogen, wo sich funkelnde Lichtpünktchen stetig näherten. Sie nahmen fast die Hälfte des Firmaments ein, und dahinter folgte eine weitere riesige Formation und dahinter noch eine und noch eine. Und sein Bewusstsein …
    Auf einmal befand es sich in einem dieser Lichtpünktchen, in einem mit metallenen Gegenständen vollgestopften Raumfahrzeug, alles unverständliche Gerätschaften, ein Netzwerk entfesselter Energien, und im Zentrum des Raumschiffs befand sich ein Wesen, ein intelligentes Wesen …

    Ein bemitleidenswerter Gegner, ein Ritter der Legion der

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