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Die Saat - Ray, F: Saat

Die Saat - Ray, F: Saat

Titel: Die Saat - Ray, F: Saat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fran Ray
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Wohnzimmer. Mit dem Licht hat sich der Brunnen eingeschaltet, und in das Bassin aus rotem Marmor schickt der Mund des Neptunkopfes einen gebogenen Wasserstrahl. Die durch verborgene Lampen angestrahlten weißen und rosafarbenen Orchideen, die tiefgrünen Gummibäume und die anderen tropischen Gewächse und Blüten, derenNamen er sich nie merken kann, die Sylvie jedoch alle kannte, lassen Ethan auch jetzt noch für Sekunden vergessen, dass er in einer Stadtwohnung ist.
    »Wow! Sind die alle echt?« Vorsichtig berührt Aamu das schneeweiße Blütenblatt einer Orchidee.
    »Ja. Sie werden mit ultraviolettem Licht versorgt.« Am Teewagen gießt er ihr einen Whisky ein. »Mit oder ohne Eis?«
    »Ruhig ohne. Dann wärmt er mehr.«
    Er reicht ihr das gut gefüllte Glas. »Das war Sylvies Idee. Immer wollte sie entweder in einer Orangerie leben oder auf einem Hausboot.« Ihm fällt auf, dass er gerade eben die Vergangenheitsform gebraucht hat.

    Sie sitzen sich schon eine Weile auf den verspielten Möbeln gegenüber, er mit Mantel in einem Sessel, sie auf der Chaiselongue. Sylvies Lieblingsplatz. Aamu hat doch den Mantel und auch die Stiefel ausgezogen und die Beine seitlich angewinkelt. Dunkelblaue Strumpfhosen. Darüber ein kurzer schwarzer Rock. Sie kommt aus Finnland, da ist man Kälte gewöhnt. Wieder trägt sie diesen wuchtigen grob gestrickten Wollpulli. Er denkt an das, was er heute in Méautis erlebt hat, und er findet es irgendwie falsch, dass er ihr nichts davon sagt.
    »Grübeln Sie darüber nach … warum sich Ihre Frau … das Leben genommen hat?«, fragt sie auf einmal und nippt an ihrem Glas.
    »Haben Sie schon mal den Namen Professor Frost gehört?«, fragt er, anstatt zu antworten.
    Sie runzelt die Stirn. »Moment mal, meinen Sie diesen Wissenschaftler, der grausam …«
    »Ja, hat Sylvie mal von ihm gesprochen oder ihn getroffen?«
    »Nein, nein, ich glaube nicht. Aber … Wir haben ja nicht besonders viel über Privates geredet …«, sie zieht ihre Augenbrauen zusammen, »… er ist am selben Tag wie Dr. Harris … Hat dieser Mord etwas mit ihrem Selbstmord zu tun?«
    Ethan zuckt mit den Schultern. »Vielleicht.«
    Ihr Blick verdüstert sich. »Aber Sie glauben doch nicht, dass sich Dr. Harris wegen Professor Frost …«
    Doch genau das glaube ich, will er sagen, zuckt aber nur mit den Schultern.
    Sie trinkt und mustert ihn dabei über den Glasrand. Eine kupferrote Locke hängt ihr in die Stirn. »Und was werden Sie unternehmen?«
    »Keine Ahnung.«
    Plötzlich stellt sie die Beine auf den Boden. »Entschuldigen Sie, ich habe gar nicht gefragt, ob es Ihnen recht ist, dass ich …«
    »Es ist mir recht«, fällt er ihr ins Wort, »wirklich. Ich hatte keinen guten Tag.«
    Sie trinkt das Glas aus und stellt es auf die Steinplatte, die eine Schildkröte auf ihrem Panzer trägt. Ein Freund von Sylvie, ein Psychiater, hat ihr den Tisch geschenkt, als er seine Wohnung auflöste, um nach Indien zu ziehen.
    »Ich hab mir nur Sorgen gemacht, als Sie nicht ans Telefon gegangen sind. Ich hab Ihnen von meinem Bruder erzählt. Es stimmt nicht, dass er mir nicht viel bedeutet hat. Er hat mir viel bedeutet.« Sie starrt auf ihre Finger, die wieder begonnen haben, sich zu verschränken. »Und als er sich umgebracht hat, da … da hab ich mich auf die Eisenbahnschienen gelegt.«
    Sofort sieht er, wie ihr fragiler Körper von metallenen Rädern zerschnitten wird. Für heute reichen ihm die Horrorbilder.
    »Es tut mir leid«, murmelt er. Besser, er hätte sie nicht hereingebeten.
    »Ist schon einige Jahre her.«
    Als ob dadurch die Bilder im Gehirn blasser würden.
    Sie lächelt auf einmal und steht auf, schlüpft in die Stiefel, nimmt ihren Mantel. »So, nun weiß ich ja, dass Sie am Leben sind.«
    Er hält sie nicht zurück, er braucht seine Ruhe. An der Tür hilft er ihr in den Mantel, was sie offensichtlich nicht gewöhnt ist, denn sie stellt sich etwas ungeschickt dabei an, die Ärmel zu finden.
    »He, danke«, sagt sie noch und sieht ihm länger in die Augen. Aber er ist unempfindlich für so etwas geworden.
    »Falls Sie mal wieder anrufen wollen«, er nimmt eine Visitenkarte aus der Kommodenschublade, »und Sie haben die Nummer vergessen.«
    Sie hält die Karte in der Hand, als wäre sie eine wertvolle Tafel.
    »Danke.« An der Tür fragt sie: »Werden Sie noch weiterforschen?«
    »Mal sehen.«
    Am Aufzug dreht sie sich noch einmal um und sieht ihn an. Er weiß nicht, ob sie lächelt. Als Letztes sieht er ihren bunt

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