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Die Saat - Ray, F: Saat

Die Saat - Ray, F: Saat

Titel: Die Saat - Ray, F: Saat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fran Ray
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auf das Mädchen. Pickliges Gesicht, rötlich braunes Haar. Faszinierende Augen, denkt Ethan, hell wie … Eis.
    »Ich habe meinen Vater getötet.« Das Mädchen lächelt scheu.
    »Warum?«
    »Er war immer betrunken. Und hat uns alle geschlagen.« Das Mädchen lächelt immer noch. Weniger scheu.
    »Wen?«
    »Meine Mutter, meinen Bruder und mich.«
    »Warum hat er euch geschlagen?«
    »Er war Physiker. Und dann hat er seine Arbeit verloren. Er hat angefangen zu trinken. Wodka. Er hat ihn überall herbekommen.«
    »Habt ihr auch getrunken?«
    Grinsen. »Ja. Wir haben alle das Zeug gesoffen. Wir waren oft alle betrunken.«
    »Hast du Wut gehabt?«
    »Ja, große Wut. Und …«
    »Ja?«
    »Und die anderen haben sich nicht richtig gewehrt. Meine Mutter hat immer nur geheult und die Hände vors Gesicht geschlagen, wenn er sie verprügelt hat. Und mein Bruder war jünger als ich.«
    Warum grinst sie? Mein Gott, denkt Ethan.
    »Aber du bist nicht sehr groß?«
    »Nein, aber manchmal ist man größer und stärker.«
    »Und wie hast du es gemacht?«
    »Er kam besoffen nach Hause, und meine Mutter hat das Essen fallen lassen, da hat er sich auf sie gestürzt, hat sie festgehalten, er war ziemlich stark, und dann hat er ihr in den Bauch und ins Gesicht geschlagen und auf den Rücken – und dann hat er ihren Kopf auf die Kochplatte geschmettert. Überall war Blut – und Knochen – und Gehirn. Mein Bruder wollte ihm ins Bein beißen, da hat er ihn getreten, und Gregor ist an die Kante vom Ofen geflogen.«
    »Gregor war dein Bruder. Er war tot?«
    Nicken. »Ja, er hat sich nicht mehr gerührt, und mein Vater hat nur noch auf ihn geglotzt, und dann hab ich das große, scharfe Messer aus der Küchenschublade genommen und hab mich von hinten auf ihn gestürzt, hab das Messer in seinen Nacken gebohrt, so tief ich konnte, und er hat geschrien, wollte mich packen, aber ich hab das Messer nicht mehr losgelassen, und dann war da überall Blut, es ist aus ihm herausgespritzt, und ich hab immer wieder in seinen Hals gestochen …«
    »Hast du noch andere Menschen getötet?«
    Scheues Lächeln, Nicken.
    »Wen?«
    »Gleich danach. Da kam ein alter Säufer, ein Kumpel von meinem Vater. Er ist auf mich losgegangen, und da hab ich ihm mit demselben Messer die Kehle durchgeschnitten.«
    »Danach hat man dich festgenommen.«
    Schnitt. Trostlose Baracken im Schnee, wieder Mädchenbeim Marschieren. Ein Gesicht gefriert. Kleine Nase, kupferrotes Haar, hohe Wangenknochen und helle Augen. Das kann alles nicht wahr sein … Sie müssen sich irren.
    » Woher wissen Sie, dass das Aamu ist?«, fragt er forscher, als ihm zumute ist.
    »Sie können uns glauben.« Lejeunes Mund ist nur ein dünner, zappelnder Strich.
    »Und wie soll sie hierhergekommen sein?«, fragt er, worauf Lejeune seufzt.
    »Der Kameramann gab ihr während der Dreharbeiten eine Kontaktnummer von einem befreundeten Kollegen in Moskau, der angeblich eine Menge Leute kannte und ihr vielleicht eine Chance für die Zeit nach ihrer Entlassung geben konnte. Sie hat sich tatsächlich bei ihm gemeldet, das war vor fünf Jahren. Und dann hat sie offenbar die falschen Leute kennengelernt. Wissen Sie, wo sie sich aufhält?« Lejeunes Stimme wird scharf.
    »Aber sie hat Medizin studiert«, hört er seinen Einwand.
    »Gefälschte Studienpapiere.«
    Sie hat also die Nähe zu Sylvie gesucht … Es war alles geplant.
    »Die Medien sollen noch nichts vom Mord an Ihrer Frau erfahren. Das wird Ihnen sicher recht sein.«
    Es ist ihm gleichgültig, es ändert nichts.
    »Wenn Sie sich ein bisschen erholt haben, versuchen wir es noch einmal. Falls Ihnen zwischenzeitlich etwas einfallen sollte …« Sie zückt eine Visitenkarte und steht auf. »Wir stellen jemanden vor Ihre Tür, Sie ziehen das Unglück ja geradezu an.«
    Sie ringt sich ein Lächeln ab, dann verschwindet sie endlich mit ihrem Assistenten.

    Er muss zurück in die Wohnung, weiß er, dort sind seine Waffe, sein Computer und sein Telefon. Aamu wird nichtaufgeben. Und woher hatte Sylvie diese Maiskörner? Brand im GenØk-Institut – um Spuren, Daten zu vernichten. Alle Gedanken verschwimmen zu Farbflecken, sie drehen sich vor seinen Augen wie in einer Laterna magica, immer schneller, ein Karussell von Farben, das ihn mitnimmt, immer im Kreis, im Kreis, im Kreis … dazwischen Aamus Körper … und Sylvies goldener Haarschweif … Mein Gott, und wenn er wirklich mit ihr geschlafen hätte? Der heiße Atem im Wald. Einbildung? Warum hat sie ihn

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