Die Saat Der Makellosen
bestimmt nicht ihm!
„Guten Abend, Miss Kiss!“, begrüßte er sie mit grollender Stimme, ohne wirklich unfreundlich zu klingen oder dem Namen auch nur einen Hauch einer unterschwelligen Betonung zu geben. Er war sich sicher, dass sie darüber schon jeden Witz gehört hatte, den man sich nur ausdenken konnte.
Ihre Augen wurden groß und sie sah ihn an, als hätte er den gordischen Knoten gelöst, was ihn nur dazu veranlasste, seinen rechten Mundwinkel spöttisch nach oben zu ziehen.
„Es war nicht schwer, dahinter zu kommen, wer sich hinter „R & R Professional Investigation“ verbirgt! Sie haben sich schließlich in das Handelsregister eintragen lassen, wie es sich gehört! Nehmen Sie doch Platz! Ich bin Theron Harper, Chryses’ älterer Bruder!“, stellte er sich vor und schenkte seinem Bruder einen kurzen Blick, der sich bestimmt nicht formell vorgestellt hatte, so wie Romana Kiss die Augenbrauen zusammengezogen hatte.
„Nehmen Sie bitte Platz, Miss…“, wiederholte er, um von ihr unterbrochen zu werden.
„Bitte, Mr. Harper! Romy genügt vollkommen! Und ich würde lieber stehen!“, erwiderte die junge Frau, die innerlich so angespannt schien, dass sie schier zu platzen drohte. Das machte die Ausschüttung ihres Duftes nur noch intensiver...
Theron half also ein wenig nach, so dass sie wie in Trance zu dem bequemen Sofa laufen und sich setzen musste.
„Glauben Sie mir, sie sollten nicht stehen, wenn ich Ihnen erkläre, wer Sie eigentlich sind!“
Die Frau stellte das Glas auf dem Couchtisch ab, ohne einen Schluck von dem Getränk genommen zu haben. Theron spürte ihre große Abneigung dagegen, als würde sie sich vor dem Inhalt fürchten. Sie hatte nie gelernt, sich abzuschirmen, so dass er noch mehr Informationen empfing als Rys, weil er der stärkste Gedankenleser unter ihnen war.
Theron nahm einen Bogen Papier aus der Mappe und schob ihn auf der Tischplatte zu ihr hin. Romy griff danach und studierte den Inhalt mit ernstem Gesicht. Es war eine Geburtsurkunde. Ihre Geburtsurkunde, um genau zu sein. Eine, die Ray aus der Familienchronik ausgedruckt hatte.
Mutter: Marga Kisz… Vater: Malakai Harpia… Breed zweiter Generation… Mündel des Hauses Harpia… Verschollen seit 1985…
Er spürte ihre Ungläubigkeit und ihr Entsetzen, als sie sich von dem Wort „Breed“ abgestoßen fühlte.
„Das ist ein Auszug aus unserer Familienchronik… Malakai war ein jüngerer Bruder meiner Mutter, er ist leider vor Jahren verstorben… Das macht uns nur zu entfernten Cousins, da er nicht dieselbe Mutter hatte… Wir sind eine sehr weit verzweigte Familie. Wir haben zu spät von dem Unglück damals erfahren, da waren Ihre Spuren schon erkaltet. Genau genommen dachten wir, Sie wären wie Ihre Mutter und Großeltern in den Flammen umgekommen!“
Theron ließ ein paar wichtige Kleinigkeiten aus, denn sie hatten den Irrtum erst durchschaut, als das Orakel bei Aufkeimen von Romys Kräften gespürt hatte, dass sie noch am Leben sein mussten. Aber auch ihre Macht erfuhr manchmal Einschränkungen. Theron erinnerte sich noch daran, dass seine Mutter ihm von den verlorenen Seelen erzählt hatte, die ihren Weg allein gehen sollten, allerdings hätte er sie nicht in der eigenen Familie vermutet. Die Vorsehung hätte es so bestimmt, weil es sie stärker machen würde. Das bezweifelte Ron, die Frau, die hier vor ihm saß, war ein Nervenbündel.
„Was bedeutet… Breed der zweiten Generation? “, fragte sie, ohne zu ihm aufzusehen. Sie hielt den Blick auf das Blatt Papier gesenkt, obwohl sie bestimmt nicht mehr sehen konnte, was darauf stand.
Theron räusperte sich unbehaglich, er wünschte, seine Mutter wäre hier, um es taktvoll zu erklären: „Der Begriff ist in der Neuzeit vielleicht etwas unglücklich gewählt… Er ist nicht herabwürdigend gemeint! Es bedeutet, dass Ihre Mutter und ein Mann unserer Rasse eine Beziehung zueinander hatten, aus der ein Kind entstanden ist. Ihre Mutter Marga war selbst eine Breed… Wir beschützen diese besonderen Menschen so gut wir können, aber manchmal reichen unsere Macht und unser Einfluss nicht aus. Wir haben gefährliche Feinde und damit meine ich nicht die beiden Männer, die vorhin versucht haben, sie anzufallen!“
Romy hatte die Daten auf dem Blatt immer wieder gelesen. Sie war absolut fassungslos, weil es einfach nicht sein konnte. Aber welchen Grund sollte dieser Mann haben, sie anzulügen: Bei ihr war absolut nichts zu holen.
Entfernte Cousins? Beinahe hätte
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