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Die Saat - Ray, F: Saat

Die Saat - Ray, F: Saat

Titel: Die Saat - Ray, F: Saat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fran Ray
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ausweichen, hält ihn nicht aus. »Und … wie ist er so?« Ein plumper Versuch, harmlose Fragen zu stellen.
    »Nett«, sagt sie emotionslos, die Kriegsbemalung kriecht noch immer über Stirn und Wangen.
    »Und zu Sylvie, wie war er da?«
    Ihre Augen werden schmal, ihr Blick ist argwöhnisch, sie ahnt die eigentliche Frage dahinter.
    »Auch nett«, antwortet sie nur.
    Er wartet auf eine Erklärung. Als Aamu nicht weiterspricht, fragt er: »Hat Sylvie von mir gesprochen?«
    »Sie schreiben …« Ihre Augen haben eine helle Farbe, sind beinahe durchscheinend, Ethan denkt an Gletscher, Gletscherwasser. Aamu bricht ab, vielleicht hat sie gemerkt, dass er sich davor fürchtet, zu erfahren, dass Sylvie nichts über ihn gesagt, ihn sozusagen aus ihrem Leben ausgeblendet hat.
    »Sie suchen nach dem Grund, ja?«, fragt sie.
    »Ja.«
    Grelle Neonlichter tauchen den Innenraum in ein bleiches Weiß, nur kurz, der Wagen gleitet weiter.
    Sie betrachtet ihre Finger, wie sie sich ineinander verschränken.
    »Mein Bruder hat sich umgebracht. Er hat sich in die Garage gelegt und den Motor seines Motorrads laufen lassen. Er war neunzehn. Er kann so nicht weiterleben, hat er auf einen Zettel geschrieben, und keiner hat kapiert, was er damit meinte. Meine Mutter ist daran kaputtgegangen. Sie hat nur noch diese eine einzige Frage im Kopf gehabt.«
    Ja, er versteht, was sie meint. »Und Sie«, fragt er, »haben Sie sich diese Frage nicht gestellt?«
    »Es war seine Entscheidung, und meine war’s, weiterzuleben.« Ein tapferes Lächeln steht auf ihrem Gesicht. »Ich will Sie nicht mit meinen Geschichten langweilen.«
    »Nein, Sie langweilen mich nicht, überhaupt nicht. Es tut gut, mit einem Menschen zu reden, der … der Sylvie gekannt hat.«
    Wieder sieht sie gedankenverloren durchs Seitenfenster. Er will sie nicht stören, und außerdem empfindet er das Schweigen zwischen ihnen als angenehm. Nicht mit jedem Menschen kann man zusammen schweigen. Bevor sie aussteigt, wendet sie sich zu ihm um.
    »Danke.«
    »Nein, ich habe zu danken, dass sie mir das Alleinsein erspart haben.«
    Ihr Blick bleibt nur ganz kurz an seinen Augen haften, dann schlüpft sie aus dem Wagen und wirft die Tür zu.
    Wie klein und mädchenhaft sie ist. Und der grob gestrickte Wollpullover mit seinem riesigen Rollkragen ist viel zu schwer und viel zu groß für sie. Sie verschwindet in einem Hauseingang, in dem kurz darauf das Licht anspringt, hinter dem Glas zeichnet sich ihre Silhouette ab.
    Das Schrillen seines Handys reißt ihn aus seiner Beobachtung. Zuerst nimmt er an, dass es der Kommissar ist, der ihn wegen Sylvie noch etwas fragen will, doch dann wird er zu einer Frau durchgestellt, die sich mit Inspecteur Lejeune vorstellt.
    »Es sind ein paar neue Fragen aufgetaucht, Monsieur Harris, wir müssen mit Ihnen reden.«
    Er mag es nicht, wie sie Harris ausspricht, ohne H.
19
    Sieben Uhr abends, Camille weiß, dass sie viel zu spät ist, aber früher hat sie es nicht geschafft, hat mit Christian die wichtigsten Infos über Gentechnologie und ihre Gefahren gesammelt. Auf dem Weg hat sie sich sogar verfahren, ist in eineStraße zu früh abgebogen und in einer Einbahnstraße gelandet. Schließlich hat sie dann doch noch den Weg gefunden und einen Parkplatz für ihren brombeerfarbenen Wagen.
    Atemlos steht sie jetzt vor diesem Arzt, Dr. Ogilvy, Neurologe, der die Hände in den Taschen seines weißen Kittels vergraben hat. Gerade eben hat er aufgehört zu reden. Sie starrt ihn an, ihr Gehirn rekapituliert, was er gesagt hat: dass der Schlaganfall nicht sehr schwer war, dass ihr Vater mit ein wenig Übung die Bewegungsfähigkeit des rechten Arms wiederherstellen könnte, dass er noch einmal glimpflich davongekommen ist. Aber da ist noch etwas anderes, hat er gesagt und eine Pause gemacht.
    So reden Frauenärzte, wenn sie bei einer Vorsorgeuntersuchung einen Knoten in der Brust entdecken.
    Sie wartet also auf das Wort: Krebs. Doch Dr. Ogilvy sagt: Parkinson.
    Camille weiß, was das bedeutet. Es wird kontinuierlich schlimmer, oder auch schubweise. Muskelstarre, Zittern, verlangsamte Bewegungen, schließlich Bewegungslosigkeit.
    »Depressive Stimmung, Zittern, ist Ihnen das nicht aufgefallen?« In Dr. Ogilvys Frage bemerkt sie einen vorwurfsvollen Unterton.
    »Wir sehen uns nicht sonderlich oft.« Sie will sich nicht rechtfertigen, aber in diesem Moment fühlt sie sich tatsächlich schuldig.
    »Aus Gründen, die wir noch nicht kennen, sterben Zellen im Mittelhirn ab, die

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