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Die Saat

Die Saat

Titel: Die Saat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guillermo Del Toro
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Garage. Bevor sie hineinging, drehte sie noch kurz den Kopf und entdeckte Mark, der vor seinem Haus stand. Sie winkte nicht. Sie grüßte auch nicht, doch ihr Blick - so kurz er ihn auch wahrnahm - schleuderte ihm förmlich einen Eisblock gegen die Brust.
    Das war nicht Joan Luss ... Aber vielleicht ihre Haushälterin.
    Er wartete darauf, dass im Haus ein Licht anging, doch es tat sich nichts. Sehr seltsam. Da er nichts Besseres zu tun hatte, überquerte er die Straße, nahm den Fußweg zur Einfahrt - wobei er vermied, den Rasen zu betreten - und schlenderte, die Hände lässig in die Taschen der Anzughose geschoben, die Zufahrt der Lusses hinauf zum Seiteneingang. Dorthin, wo die Frau verschwunden war.
    Die Tür stand offen. Statt zu klingeln, klopfte Mark forsch gegen die Glastür und trat ein. »Hallo?«, rief er, durchquerte den gefliesten Hauswirtschaftsraum, betrat die Küche und schaltete das Licht ein. »Joan? Roger?«
    Der Boden war mit Abdrücken nackter Füße übersät. Auf einigen Schränken und an den Kanten der Arbeitsfläche waren Handabdrücke. Birnen verfaulten in einem Drahtkorb auf dem Küchentisch.
    »Ist irgendjemand zu Hause?«
    Er war sich sicher, dass Joan und Roger nicht hier waren, aber er wollte mit der Haushälterin reden. Sie würde jedenfalls nicht herumrennen und sich das Maul darüber zerreißen, dass die Blessiges keine Ahnung hatten, wo ihre Kinder waren. Oder darüber, dass Mark Blessige nicht wusste, wo seine betrunkene Frau steckte. Und falls er sich irrte und Joanie zu Hause war - nun, dann würde er sie nach seiner Familie fragen, ganz beiläufig, als ginge er gerade zum Tennis.
Die Kinder haben ja
so
unglaublich viel um die Ohren, wie soll man da den Überblick behalten?
Und falls er von irgendwem sonst irgendetwas über seine missratene Brut zu hören bekäme, dann würde er die Horde barfüßiger Bauern erwähnen müssen, die bei den Lusses offensichtlich durch die Küche getrampelt war.
    »Ich bin's, Mark Blessige von gegenüber. Ist jemand zu Hause?«
    Seit der Geburtstagsparty des Jungen im Mai war er nicht mehr in diesem Haus gewesen. Seine Eltern hatten ihm eines dieser elektrischen Rennautos geschenkt, aber weil es keine Anhängerkupplung besaß - offenbar war der Junge besessen von Anhängerkupplungen -, hatte er das Auto schnurstracks in den Kuchentisch gefahren, unmittelbar nachdem die Servierhilfe alle Becher mit Saft gefüllt hatte. »Tja«, hatte Roger gesagt, »wenigstens weiß er, wo seine Vorlieben liegen.« Gelächter und Heiterkeit.
    Mark trat durch die Schwingtür ins Wohnzimmer, dessen Fenster ihm einen guten Blick auf sein eigenes Haus boten.
    Er kostete den Anblick aus. Schließlich hatte er nicht allzu häufig die Gelegenheit, sein Anwesen aus dieser Perspektive zu betrachten. Es war schon ein verdammt schönes Haus. Auch wenn dieser Mexikaner die Hecken auf der Westseite des Grundstücks wieder einmal ungleichmäßig geschnitten hatte ...
    Plötzlich hörte er Schritte auf der Kellertreppe. Schritte von mehr als nur einer Person.
    »Hallo? Mark Blessige von gegenüber.« Keine Antwort. »Tut mir leid, dass ich hier so reingeplatzt bin, aber ich habe mich gefragt ... «
    Er drückte die Schwingtür zur Küche auf - und blieb konsterniert stehen. Ungefähr zehn Leute standen vor ihm.
    Mark erkannte einige von ihnen. Es waren Einwohner von Bronxville, Menschen, die er vom Starbucks, vom Bahnhof, vom Club her kannte. Carol, die Mutter eines Freundes von Marcus. Und der UPS-Fahrer in seiner Uniform. Zwei Kinder ... Aber kein Luss und auch kein Blessige.
    Was war das nur für eine bizarre Gesellschaft? »Es tut mir leid. Störe ich bei irgend was ... «
    Er sah sie genauer an, bemerkte ihren blassen Teint, ihre schwarzen Augen. Ihr Starren - nie zuvor war er auf diese Weise angestarrt worden. Und er spürte die Hitze, die von ihnen ausging.
    Am Ende des Raumes, hinter den Leuten, stand die Haushälterin. Ihre Haare waren strähnig, und ihre Kleidung und Haut hätten nicht schmutziger sein können, wenn sie im Dreck geschlafen hätte. Auf ihrer Bluse prangte ein roter Fleck.
    Mark wischte sich eine Locke aus der Stirn und stieß mit den Schultern gegen die Schwingtür. »Ich ... «
    Sie bewegten sich langsam auf ihn zu - mit Ausnahme der Haushälterin. Eines der Kinder, ein Junge mit dicken schwarzen Augenbrauen, stieg auf eine geöffnete Schublade und von dort aus auf die Kochinsel. Oben angekommen, nahm er Anlauf und sprang, flog in Marks Richtung, dem gar

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