Die Saat der Finsternis (German Edition)
dankbar an.
„Versichert ihm, dass ich wahrhaftig niemals mit Gewalt nach dem Thron greifen wollte und eher auf Rang und Namen verzichte, als das Leben schuldloser Menschen zu riskieren. Er hat mir das nie geglaubt, sondern genau wie Maruv gedacht, ich wolle nur das Volk mit vorgetäuschter Großzügigkeit blenden, um zum absoluten Herrscher aufsteigen zu können, um ganz Onur zu besitzen wie die Könige der Altvorderenzeit. Vielleicht sogar Intrigen gegen die Nachbarreiche beginnen, um sie gegeneinander auszuspielen, in Kriegswirren zu stürzen und irgendwann ein Großreich zu regieren, in dem die Sonne niemals untergeht, weil der Morgen an der einen Küste der Sonnenuntergang an der anderen ist.“
„Viele glauben das, nicht wenige davon sind Eure Verbündeten und hoffen, dass Ihr genau dies tut und ihnen dabei zu Reichtum und Macht in Eurem Schatten verhelft“, ließ sich Lark vernehmen.
„Wenn ich ein solcher Mann wäre, hätte ich dann nicht längst dafür gesorgt, dass der König sanft in seinem Bett entschläft? Hätte ich nicht Lichterfels und Corlin in der Hand, was keine allzu große Mühe für mich bedeuten würde? Hätte ich die Weidenburg räumen lassen, um das Leben der Menschen zu bewahren, die keine Klinge führen können, sich selbst zu verteidigen?“, stieß Lys bitter hervor. „Jahre des Lügens und Intrigentanzes aufgeben, um aus Liebe einem einzelnen Mann nachzulaufen, ist das vielleicht die Tat eines größenwahnsinnigen Welteroberers?“
Er streckte die Hand nach Elyne aus, die ihn ebenso betroffen anstarrte wie alle, die sie umgaben, mit Kirian als einzige Ausnahme. „Ich habe Euch in unserer Hochzeitsnacht geschworen, dass ich kein einziges Mitglied Eurer Familie ermorde oder ermorden lasse. Dieser Schwur war und ist mir heilig. Ich hätte mir Jahre des Leids ersparen können, indem ich Maruv umbringe. Elyne, wenn Ihr Euren Vater davon überzeugen wollt, dass ihm von mir keine Gefahr droht, müsst Ihr selbst daran glauben, sonst ist alles verloren.“
Sie griff nach ihm, schloss beide Hände um die seinen, die Augen von Tränen verschleiert.
„Wenn ich damals begriffen hätte, was für ein Mann Ihr seid, hätte ich nicht vorspielen müssen, wie sehr ich Euch liebe“, flüsterte sie. „Es hätte Euch ebenfalls sehr viel Leid erspart …“
Lys schwieg, küsste nur sanft ihre zitternden Finger und entzog sich ihr dann.
Elyne schrak zusammen, als ihr wohl bewusst wurde, wer alles Zeuge dieses Gespräches war und sammelte sich rasch.
„Er wird vermutlich fragen, was an Maruvs Ängsten wahr ist – ob du womöglich von Stefár gebrochen wurdest, um ihm die Rückkehr zur Macht und Rache zu ermöglichen“, sagte sie.
Kirian lachte verächtlich. „Richte ihm von mir aus, dass ich nicht zehn Jahre hätte warten müssen, bis jemand vorbeikommt, den ich als Werkzeug missbrauchen kann. Wenn ich Rache gewollt hätte, wäre Onur keine Woche nach meiner Verbannung in Blut versunken. Ich habe zahlreiche Fehden unter Vaters Banner geführt, was mich das Töten lehrte. Aber der Feldzug gegen die Rombruger, die unglaubliche Grausamkeit, mit der Bauern, Mägde, Kinder, alte Frauen, selbst Säuglinge umgebracht wurden, hat mich vom Krieg geheilt.“ Er warf einen flüchtigen Blick zu Lys, der nicht zu deuten war. „Erzähle ihm diese Geschichte, die der Wahrheit entspricht: Ich habe Seite an Seite mit Lys’ Bruder gekämpft. Roban hat mir auf diesem Feldzug das Leben gerettet und ich das seine, mehr als einmal. Wir waren keine Freunde, doch wir hätten es werden können. Als wir die feindlichen Linien durchbrochen hatten, nur einen Tag, nachdem er aus der Gefangenschaft der Rombruger entkommen war, ist auch er vom allgemeinen Blutwahnsinn mitgerissen worden. Er hat gemordet wie eine Bestie, und es war vor allem dieser Ausdruck in seinem Gesicht, der mich davor bewahrt hat, es ihm gleich zu tun. Ich habe ihn niedergeschlagen und zurück ins Lager geschleppt.“ Kirian senkte den Kopf und ballte die Fäuste. „Ich würde gerne behaupten, ich hätte es aus edlen Gesinnungsgründen getan, aber dann hätte ich wohl eher einige Kinder retten sollen. Ich habe Roban nur mitgenommen, weil mein von dem unfassbaren Grauen umnebelter Verstand bei dem Gedanken eingefroren war, er könnte in dieser Verfassung sterben und mich fortan in meinen Träumen heimsuchen mit der Frage, warum ich ihn nicht daran gehindert habe. Alle, er eingeschlossen, haben gedacht, er wäre von einem Feind niedergeschlagen
Weitere Kostenlose Bücher